Abtreibungen von Ärzten - Mordbezeichnung unzulässig

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Abtreibungen von Ärzten - Mordbezeichnung unzulässig

Beitrag von Presse » 13.07.2007, 06:31

Abtreibungsgegner darf Abtreibungen von Ärzten, die er auf seiner Internetseite namentlich aufführt, nicht mehr als Mord bezeichnen

Der Kläger ist ein niedergelassener Gynäkologe, der auch legale Schwangerschaftsabbrüche vornimmt. Der Beklagte ist Abtreibungsgegner und betreibt im Internet unter der Domain „ http://www.babycaust.de " eine Website. Über die Rubrik „Grundsätzliches" auf der Website erreicht man eine Seite, auf der von einem „Holocaust im Mutterschoß" die Rede ist. Über die Rubrik „Leben oder Tod?" gelangt man zu einer Seite, die die Überschrift „Gebetsanliegen für Deutschland" trägt. Von hier aus kommt man durch Anwahl von Buchstaben zu einer umfangreichen, alphabetisch geordneten Liste, in der für zahlreiche Orte in Deutschland Ärzte, die Abtreibungen vornehmen, mit Namen und Anschrift genannt sind, unter ihnen der Kläger. Unter „Deutsche Zeitgeschichte in Kurzform" heißt es auf der Seite: „Pervertierte Ärzte ermordeten im Auftrag der Mutter die ungeborenen Kinder". Über einen Button gelangt man auf eine Seite, auf der es heißt: „Beten Sie, wenn möglich regelmäßig, für die Mediziner... welche den MORD der Abtreibungstötung selbst vornehmen...".

Der Kläger wendet sich gegen die Aufführung seines Namens, weil er durch den Inhalt der Website indirekt als „Mörder" bezeichnet werde. Dadurch werde sein Persönlichkeitsrecht verletzt.

Der Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, er bezeichne zwar Abtreibung als Mord, nicht aber Ärzte, die Abtreibungen durchführten, als Mörder. Seine Website sei einem umfassenden Kampf des Lebensrechts gewidmet und beschäftige sich nicht nur mit dem Thema Abtreibung, sondern auch mit der Euthanasie und dem Holocaust. Daher werde es seinem Anliegen nicht gerecht, wenn der Kläger einzelne Zitate herausgreife und auf sich beziehe.

Das Landgericht Mannheim hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers zum Oberlandesgericht Karlsruhe hatte Erfolg.

Das Oberlandesgericht hat den Beklagten verurteilt, es zu unterlassen, auf seiner Internetseite Abtreibungen, wie sie von dem auf der Internetseite namentlich genannten Kläger vorgenommen werden, als „Mord" zu bezeichnen.

Zur Begründung hat der Senat ausgeführt: Der Beklagte fordert auf seiner Website dazu auf, für Mediziner, die Abtreibungen vornehmen, zu beten, und spricht in diesem Zusammenhang vom „MORD der Abtreibungstötung". Zugleich stellt er eine Liste mit Namen und Anschriften von Kliniken und Ärzten zur Verfügung, die dem konkreten Gebetsanliegen dienen soll. Auf einer anderen Seite, von der aus man gleichfalls zu dieser Liste gelangt, findet sich u. a. die Aussage, „pervertierte Ärzte ermordeten im Auftrage der Mütter die ungeborenen Kinder". Der damit hergestellte Zusammenhang zwischen der Aufforderung zum Gebet und der Liste wird von den Benutzern der Website dahin verstanden, dass der Kläger Abtreibungen durchführt und damit Handlungen, die der Beklagte als Mord bezeichnet.

Der Begriff „Mord" in diesem Zusammenhang erlaubt zwar mehrere Deutungen. Es ist denkbar, dass „Mord" hier nicht im rechtstechnischen Sinn zur Bezeichnung eines besonders schwerwiegenden, mit der Höchststrafe belegten Tötungsdelikts zu verstehen ist, sondern lediglich die Vornahme einer Abtreibung als moralisch verwerfliche Tötung des Embryos bewertet werden soll. Es ist aber auch eine Deutung dahin möglich, dass gegen die in der Liste aufgeführten Personen der schwerwiegende und gegen sie persönlich gerichtete Vorwurf einer unmittelbaren Beteiligung an Morden erhoben werden soll. Die Begründung der Aufforderung zum Gebet, nämlich dass die betreffenden Personen sich den Mord der Abtreibungstötung vornehmen, der fehlende Hinweis auf die Straffreiheit einer Abtreibung, die den gesetzlichen Anforderungen genügt, die Ausführung, pervertierte Ärzte ermordeten im Auftrage der Mütter die ungeborenen Kinder, der vielfache Vergleich von Abtreibungen mit der Vernichtung von Juden unter der Herrschaft des Nationalsozialismus sprechen für die zweite Deutung; vereinzelt gebrauchte Formulierungen vom „straffreien Mord im Mutterschoß" genügen nicht, um die diese Deutung auszuschließen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist bei der rechtlichen Beurteilung eines in die Zukunft gerichteten Anspruchs auf Unterlassung künftiger Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts nicht allein die dem Äußernden günstige Deutung zugrunde zu legen. Führt eine der Deutungsmöglichkeiten zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers, ist es demjenigen, der die Äußerung aufgestellt hat, zuzumuten, die Persönlichkeitsverletzung mit Wirkung für die Zukunft durch eine Klarstellung auszuräumen, wenn er die Äußerung nicht so gedeutet wissen will. Nachdem der Beklagte eine entsprechende Klarstellung nicht vorgenommen hat, war er zur Unterlassung zu verurteilen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. Februar 2007 - 6 U 98/06 -

Quelle: Pressemitteilung vom 12.7.2007
Oberlandesgericht Karlsruhe
http://www.olgkarlsruhe.de/servlet/PB/m ... OT=1180141

Siehe auch unter
Abtreibungen durch Ärzte dürfen nicht als Mord bezeichnet werden
Ärzte, die legale Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, dürfen von Abtreibungsgegnern im Internet nicht als „Mörder“ bezeichnet werden. Dies entschied das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem am Donnerstag
[...] http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=29135

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Abtreibungen von Ärzten - Mordbezeichnung unzulässig

Beitrag von Service » 14.07.2007, 08:49

Urteil: Abtreibungen duerfen bei namentlicher Nennung von Aerzten nicht mehr als Mord bezeichnet werden

Karlsruhe (ALfA). Abtreibungen duerfen im Internet nicht als "Mord" bezeichnet werden, wenn dabei Namen von einzelnen Aerzten genannt werden. Diese Entscheidung gab das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einer Pressemitteilung vom 12. Juli bekannt (Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. Februar 2007 - 6 U 98/06). Konkret ging es um einen Rechtsstreit zwischen dem bundesweit bekannten Abtreibungsgegner Klaus Guenter Annen von der "Initiative Nie wieder ! e.V." und einem niedergelassenen Gynaekologen, der auch rechtswidrige, aber straffreie, Schwangerschaftsabbrueche nach der Beratungsregelung vornimmt. Annen hatte auf seiner Website www.babycaust.de zahlreiche Aerzte samt Anschrift genannt und ihnen "Mord" im Auftrag der Muetter vorgeworfen. Laut OLG gelangte man ueber einen Button weiter auf eine Seite, auf der es heisst: "Beten Sie, wenn moeglich regelmaessig, fuer die Mediziner... welche den Mord der Abtreibungstoetung selbst vornehmen...". Der Klaeger wandte sich gegen die Auffuehrung seines Namens, weil er durch den Inhalt der Website indirekt als "Moerder" bezeichnet werde. Dadurch werde sein Persoenlichkeitsrecht verletzt.

Der Beklagte habe demgegenueber erklaert, er bezeichne zwar Abtreibung als Mord, nicht aber Aerzte, die Abtreibungen durchfuehrten, als Moerder. Seine Website sei einem umfassenden Kampf des Lebensrechts gewidmet und beschaeftige sich nicht nur mit dem Thema Abtreibung, sondern auch mit der Euthanasie und dem Holocaust. Daher werde es seinem Anliegen nicht gerecht, wenn der Klaeger einzelne Zitate herausgreife und auf sich beziehe. Das Landgericht Mannheim hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klaegers zum Oberlandesgericht Karlsruhe hatte Erfolg. Das Oberlandesgericht hatte Annen verurteilt, es zu unterlassen, auf seiner Internetseite Abtreibungen, wie sie von dem auf der Internetseite namentlich genannten Klaeger vorgenommen werden, als "Mord" zu bezeichnen, nachdem er eine vorherige Klarstellung auf seiner Homepage verweigert hatte.

Weitere Informationen:
Abtreibungsgegner darf Abtreibungen von Aerzten, die er auf seiner Internetseite namentlich auffuehrt, nicht mehr als Mord bezeichnen
Ausfuehrliche PRESSEMITTEILUNG Oberlandesgericht Karlsruhe 12.07.07 mit weiteren Ausfuehrungen zum Urteil
http://www.olgkarlsruhe.de/servlet/PB/m ... OT=1180141

Quelle: ALfA-Newsletter 26/07 vom 13.07.2007

Herbert Kunst
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Abtreibungen von Ärzten - Mordbezeichnung unzulässig

Beitrag von Herbert Kunst » 14.07.2007, 09:58

Presse hat geschrieben:.... Abtreibungen durch Ärzte dürfen nicht als Mord bezeichnet werden ...
Diese rechtliche Bewertung halte ich für korrekt. Allerdings sind Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich rechtswidrig und nur unter bestimmten Voraussetzungen straffrei. Siehe § 218 ff. StGB.
Von daher kann man der Auffassung zuneigen, dass Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich untersagt bzw. weitgehend eingeschränkt gehören. Es handelt sich immerhin, und das kann nicht strittig sein, um das Töten menschlichen Lebens!
Das Bundesverfassungsgericht hat vor Jahren die Auffassung vertreten, dass die Vorschriften des Schwangerschaftsabruchsrechtes auf ihre Akzepttanz geprüft werden müssen, wenn die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche (relativ gesehen) nicht deutlich zurückgehe. Da ein solcher Rückgang nicht feststellbar ist (nur die Zahl der gebärfähigen Frauen ist rückläufig), ist eigentlich die Politik gefordert. Leider ducken die sich aber zur Zeit in Sachen § 217 ff. StGB komplett weg. Das muss, um es vorsichtig zu beschreiben, als Ärgernis empfunden werden!

Gruß
Herbert Kunst
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

Sabrina Merck
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Abtreibungen von Ärzten - Mordbezeichnung unzulässig

Beitrag von Sabrina Merck » 15.07.2007, 06:16

Herbert Kunst hat geschrieben: .... Allerdings sind Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich rechtswidrig und nur unter bestimmten Voraussetzungen straffrei. Siehe § 218 ff. StGB. Von daher kann man der Auffassung zuneigen, dass Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich untersagt bzw. weitgehend eingeschränkt gehören. Es handelt sich immerhin, und das kann nicht strittig sein, um das Töten menschlichen Lebens!...
Hallo,
dem stimme ich gerne zu. Ich neige auch zu der Auffassung, dass sich die Politik mit dem Thema befassen muss. Zu bedenken wären auch die Fälle von Spätabtreibungen:
viewtopic.php?t=5201&highlight=sp%E4tabtreibungen
viewtopic.php?t=1838&highlight=sp%E4tabtreibungen
MfG
Sabrina
Dem Pflegesystem und den pflegebedürftigen Menschen muss mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden! Daher:
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk!
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

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Schwangerschaftsabbrüche sind Tötungen

Beitrag von Pflegefan » 16.07.2007, 17:51

Stimme Herbert und Sabrina uneingeschränkt zu. Schwangerschaftsabbrüche sind Tötungen, auch wenn man sie nicht Mord nennen darf. Solche Tötungshandlungen sind eigentlich nicht zu vertreten; wenn überhaupt, nur in engsten Grenzen - z.B. eindeutige medizinische Indikation.
"Die Menschenwürde ist unanstastbar" (Art. 1 Grundgesetz). Dies muss in der Pflege oberste Handlungsmaxime sein - für alle!

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