Behandlungsfehler & Haftung / Schmerzensgeld

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

Gast

Hygienemängel - Schadensersatz

Beitrag von Gast » 15.10.2004, 11:55

Klinik muss wegen Hygienemängel für behindertes Kind haften - .....
Hierzu fand ich noch folgenden weiter informierenden Bericht:

HYGIENEMÄNGEL - Uniklinik muss Schadenersatz zahlen

Die Uniklinik Gießen ist zu Schadenersatzzahlungen an ein siebenjähriges Mädchen verurteilt worden. Das Kind hatte sich nach der Geburt mit Krankenhauskeimen infiziert und ist seither schwer behindert.
Gießen - Das Landgericht Gießen verurteilte die Klinik heute zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 250.000 Euro. Die siebenjährige Natalie erhält zudem eine monatliche Schmerzensgeld-Rente von 300 Euro und eine Schadensersatz-Rente von 500 Euro. Die Zivilkammer des Gerichts sah es als erwiesen an, dass in der Klinik gegen Hygienevorschriften verstoßen worden war. So habe das Pflegepersonal entgegen dem bestehenden Hygieneplan und entgegen anerkannter Hygienestandards die Infusionsflaschen nicht durchgängig mit einem alkoholischen Desinfektionsmittel besprüht, sondern in einen Putzeimer mit Desinfektionsmittel für die Werkbank getaucht oder mit der darin befindlichen Desinfektionslösung abgewischt.

Das Mädchen war in der 32. Schwangerschaftswoche als Frühgeburt per Kaiserschnitt zur Welt gekommen. Auf der Intensivstation des Klinikums der Justus-Liebig-Universität infizierte sich das Baby mit dem Keim Klebsiella-oxytoca. Dadurch erlitt Natalie ein Multi-Organversagen und eine Hirnblutung. Seither ist das Kind blind, kann nicht sprechen und leidet unter Lähmungen ihrer Arme und Beine, hieß es in der Mitteilung des Landgerichts. Dass Natalie jemals laufen können werde, sei unwahrscheinlich. Nach dem Urteil muss das Klinikum ihr auch künftig entstehende Schäden ersetzen.

Das Landgericht wies zugleich die gegen den stellvertretenden Leiter des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin gerichtete Klage ab. Er könne nur dann wegen fahrlässigen Verhaltens in Anspruch genommen werden, wenn die Geschädigte nicht auf andere Weise Ersatz erlange, hieß es.

Quelle: Spiegel online
http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,320786,00.html

Berti
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Behandlungsfehler eines Notarztes

Beitrag von Berti » 16.10.2004, 16:13

Ich ergänze meinen Hinweis vom 13.10.2004 wie folgt:

Leitsätze:
a) Die Haftung für Behandlungsfehler eines Notarztes im Rettungsdiensteinsatz richtet sich in Bayern auch unter Geltung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes vom 10. August 1990 (GVBl. S. 282) und vor Inkrafttreten des 2. GKV-Neuordnungsgesetzes vom 23. Juli 1997 (BGBl. I S. 1520) nach Amtshaftungsgrundsätzen (Fortführung von BGHZ 153, 269 ff).
b) Passiv legitimiert für einen Amtshaftungsanspruch ist in diesen Fällen der Rettungszweckverband.

Urteil des Bundesgerichtshofes vom 16.09.2004 - Aktenzeichen: III ZR 346/03 -

Urteilsschrift nachlesbar unter
http://www.iww.de/quellenmaterial/abruf.php3?042650

Knut_Sempler

Krank werden im Krankenhaus

Beitrag von Knut_Sempler » 17.10.2004, 11:12

Zu dem Thema "Hygienemängel und Haftung" siehe auch unter

http://www.wernerschell.de/cgi-bin/foru ... 16;start=0

Gast

Kinderklinik Gießen akzeptiert Schmerzensgeld

Beitrag von Gast » 28.10.2004, 11:09

Kinderklinik Gießen akzeptiert Schmerzensgeld

Nach einer Infektionswelle in der Kinderklinik Gießen, bei der vier Säuglinge starben und 24 Babys Behinderungen davon trugen, will das Krankenhaus ein erstes Schmerzensgeld-Urteil akzeptieren. Dies berichtet die Ärzte Zeitung in ihrer Ausgabe vom 28.10.2004 unter Berufung auf dpa.
Dem heute sieben Jahre alten, behinderten Mädchen solle eine "sehr belastende Fortführung des Prozesses erspart bleiben", teilt die Uniklinik mit. Es werde keine Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Gießen eingelegt. Die Klinik muss 250.000 Euro Schmerzensgeld und eine monatliche Rente zahlen.

Berti
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Kein Schmerzensgeld bei Behandlungsverzögerung

Beitrag von Berti » 01.12.2004, 09:09

Kein Schmerzensgeld bei Behandlungsverzögerung

Ein Notfallpatient erhält kein Schmerzensgeld, wenn das zunächst aufgesuchte Krankenhaus nicht in der Lage ist, ihn zu behandeln und es zu Verzögerungen in der Behandlung kommt, bis ein geeignetes Krankenhaus gefunden wird.
Im vorliegenden Fall hatte sich ein Mann bei einem Fußballspiel schwer am Knie verletzt. Die Ärzte in dem Krankenhaus, in das er gebracht wurde, sahen sich nicht in der Lage, ihn zu behandeln. Mehrere Krankenhäuser, die nacheinander angefragt wurden, lehnten die Aufnahme ab, weshalb bis zu der Behandlung mehr als anderthalb Stunden vergingen. Diese Verzögerung hatte zur Folge, dass der Mann Muskel- und Nervschädigungen zurückbehielt und seitdem erheblich gehbehindert ist.
Da es aber der Praxis entspricht, die Krankenhäuser nacheinander anzurufen, muss der Patient die durch diese Verzögerung entstandenen Nachteile hinnehmen.

Urteil des OLG Köln vom 12.04.2004 – 5 U 84/01 -

Gast

Schmerzensgeld gibt es nur bei Schmerzen

Beitrag von Gast » 16.12.2004, 09:06

Die Ärzte-Zeitung berichtete: Schmerzensgeld gibt es nur bei Schmerzen

Schmerzensgeld gibt es nach einem Bericht der Ärzte Zeitung nur bei Schmerzen und nicht als Ausgleich für mangelnde ärztliche Aufklärung. Dies gehe, so die Zeitung, aus einem Urteil des Oberlandesgerichtes (OLG) Koblenz hervor:
Oberlandesgericht Koblenz, Aktenzeichen: 5 U 331/04.

Ein Patient habe demnach keinen Anspruch auf Schmerzensgeld, nur weil ein Arzt ihn nicht oder unvollständig über Behandlungsrisiken aufgeklärt habe. Nach dem Urteil sei vielmehr erforderlich, dass dem Patienten als Folgen der Behandlung auch tatsächlich Schmerzen entstanden seien.
Das OlG habe mit seinem Urteil eine Entscheidung des Landgerichts aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurück verwiesen. Geklagt habee eine Patientin nach einer Bandscheiben-Op wegen unterbliebener Aufklärung.

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Haftung - trotz Verhütungsmittel schwanger?

Beitrag von WernerSchell » 26.12.2004, 11:14

Wer trotz ärztlich verabreichten Verhütungsmittels schwanger wird, hat nicht generell Anspruch auf Schadenersatz

Der Fall
Eine Frau hatte sich ein Schwangerschaftsverhütungsmittel mit Depotwirkung (sog. Dreimonatsspritze) nach der Geburt ihres dritten Kindes in einer Arztpraxis zweimal injizieren lassen ( Anfang des Jahres 1998 und im April 1998 ). Ein Schwangerschaftstest war zuvor negativ ausgefallen. Im Juni 1998 stellten die Ärzte dennoch eine Schwangerschaft in der 23. Woche fest. Der danach geborene Junge leidet unter anderem an einer Herzrhythmusstörung. Die Frau verklagte daraufhin namens des Kindes den Arzt und verlangte Schadensersatz in Höhe von knapp 8.000 Euro. Der Arzt habe sie nicht ausreichend darüber aufgeklärt, dass durch das Medikament eine Schwangerschaft nicht zu 100 Prozent verhindert werden könne. Die körperlichen Behinderungen des Kindes seien entweder auf eine fehlerhafte Verabreichung oder auf falsche Lagerung des Verhütungsmittels zurückzuführen. Das LG Osnabrück wies die Klage zurück.

Entscheidungsgründe:
Die Frau habe nicht nachweisen können, dass sie über den nicht hundertprozentigen Verhütungsschutz unzureichend aufgeklärt worden sei. Nach Aussage des Arztes sei die Frau in zwei ausführlichen Gesprächen auch darüber informiert worden, dass die medikamentöse Behandlung keine hundertprozentige Sicherheit biete. Andere Verhütungsmöglichkeiten habe die Frau jedoch abgelehnt. Zudem seien Schmerzensgeldansprüche des Kindes verjährt, da die Forderung erst nach Anlauf der Frist von drei Jahren seit Bekanntwerden der Behinderung erfolgte. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien mit der Geburt des Kindes diagnostiziert worden. Deshalb habe es keiner Entscheidung darüber bedurft, ob die körperlichen Behinderungen tatsächlich auf die Einnahme des Verhütungsmittels zurückzuführen seien.

Urteil des LG Osnabrück vom 23.09.2003 - 2 O 1272/02 – (rechtskräftig)
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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Anja_Mueller
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Behandlungsfehler & Pflegefehler

Beitrag von Anja_Mueller » 14.01.2005, 12:39

Wie mit Behandlungsfehlern / Pflegefehlern umgehen?

Hinweise findet man u.a. unter:
http://www.vdak.de/pflege/abschnitt_15_stand_07_03.pdf

Rahmenkonzept der Ersatzkassen und ihrer Verbände zur Beratung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen (Pflegeberatung)
http://www.vdak.de/rahmenkonzept.htm

Axel_E._Schmidt
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Re: Behandlungsfehler & Haftung / Schmerzensge

Beitrag von Axel_E._Schmidt » 14.01.2005, 19:53

Guten Morgen Forum-Experten!

Ich bin auf der Suche nach aktuellen Gerichtsentscheidungen, bei denen nach Behandlungsfehlern Schmerzensgeldbeträge festgesetzt wurden. Wer hat entsprechende Tipps?
Dank im Voraus!

Clemens Voigt
Hallo,
ich habe gerade diese Rubrik überflogen. Es ist hier unklar, ob der Fragesteller noch beobachtet. Soweit ich weiß, existieren Tabellen mit entsprechenden Gegenüberstellungen, welche man beim Zivilgericht erfragen können müßte. Aus dem Studium von Urteilsbegründungen lassen sich sicher strategische Anregungen gewinnen. Zweifel bestehen hier dahingehend, ob man fremde Sachlagen - die jeweils gleichen Rechtslagen einmal unterstellt - auf den eigenen Einzelfall wird übertragen können, oder ob es nicht sinnvoller ist, die Konzentration auf den fremden Fall lieber hintanzustellen, und die Konzentration auf den eigenen Anwalt i. V. m. dem konkreten eigenen Antragsgegner (und das eigene Gericht) zu verwenden. MfG Eberhard Schmidt

Gast

Schmerzensgeldtabellen

Beitrag von Gast » 14.01.2005, 21:11

... Soweit ich weiß, existieren Tabellen mit entsprechenden Gegenüberstellungen, welche man beim Zivilgericht erfragen können müßte. Aus dem Studium von Urteilsbegründungen lassen sich sicher strategische Anregungen gewinnen. ...
Ja, es gibt solche tabellarischen Übersichten von Schmerzensgeldbeträgen (durch die verschiedenen Gerichte festgesetzt) in Form von Buchveröffentlichungen, z.B. im ADAC-Verlag. Diese Veröffentlichungen sind eine gute Orientierungshilfe.
Gruß Nobi

Gast

Schmerzensgeld und Behandlungsfehler

Beitrag von Gast » 24.05.2005, 11:40

HINTERGRUND
Von amerikanischen Verhältnissen ist Deutschland bei Schmerzensgeldzahlungen noch weit entfernt
Von Petra Spielberg

Drohen in Deutschland tatsächlich amerikanische Verhältnisse bei Schmerzensgeldzahlungen nach Behandlungsfehlern? Die Zahlen sprechen eine andere Sprache, auch wenn die Tendenz deutlich nach oben gerichtet ist.

Die Zahl der Fälle, in denen Patienten Schmerzensgeldforderungen aufgrund eines Behandlungsfehlers stellen, ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Nach Angaben der Bundesärztekammer sind zum 31. Dezember 2003 bei den insgesamt neun Gutachter- und Schlichtungsstellen der Ärztekammern 11 053 Schadensmeldungen eingegangen. In den beiden Jahren zuvor waren es jeweils rund 150 Anträge weniger (10739 in 2001 und 10887 in 2002).

Von amerikanischen Verhältnissen sind wir in Deutschland dennoch weit entfernt. "Trotz der gestiegenen Zahl der Fälle insgesamt hält sich die Höhe der Schadensersatz- und Schmerzensgeldbeträge bei den durchzusetzenden Forderungen in Grenzen", sagt der auf Arzthaftungsrecht spezialisierte Rechtsanwalt Jürgen Krämer aus Hamm.

Bei Geburtsschäden werden sechsstellige Beträge gefordert
...
weiter unter
http://www.aerztezeitung.de/docs/2005/0 ... 2a0201.asp

Patienten klagen häufiger - da hilft nur gute Dokumentation
http://www.aerztezeitung.de/docs/2005/0 ... 2a0102.asp

Ärztliche Arbeit als Serviceleistung?
http://www.aerztezeitung.de/docs/2005/0 ... 2a0203.asp

Gast

Op-Tuch blieb im Bauch zurück - Behandlungsfehler

Beitrag von Gast » 03.06.2005, 11:41

Arzt ließ Op-Tuch im Bauch eines Patienten zurück - dies muss als grober Behandlungsfehler qualifiziert werden.
Der Arzt erhielt eine Geldstrafe!

Das Amtsgericht Leer hat einen ehemaligen Chefarzt des Kreiskrankenhauses Leer zu 90 Tagessätzen zu je 140 Euro verurteilt. Der Arzt hatte bei der Darmoperation eines Patienten ein Op-Tuch im Bauch des Kranken vergessen. Der Patienten ist im Dezember 2002 an den Folgen des Fehlers gestorben. Der Gerichtssprecher Norbert Bruns erklärte, der Operateur hätte sich persönlich davon überzeugen müssen, dass alle Tücher entfernt worden sind. Der Verurteilte habe außerdem aus den folgenden, sehr schmerzhaften Komplikationen für den Patienten die falschen Schlüsse gezogen. Erst bei einer Röntgenuntersuchung, angeordnet durch die Hausärztin, sei das Tuch aufgefallen.

Ich denke, der Arzt hat angesichts des schweren Fehlers mit der bloßen Geldstrafe "recht viel Glück" gehabt.

Gast

Arzt muß möglichen Fehlschlag ansprechen

Beitrag von Gast » 13.09.2005, 22:04

Arzt muß möglichen Fehlschlag ansprechen
Recht auf Schmerzensgeld nach Zweitoperation / Keine wirksame Zustimmung zur Op

KOBLENZ (dpa). Einem Patienten steht grundsätzlich Schmerzensgeld zu, wenn wegen eines Behandlungsfehlers eine zweite Operation erforderlich ist.
...
Az.: 5 U 667/03
...
Weiter unter
http://www.aerztezeitung.de/docs/2005/0 ... echt/recht

Gast

Behandlungsfehler & Haftung / Schmerzensgeld

Beitrag von Gast » 14.09.2005, 11:10

Verwechselt ein Arzt bei der Entfernung einer Gallenblase zwei Arterien und kommt es dadurch zu schweren Verletzungen am Gallenblaseneingang, die durch Folgeoperationen nicht völlig geheilt werden können, hat die Patientin wegen des Behandlungsfehlers nicht automatisch Anspruch auf Schmerzensgeld. Solche Irrtümer könnten laut Gutachten auch sehr erfahrenen Ärzten "schicksalhaft" passieren, unabhängig von der Operationsmethode. So entschied das Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg - Az.: 1 U 84/03 -.

Diesen Hinweis veröffentlichte die Ärzte Zeitung in ihrer Ausgabe vom 14.9.2005.

Gast

Verdachtsfälle von Behandlungsfehlern

Beitrag von Gast » 17.09.2005, 11:05

Immer mehr Patienten melden Verdachtsfälle von Behandlungsfehlern

HAMBURG/MÜNCHEN. Immer mehr Patienten melden ihren Krankenkassen Verdachtsfälle von möglichen ärztlichen Behandlungsfehlern. Bei der Techniker Krankenkasse (TKK) gingen 2004 mehr als 6000 Hinweise ein, vor 15 Jahren waren dies erst 62, wie eine Sprecherin der Krankenkasse am 16. September 2005 in Hamburg auf Anfrage sagte. Sie bestätigte damit einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus". Bei der Barmer Ersatzkasse wurden allein im vergangenen Jahr 16.810 Verdachtsfälle gemeldet.
...
weiter unter
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=21406

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