KVB-Vorstand verurteilt Scheindiskussion über zu lange Wartezeiten: "Verteilungskampf zulasten der Patienten"
München, 5. September 2011: Als "Generalangriff" auf die Freiberuflichkeit und Selbstständigkeit der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sieht der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) jüngste Äußerungen von Politik und Krankenkassen über angeblich zu lange Wartezeiten in den Arztpraxen. Drohungen wie die, dass bei als zu lang empfundenen Wartezeiten Ärzten künftig die Zulassung entzogen werde und Krankenhäuser die ambulante Versorgung übernehmen könnten, zeigten deutlich die wahren Beweggründe für die aktuelle Diskussion: So werde ein "Verteilungskampf" zwischen ambulantem und stationärem Sektor entfacht, um letztlich den Weg frei zu machen für eine Übernahme des Gesundheitswesens durch finanzstarke private Klinikketten. Leidtragende dieser verheerenden Entwicklung wären letztendlich die Patienten. "Wer wirklich etwas für die Patienten erreichen will, der sollte die niedergelassenen Haus- und Fachärzte sowie Psychotherapeuten unterstützen und sie nicht permanent öffentlich schlecht machen. Wir haben in Deutschland gegenüber anderen europäischen Ländern eine hervorragend ausgebaute ambulante Versorgungsstruktur, die den Patienten dank eines dichten Netzes an Praxen flächendeckend und wohnortnah zur Verfügung steht. Das kann man aber nur erhalten, wenn man den Ärzten Planungssicherheit und ein angemessenes Honorar bei einer einigermaßen zumutbaren Arbeitsbelastung bietet", erklärten die KVB-Vorstände Dr. Wolfgang Krombholz, Dr. Pedro Schmelz und Dr. Ilka Enger.
Die Argumentation der Krankenkassen sei geradezu schizophren: Einerseits beklagten sie die im internationalen Vergleich hohe Zahl der Arzt-Patienten-Kontakte, andererseits wunderten sie sich über die daraus resultierenden Wartezeiten. Die Krankenkassen suggerierten ihren Versicherten, dass eine optimale Rundum-Versorgung jederzeit und überall quasi zum Nulltarif zu haben sei. In der Realität sei jedoch aufgrund von Budgetzwängen, Richtgrößen und strengen gesetzlichen Vorgaben schon längst keine optimale Versorgung in den Praxen mehr möglich, sondern nur eine - wie es der Gesetzgeber auch formuliert habe - ausreichende, zweckmäßige und notwendige Versorgung. "Statt dies den Versicherten so offen zu sagen, wird von Politik und Krankenkassen permanent die Mär von den unmäßig gut verdienenden, zu wenig arbeitenden Ärzten geschürt. Das ist nicht nur faktisch falsch, sondern auch diffamierend und in keiner Form dazu angetan, Nachwuchs für die anspruchsvolle vertragsärztliche Tätigkeit zu begeistern", so der Vorstand der KVB.
Ebenso wenig passe zusammen, dass die Krankenkassen sich über zu lange Wartezeiten für die Patienten beschwerten, gleichzeitig aber von einem Ärzteüberschuss sprächen und die Kassenärztlichen Vereinigungen aufforderten, die angebliche Überversorgung mit Ärzten durch den Aufkauf und die Schließung von Arztpraxen zu reduzieren. "Diese Argumentation ist absurd und lässt durchblicken, dass die Krankenkassen ihren Auftrag, die ambulante Versorgung im Rahmen der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzteschaft und Krankenkassen mitzugestalten, aufgegeben haben." Einige Krankenkassenfunktionäre hätten sich mittlerweile auf die Ärzteschaft regelrecht eingeschossen - wohl auch, um von der eigenen Ideenlosigkeit bei der Suche nach effektiven Lösungen, die den künftigen Herausforderungen in der ambulanten medizinischen Versorgung gerecht würden, abzulenken.
Zum Thema Wartezeiten: Fakt ist, so der Vorstand der KVB, dass jeder akute Behandlungsfall auch einen zeitnahen Termin bei einem Spezialisten erhält. "Die Zusammenarbeit zwischen Haus- und Fachärzten laufe vor Ort reibungslos. Die Patienten werden durch die Ärzte ihres Vertrauens gut versorgt", so der KVB-Vorstand. In Anbetracht dessen könne man die aktuelle Diskussion um angeblich zu lange Wartezeiten nur als fadenscheinig und irreführend bezeichnen. Die Strategie der Wortführer gegen die Ärzteschaft sei dabei durchschaubar: Nicht eine bessere medizinische Versorgung der Patienten, sondern der Kampf gegen freie Praxen und eine unabhängige Ärzteschaft seien das Ziel dieser polemischen Äußerungen.
Quelle: Pressemitteilung vom 05.09.2011
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