Overall (Bekleidung) als freiheitsentziehende Maßnahme?

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

Lutz Barth
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Beitrag von Lutz Barth » 10.03.2010, 09:52

Nun – der allgemeine Hinweis – dies stand eigentlich zu befürchten an – auf die „Rahmenbedingungen der Pflege“ entlastet uns nicht von der Frage, wie wir ggf. auf eine Schadensersatzklage der Bewohnerin, wenn diese denn rein fiktiv und erhoben werden würde, zu entscheiden gedenken?

Mit anderen Worten:
Wer
kann was
von wem
woraus und
wieviel verlangen?

Zugleich könnte der Fall auch haftungsrechtlich dahingehend erweitert werden, wenn z.B. die Bewohnerin – Mobilität vorausgesetzt – die berühmten „Tretminen“ auf allgemein zugänglichen Fluren hinterlässt und hierauf ein anderer Bewohner, ggf. Pflegekraft oder aber Besucher ausrutscht und sich eines Schadensersatzanspruchs berühmt, z.B. wegen einer Fraktur?
Stellt sich dann der Unfall als „unabwendbares Ereignis“ dar, weil ggf. mit solchen „Tretminen“ zu rechnen sei?

Ich denke, der Fall bedarf nach wie vor einer „Lösung“, ohne dass wir davor zu kapitulieren hätten, denn auch der zur Entscheidung berufene Richter kann sich dem Rechtschutzbegehren entweder der Bewohnerin oder aber alternativ dazu etwa der „Verunfallten“ nicht entziehen.
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ThomasH
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Pflegeoverall = Freiheitsentzug?

Beitrag von ThomasH » 10.03.2010, 10:23

Es geht doch um die Rechtsicherheit des Pflegepersonals?
Dieses war m. E. die Intention der PDL mit dem Verbot des Pflegeoverall.

Ich erlaube mir - als nicht Jurist - den Versuch eines Algorhythmus:
Der Mensch hat ein Problem; hier: er ist verkotet.
Die angedachte/ergriffene Maßnahme, hier der Pflegeoverall, hindert den Menschen daran mit dem Kot zu schmieren.
Er kann seinem Bedarf (= Reinigung) oder Bedürfnis (= Spielen, sonstiges) nicht nachkommen, er wird durch den Pflegeoverall daran gehindert.
Somit steht eine Willensbekundung des Menschen (= Kotschmieren) der angedachten/ergriffenen Maßnahme (= Pflegeoverall) entgegen.
Das Erkennen dieses Dilemmas ist Aufgabe der Pflege.
Ist die Pflege nicht in der Lage, z. B. mit sozialen Interaktionen oder Maßnahmen der Grundpflege, das Dilemma zu lösen, so bedarf es der richtlichen Genehmigung einer Zwangsmaßnahme.

Ende des Versuchs.

Der Gebrauch von Hilfsmitteln (geht über das Hilfsmittelverzeichnis der GKV hinaus und wird durch selbiges auch nicht definiert) zur Zwangsausübung/Willensversagung darf/kann nicht durch die Pflege legitimiert werden. Eine solche Legitimation steht dem Pflegeberuf entgegen.
Ob ein Pflegeoverall leistungsrechtlich von der GKV zu zahlen wäre, käme auf den Einzelfall an; ich könnte mir dieses durchaus vorstellen.

Habe ich in diesem Thread die PDL, im vorliegenden Fall, kritisiert, so möchte ich dieser jetzt doch meine Hochachtung aussprechen und ihr ein humanistisches Menschenbild unterstellen.
Und wenn die PDL Glück hat, versagt der Richter (es gibt auch gute) den Pflegeoverall und appelliert an den Personalschlüssel.


Mit den besten Grüßen
Thomas Hahn

Lutz Barth
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Beitrag von Lutz Barth » 10.03.2010, 11:04

@ThomasH: Ja, akzebtabel und nachvollziehbar :wink:, aber für den "Rechtssuchenden" durchaus problematisch.

Der Bewohner darf sein "Bedürfnis" als Verwirklichung von Autonomie gewertet sehen und damit vielleicht als Ausdruck einer wie auch immer zu definierten "Freiheit", während demgegenüber der auf den "Tretminen" verunfallte andere Bewohner etc. mit seinem Rechtsbegehren auf der "Strecke" im wahrsten Sinne des Wortes zu bleiben droht. Wäre dann der Richter aus dieser Persepktive betrachtet wohl immer noch ein "guter Richter"? :roll:

Und wie würden wir wohl entscheiden, wenn wir später einmal stationär untergebracht sind und bei unterstellter Mobilität die Bewohnerin ihr Bedürfnis im gemeinsamen Speisesaal auszuleben und ggf. den Tisch mit den "Tretminen" zu dekorieren gedenkt? Gehört es zum "humanistischen Menschenbild" dazu, was wir dann in der Folge dieses "Bedürfnis" zu akzeptieren haben?

Mit anderen Worten: Ist "nur" die Grundpflege "gefragt oder ggf. auch die spezifische "Behandlungspflege"?
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Overall keine freiheitsentziehende Maßnahme

Beitrag von Rob Hüser » 10.03.2010, 11:59

Zum Thema wurde innerhalb einer Mailingliste von einem rechtlichen Betreuer folgende Nachricht (anonymisiert) gepostet:

Ich habe zwei Betreuungsrichter bei zwei Heimanfragen in Bezug auf verpassen eines Overall's befragt. Beide haben unabhängig von einander mitgeteilt, es handele sich nicht um eine freiheitsentziehende Maßnahme, da die Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt wird. Das der Overall nur am Rücken, von Pflegekräften, zu öffenen ist spielt hierbei keine Rolle. Ich habe trotzdem nicht zugestimmt, da ich es für unmenschlich halte sich nicht mehr dort berühren zu können, wo man möchte. Nach kurzer Zeit war der Overall nicht mehr notwendig. Man habe bessere Windeln erhalten !

Dies nur als Hinweis, wie Betreuungsrichter die Situation beurteilen (können)!

R.H.
Das Pflegesystem muss dringend zukunftsfest reformiert werden!

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Jetzt ist es persönlich

Beitrag von ThomasH » 10.03.2010, 12:45

Schön so, freut mich Herr Barth.

Standing ovation, hier aus meinem Büro an Sie, Herr Barth.

Ich verstehe Ihre Reaktion auf meinen Beitrag als diskutabele Frage nach den Grenzen der Entfaltung und Freiheit des Einzelnen.
Diese Frage beantworte ich mir wie immer mit dem kategorischen Imperativ von I. Kant.
Dieses gilt natürlich auch für einen Menschen mit einer Demenz. Im fortgeschrittenen Stadium gilt er allerdings als Schutzbefohlener und bedarf der Hilfe Dritter, zur Vermeidung von Schäden Vierter (?).

Konkret: Sind tatsächlich "Tretminen" im Flur an-/ herabgefallen, so bleibt gleich wieder die Frage nach den angemessenen oder besser nicht stattgefundenen Maßnahmen der Pflegekräfte, wie z. B. fehlender Toilettengang mit dem Schutzbefohlenen zur Vermeidung der "Tretminen", unmittelbare Reinigung der Verkehrsfläche.
Ich hoffe doch sehr, dass "der gute Richter" darauf abstellen wird die Maßnahmen der Pflegekräfte zur Unfallvermeidung in Augenschein zu nehmen und eine ggf. bestehende Körperschadensklage eines Vierten (?) nicht dem "Minenleger" anhaften zu wollen oder eher als "allegmeines Lebensrisiko" des Vierten (?) bei Unterbringung in einer stat. Pflegeeinrichtung rechtswirksam benennt (so viel Spaß sei erlaubt, oder stimmt die Tendenz meiner Wahrnehmung?).

"Dekotierung" im Speisesaal; nun es gibt sicherlich und unstreitig gesellschaftliche Normen auf deren Einhaltung auch ein Mensch mit einer Demenz achten muss. Dieses "MUSS" ist per se dem Respekt und der Würde des Menschen mit einer Demenz geschuldet und kann nicht hinweg gedacht werden. Kann er dieses aufgrund seiner kognitiven Defizite nicht mehr, so muss ihm das Pflegepersonal dabei helfen sich weitestgehend gesellschaftlich konform zu verhalten.

Aus pflegerischer Sicht der Dinge komme ich nur sehr spät in der Bereich der Behandlungspflege, geht es denn um die Defäkation.
Wie im "Pflegeoverall-Fall" schon in diesem Thread besprochen, bedarf es dazu dann aber der ärztlichen Anordnung.

Zum Schluss, Sie haben wiedermal Recht. Für den Rechtsuchenden problematisch und nicht einfach. Aber wiederkehrende Dilemmata gibt es nicht nur in der Pflege, weshalb Wir u. a. in einem Rechtsstaat leben.
Wichtig ist mir dabei jedoch, dass es immer wieder nur um den Einzelfall geht und dieser der besonderen Betrachtung bedarf.
Das Überstülpen von Standards oder Urteilen ist niemals angemessen und deren Heranziehung darf lediglich im Problemlösungsprozess angewandt werden, nicht jedoch als Handlungs- oder Entscheidungsmaxime herhalten.

Ich begrüße es von daher mehr als außerordentlich, dass sich die Rechtswissenschaft in der hiesiegen Form aktiv an der Pflege beteiligt. Dieses u. a. auch von daher, dass es der Rechtswissenschaft wohl etwas mehr zu eigen ist, dem individuellen Sachverhalt eine rationale Komponente zukommen zu lassen und eine emotionale Komponente außen vor zu lassen.

In diesem Sinn,
Ihnen Herr Barth und allen Lesern ein gute Zeit
Thomas Hahn

Lutz Barth
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Beitrag von Lutz Barth » 10.03.2010, 15:03

:oops: …des Lobes bedarf ich insofern nicht, weil ich eigentlich die Kernfrage nach der Qualität des Overalls als „FEM“ noch nicht beantwortet habe, dies aber wohl auch nicht notwendig erscheint, weil Herr Hüser vorstehend auf zwei Statements verweisen konnte, die nun allerdings nicht mit demjenigen des Richterkollegen aus München übereinstimmen, gleichwohl aber nicht in der Tendenz unsympathisch sind

Sei es drum, Sie haben die „Tendenz“ :wink: als solche erkannt und in der Tat geht es wohl auch ein stückweit um das „individuelle Lebensrisiko“, dass nach hiesiger Auffassung nur deshalb dem Demenzpatienten „übergebürdet“ wird, weil wir im Begriff sind, dass „herausfordernde Verhalten“ eines Demenzpatienten als solches „verklären“ und vielleicht sogar für erstrebenswert erachten, kann doch unsere Zivilgesellschaft von ihnen sehr viel lernen, so dass es Sinn macht, wenn gelegentlich Juristen einen Fachdiskurs entemotionalisieren (mögen auch einige renommierte Juristen ein stückweit bei der Beurteilung des „herausfordernden Verhaltens“ dies anders sehen). Ohne hier Kant bemühen zu müssen und vor allem zu wollen, können „Freiheitsverbürgungen“ auch durchaus zynisch sein, mal abgesehen davon, dass natürlich stets der Einzelfall maßgeblich ist und Standards nur einen Entscheidungskorridor eröffnen, wobei es natürlich „sträflich“ wäre, diese in der Gänze nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen oder aber entsprechende Urteile trotz ihres Charakters als Einzelfallentscheidungen nicht entsprechend zu gewichten.

Es geht allerdings nicht so sehr um die Frage der Haftung des Demenzpatienten, denn dieser dürfte wohl überwiegend „deliktsfrei“ – unverdächtig benannt: ohne Verantwortung resp. „Schuld“ – handeln, so dass hier vornehmlich die Sorgfaltspflichten des Trägers oder der verantwortlichen Pflegefachkraft zu diskutieren sind, die auch im Interesse eines gebotenen Drittschutzes tätig werden sollten und nach hiesiger Lesart auch handeln müssen (Stichwort: Verkehrssicherungspflichten).

Muss also ein Dritter damit rechnen, dass in der stationären Einrichtung „Tretminen“ gelegt worden sind oder ist dies ein „vollbeherrschbares Risiko“? Muss sich derjenige, der nicht kognitiv beeinträchtigt ist, ggf. künftig darauf einstellen, das „herausfordernde Verhalten“ akzeptieren zu müssen – mehr noch: er eigentlich als ein wesentlicher Akteur im therapeutischen Konzept seine Rolle wahrzunehmen hat, will er sich nicht (!) dem Vorwurf ausgesetzt sehen, die Würde eines anderen Mitbetreuten nicht gebühren zu achten?

Und so darf denn noch einmal angefragt werden, welche Alternativen dann von der PdL in Aussicht gestellt werden, mal von dem oben erteilten Lob abgesehen, dass dem „Verbot“ ein humanistisches Menschenbild zugrunde liegt?

Wie ist nun ganz praktisch zu verfahren?
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!

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Beitrag von ThomasH » 10.03.2010, 18:06

Herr Barth, ich finde, Sie umschreiben es treffend.
= Es gibt unter den Rechtswissenschaften unterschiedliche Rechtsauslegungen. Aus den ergangen richterlichen Entscheidungen sind Tendenzen abzuleiten.
Aber ist nicht gerade hierin ein Ansatzpunkt gegeben oder vielmehr geboten unter nie aufhörender Berücksichtigung des Einzelfalls?

Ich persönlich bleibe dabei, der Pflegeoverall stellt - wie im vorliegenden Fall beschrieben - eine freiheitsentziehende Maßnahme da; es kommt vorsätzlich und gezielt sächliche Gewalt zum Einsatz.
Damit ich weiterhin als freier Staatsbürger leben kann, bitte ich darum, dass die Entscheidung über die Anwendung von sächlicher Gewalt einem Richter vorbehalten bleibt und sonst niemandem.
Also auch nicht der lieben, gutmeinenden Pflegekraft (das ist ausdrücklich kein Sarkasmus und auch keine Ironie).

Ich gehe sogar soweit zur Diskussion zu stellen, dass so mancher Richter, aufgrund persönlicher Überforderung oder Arbeitsüberforderung, angetragene Entscheidungen über die Anwendung eines Pflegeoveralls lapidar ablehnend von sich weißt. Ob er allerdings damit richtig liegt?

Somit meine Empfehlung und Wunsch an die PDL: Beantragen Sie einen richterlichen Beschluss, um im vorliegenden Fall den Pflegeoverall anwenden zu dürfen.

Ich bin kein Freund oder Beführworter von stat. Einrichtungen, so wie ich glaube, dass niemand es sein kann, es sei denn er verdient sein Geld mit dem Hilfebedarf des Anderen.
Wer aber dieses notwendige Übel in Anspruch nehmen muss, muss damit rechnen auch mit den "unschönen" und "verrückten" Teilen der Welt unmittelbar in Berührung zu kommen.
Der nicht kognitiv beeinträchtigte Bewohner wird sich darauf einstellen müssen, ggf. durch sein "normales" Verhalten herauszufordern und möglicher weise den kongnitiv beeinträchtigen Bewohner ungewollt zu provozieren.
Und genau so muss er auch damit rechnen auf "Tretminen" achten zu müssen.
So zumindest verstehe ich die richterliche Auslegung der "Sphäre des Heimes".
Damit aber die "Spähre des Heimes" nicht zu einem Kriegsschauplatz (um die Terminologie zu waren) verkommt, müssen gegügend Menschen in dem Heim sein, damit erst keine Minen gelegt werden müssen.

Nochmals, nach den ersten "Weihen" die ich über Dementia Caremapping erhalten habe, sind es immer die "Normalen" die herausfordern und nicht die Kranken.

Mit den besten Grüßen
Thomas Hahn

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Beitrag von G. Fröhlich- Rockmann » 10.03.2010, 22:30

Nach dieser hochjuristischen Diskussion befürchte ich fast, dass in jeder Einrichtung (ob nun stat.Pflegeeinrichtung oder jede andere, von mir auch aus auch eine Anwaltskanzlei) in der ein Norovirus (löst in kürezster Zeit unkontrollierbares Erbrechen und Durchfall aus, unabhängig der kognitiven Fähigkeiten des Betroffenen und tritt nicht selten auch in Schulen und Kindereinrichtungen auf) auftritt Pflegeoverals ausgeteilt werden, was mich offen gestanden nicht mehr wundern würde....

Im Umgang mit Richtern (auch beim Vormundschaftsgericht) ins elbst geführten Verfahren konnte ich nicht selten die Feststellung machen

1. ) Das eine "private Meinung" z.B. in einer Mailinmgliste dann nicht selten doch eine ganz andere als die in einem Urteil eines deutschen Gerichtes ist

und

2.) Das auch eine in einem Urteil von einem Richter vertretene Rechtsauffassung in einer höheren Instanz kassiert wurde.

Auch Richtern wage ich zu wiedersprechen (leider gehör ich nicht zu der genannten Mailingliste), denn dieser Overal beeinträchtigt sehr wohl die Bewegungsfreiheit des Trägers nämlich in der Form dass ihm der Zugriff zu den Ausscheidungsorgangen seines Körpers (was ja auch erklärtes Ziel dieses Dinges ist) ganz wesentlich bis überhaupt nicht ermöglicht wird.

Ich sehe es nach wie vor also genau so wie hier schon dargestellt: Dieses Teil ist eine Form der FEM und bedarf von daher ausdrücklich einer richterlichen Genehmigung und ich stehe ganz und gar hinter der Entscheidung der PDL die dieses Teil untersagt hat.

Dem gemeinhin durch "Tretminen" gefährdeten Bürger unterstelle ich schon druchaus die Fähigkeit ausreichend zur Kenntnis zu nehmen wo er sich befindet und traue ihm durchaus eine entsprechende Sorgaflt beim Aufenthalt in einer stationären Pflegeinrichtung zu.

Gestern kam mir beim surfen im Internet folgendes Schild unter "Irrenanstalt, Betreten auf eigene Gefahr, Mit Belästigungen muss gerechnet werden!" Zugegeben es war ein sehr altes Schild und ich denke seit der Aufnahme dieses Fotos haben wir auch in Deutschland hoffentlich die eine oder andere Entwicklung durchlaufen.
Es ist der Mensch und nicht die Krankheit

Bettina Olbing
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Overall als freiheitsentziehende Maßnahme oder nicht ?

Beitrag von Bettina Olbing » 20.03.2010, 08:40

Hi,
ich stelle fest, dass es bezüglich des verschließbaren Overalls und der Bewertung als freiheitsentziehende Maßnahe (feM) unterschiedliche Rechtsauffassungen und Meinungen gibt.
Ich persönlich tendiere dafür, "die Kirche im Dorf zu lassen" und die Overallproblematik "lockerer" zu sehen. Die Hinweise von Richtern (Juristen), dass sie insoweit keine genehmigungspflichtige Maßnahme sehen, ist für mich mit meinungsbildend. Damit will ich nicht sagen, dass Richter immer richtig liegen.
Ich kann mich aber auch an Aussagen von Richtern erinnern, die noch nicht einmal mit Bettgittern befasst werden wollten.
Wahrscheinlich gibt es in der hier diskutierten Fallkonstellation nur eine verbindlichere Linie, wenn ein Gericht / besser noch Obergericht so oder so entschieden hat.
MfG Bettina Olbing
Pro Pflege - was denn sonst!

WernerSchell
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Pflegeoveralls

Beitrag von WernerSchell » 20.12.2011, 17:42

Zum Thema wurde folgendes Statement übermittelt:

§ 1906 BGB ist Ausführungsvorschrift zu Art. 104 Abs. 1 GG. Der
Freiheitsbegriff ist daher derjenige des Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG, nicht des
Art. 2 Abs. 1 GG. Mit "Freiheit der Person" ist dort die Freiheit gemeint,
den augenblicklichen Aufenthaltsort jederzeit verlassen zu können. Eine
Maßnahme, die das nicht verhindert, fällt nicht unter § 1906 Abs. 4 BGB.

Damit ist natürlich noch nicht gesagt, ob und, wenn ja, unter welchen
Voraussetzungen eine solche Maßnahme zulässig ist oder nicht. Aber eine
richterliche Vorabentscheidung ist jedenfalls nicht erforderlich.
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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