Overall (Bekleidung) als freiheitsentziehende Maßnahme?

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

hake
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Overall (Bekleidung) als freiheitsentziehende Maßnahme?

Beitrag von hake » 01.03.2010, 22:15

Overall (Bekleidung) als freiheitsentziehende Maßnahme?

Hallo,

aus aktuellem Anlass habe ich eine rechtliche Frage. Vielleicht ist jemandem schon Ähnliches untergekommen. Der Sachverhalt ist folgender:

Die Bewohnerin Frau B. ist dement. Bei ihr sind zum Ausschluss einer Selbstgefährdung folgende freiheitsentziehende Maßnahmen durch Gerichtsbeschluss zulässig: Bauchgurt, Bettgitter, Gurt im Rollstuhl.

Frau B. neigt dazu, in den Intim- und Gesäßbereich zu greifen und sich und ihre unmittelbare Umgebung mit Kot zu beschmieren. Um sie daran zu hindern, haben die Pflegekräfte sie eine Zeitlang mit einem speziellen Bekleidungsstück bekleidet, das wie folgt beschrieben werden kann:

Es handelt sich um eine Art einteiligen Body, wie man ihn auch aus der Kleinkindversorgung kennt. Die Beine und Ärmel sind etwa dreiviertellang und gewährleisten der Bewohnerin volle Bewegungsfreiheit der Beine und Arme. Um das Kleidungsstück an- und ausziehen zu können, befindet sich am Rücken ein Reißverschluss, der vom Nacken bis etwa auf die halbe Höhe des Gesäßes reicht. Ein weiterer Reißverschluss reicht auf der Rückseite des einen Beinlings bogenförmig hoch zum unteren Teil des Gesäßes und von da hinab zum anderen Beinling. Auf diese Weise können die Pflegekräfte das untere Teil des Bodys öffnen, um den Gesäß- und Intimbereich von Frau B. zu reinigen. Frau B. kann sich jedoch das Kleidungsstück selbst nicht ausziehen, und sie kann auch nicht mehr in den Intim- und Gesäßbereich fassen, so dass die Verschmierungen mit Kot unterbleiben.

Den Pflegekräften wurde nun von der Pflegedienstleitung untersagt, dieses Kleidungsstück weiter zu benutzen, denn es handele sich dabei um eine nicht zulässige freiheitzentziehende Maßnahme.

Die Frage lautet also: Ist die Anwendung eines Kleidungsstücks, das die Bewohnerin nur der Fähigkeit beraubt, in bestimmte Körperregionen zu fassen (sie aber nicht darin einschränkt, ihren Aufenthaltsort zu wechseln) als freiheitsentziehende Maßnahme zu betrachten oder nicht?

Danke für's Nachdenken, danke für's Antworten!

Lutz Barth
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Freiheitsentzug - nachgefragt!

Beitrag von Lutz Barth » 02.03.2010, 08:20

Interessante Fallschilderung, die mich zunächst zu einer Nachfrage veranlasst: Wenn die Pflegedienstleitung das Anlegen des Kleidungsstücks untersagt hat, wäre interessant zu erfahren, welche Alternativen diese vorgeschlagen hat und ob das Problem im Team erörtert wurde?

Mfg.
L. Barth
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Rob Hüser
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Overall (Bekleidung) als freiheitsentziehende Maßnahme

Beitrag von Rob Hüser » 02.03.2010, 08:28

Hallo,
wenn die besondere Bekleidung als freiheitsentziehende Maßnahme verstanden werden soll, wäre sie durch den erwähnten gerichtlichen Beschluss, der genaue Maßnahmen bezeichnet, nicht erfasst. Vielleicht wäre es sinnvoll, die gerichtlichen Beschluss hinsichtlich der Aufgaben ausführlicher zu beschreiben?
Auf den ersten Blick halte ich die getroffene Maßnahme als vertretbar, für schonend. Wie anders könnte das Problem gelöst werden? Was meint die Leitung?
Gruß Rob Hüser
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Lutz Barth
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Overall (Bekleidung) als freiheitsentziehende Maßnahme

Beitrag von Lutz Barth » 02.03.2010, 08:39

In Anlehnung an den Hinweis von R. Hüser wäre dann weiter zu erörtern, ob - je nach Interpretation freiheitsbeschränkender Maßnahmen - der "Body" vergleichbar wäre mit einer "Windel" und diese pflegerische Maßnahme zugleich unter dem Aspekt eines Eingriffs in weitere Grundrechte zu bewerten wäre, z.B. Art. 2 GG.

Zugleich könnte die Frage zu erläutern sein, wie der Fall zu lösen wäre, wenn und soweit das Handeln der Pflegebedürftigen ihrem natürlichen Willen entspricht?
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thorstein
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Overall (Bekleidung) als freiheitsentziehende Maßnahme

Beitrag von thorstein » 02.03.2010, 10:36

Hallo hake,

du sprichst hier von einem Overall. Tatsächlich wird er auch als Alternative zu FeM angesehen.

http://www.wernerschell.de/Rechtsalmana ... chen06.pdf

Ich sehe das aber so wie eure PDL. Wenn die Bewohnerin den Overall nicht selbst öffnen kann, wird sie in ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkt. Allerdings ist es ausdrücklich nicht Aufgabe einer PDL Massnahmen zu untersagen, ohne eine Lösung für das eigentliche Problem anzubieten.

Um beispielsweise das Kotschmieren zu verhindern, wäre eine regelmäßige vollständige Darmentleerung eine Alternative.

PflegeCologne
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Overall als "eingreifende Maßnahme"

Beitrag von PflegeCologne » 02.03.2010, 15:43

Hallo,
ich halte die getroffene Maßnahme grundsätzlich für zulässig, wenn es eine Betreuung bzw. Vollmacht für persönliche Angelegenheiten (oder so ähnlich) gibt. Es muss aber dann der Rechtsvertreter der betroffenen Personen eingeschaltet werden, er muss letztlich entscheiden: ja oder nein sagen. Heim bzw. Pflegekräfte sind nur Dienstleiter.
Es kann - außerhalb eines Notfalles - doch nicht sein, dass das Heim mit seinem Personal allein über eingreifende Maßnahmen entscheidet. Es in der Angelegenheit auch ein Arzt eingebunden?
Auf all das wäre vielleicht auch näher einzugehen.
MfG Pflege Cologne
Alzheimer - eine Krankheit, die mehr Aufmerksamkeit erfordert! - Pflegesystem muss dem angepasst werden, auch, wenn es teurer wird! - Ich bin dabei:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de

Lutz Barth
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Pflegerische Kompetenz ist gefragt!

Beitrag von Lutz Barth » 03.03.2010, 09:31

Thorstein hat einen Hinweis erteilt, der allerdings der weiteren Differenzierung bedarf:

Aus den zitierten Empfehlungen lässt sich zunächst nur ableiten, dass es Alternativmaßnahmen gibt, ohne dass heraus allerdings der Schluss gezogen werden kann, dass es sich um eine "Freiheitsentziehung" handelt.

Überdies könnte es problematisch sein, für eine regelmäßige Stuhlgang-Entleerung Sorge zu tragen, die wohl dann gerade im Hinblick auf ihre Regelmäßigkeit durch therapeutische Maßnahmen zu bewerkstelligen wäre, was wiederum ggf. die Einwilligung der Patientin, alternativ dazu der Betreuer bedarf. In diesem Zusammenhang stehend könnte dann auch an die berühmten "Abführtage" erinnert werden, die seinerzeit als "Standard" Geltung beanspruchten, gleichwohl aber in bedeutsame Rechte der Bewohner eingegriffen hat.

Zugleich wäre die Frage aufzuwerfen, wo hier die Grenzlinie zwischen konkreter medizinisch-pflegerischer Behandlung und der Grundpflege verläuft. Sofern es sich um eine grundpflegerische Maßnahme handelt, könnte die Maßnahme prinzipiell durch den Heimvertrag abgedeckt sein; sofern allerdings durch das Handeln der Bewohnerin ein besonderes Darmmanagement erforderlich ist, wäre aus therapeutischer Sicht abzuklären, welche Maßnahmen hier ggf. nach Einwilligung der Patientin in Betracht gezogen werden müssen. Dazu wäre dann ohne Frage eine Ärztin/Arzt hinzuziehen, da es allgemein gilt, über die ggf. körperlichen Ursachen hinaus auch die Psyche als Ursache für das Verhalten der Bewohnerin in Betracht zu ziehen.

Ein solches gilt gerade bei Demenzpatienten, bei denen die Inkontinenzproblematik häufig anzutreffen ist.

Vgl. dazu den instruktiven Beitrag unter >>> http://www.incosan-portal.de/index.php/ ... -erreichen <<<, der die Bandbreite der möglichen Ursachen, aber auch Interventionsstrategien widerspiegelt. Ferner den Expertenstandard.

Gruß
L. Barth
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Pflegeoveralls - rechtlich problematisch ?

Beitrag von Gaby Modig » 03.03.2010, 11:13

Hallo,
finde die Diskussion hochspannend. Fand Hinweise zu Overalls unter
http://www.seniorenmode.com/pflegeovera ... /index.php
Siehe auch unter
http://www.suprima-herzlieb.de/index.html
Ich bin gespannt, ob es hier weitere Hinweise zum Sachverhalt gibt. Dann kann wohl auch abschließend geurteilt werden.
MfG Gaby
Pflegesystem verbessern - weg von der Minutenpflege. Mehr Pflegepersonal ist vonnöten!

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Heimaufsicht, MDK ... schwergewichtige Argumente, oder?

Beitrag von hake » 03.03.2010, 17:30

Liebe Diskussionsteilnehmer,

ich bin doch überrascht (und erfreut) über die zu meiner Frage so zahlreich eingegangenen Reaktionen. Das Thema scheint – wider Erwarten – doch kontroverser und interessanter zu sein als angenommen. Vielen Dank Ihnen allen für die Antworten!

Folgend will ich zu einigen Anregungen Stellung nehmen:

Ich bin wie L. Barth einer Meinung, dass man parallel grundsätzlich nach einer Möglichkeit suchen müsste, ob man das Problem des Stuhlschmierens nicht anderweitig lösen kann, etwa durch stuhlregulierende Maßnahmen, die im Idealfall den Stuhlgang „vorhersehbar“ machen, so dass sowohl der Bewohnerin das letztlich auch die Würde der Person berührende Kotschmieren als auch den Pflegenden die unangenehme und zeitraubende Arbeit der Säuberung erspart bleiben. Solche Maßnahmen müssten natürlich in Absprache im Team, mit den Angehörigen und gegebenenfalls dem Arzt geschehen.

Doch unabhängig davon, ob bei der genannten Bewohnerin eine Stuhlgangregulierung unter ethischen, rechtlichen und medizinischen Gesichtspunkten zulässig wäre bzw. in der Praxis gelänge, bleibt die Frage, ob in diesem oder anderen denkbaren Fällen das geschilderte Kleidungsstück eine freiheitsentziehende Maßnahme darstellt oder nicht. Folgt man den Empfehlungen in dem Papier, das die Heimaufsicht der Regierung von Oberbayern zusammen mit der Beschwerdestelle für Probleme in der Altenpflege und dem MDK Bayern gemeinsam veröffentlicht hat (und auf das PflegeCologne hingeweisen hat), dann wäre der Overall nicht als freiheitsentziehende Maßnahme, sondern als Alternative dazu zu sehen. Die Tatsache, dass diese drei Instanzen (die sicherlich nicht dafür bekannt sind, die Interessen von Heimbewohnern nicht im Blick zu haben) den Oberall als Alternative zu einer FeM sehen, hat Gewicht, finde ich.

Mit freundlichen Grüßen
hake

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Overall (Bekleidung) als freiheitsentziehende Maßnahme

Beitrag von Lutz Barth » 03.03.2010, 18:47

Guten Abend, Hake.

Ob das Thema letztlich kontrovers zu behandeln ist, vermag ich als Jurist nicht beurteilen zu wollen, stehe ich doch eher für eine Position, die gelegentlich von einem Kollegen als "eine nicht auf der Höhe der Zeit liegende" gewertet wird und ich so vermeintlich einen fachlich gebotenen Diskurs belaste.

Nun - unter rechtlichen Aspekten betrachtet kommt es - wie so häufig - darauf an, wie im Zweifel das "Recht" interpretiert wird. Auf den von Dir geschilderten Fall bezogen wäre natürlich die Frage zu entscheiden, was unter "freiheitsentziehenden Maßnahmen" als (Rechts)Begriff zu subsumieren ist. Thorstein hat hier zu Recht darauf hingewiesen, dass ggf. die "Freiheit" der Bewohnerin als solche beenträchtigt sein kann, auch wenn im pflegerechtlichen Diskurs üblicherweise die sog. FEM mit der Verhinderung der potentiellen Fortbewegungsmöglichkeit (§ 239 StGB) verbunden wird. Freiheitsverbürgungen finden sich freilich auch in anderen Rechtsnormen, so etwa mit Blick auf die allgemeine Handlungsfreiheit (geschützt über Art. 2 GG, auch wenn hier der Vorbehalt des Gesetzes zu beachten ist).

Für mich stellt sich - ähnlich wie bei dem "Recht zur psychischen Krankheit" (?) - in erster Linie die Frage, ob unser Freiheitsverständnis sich in Einzelfällen mit dem deckt, was ggf. die Bewohner für sich an Freiheit reklamieren würden. Ohne die Dementen stigmatisieren zu wollen erscheint mir hier das entscheidende Problem zu liegen, denn es wäre ja nicht ausgeschlossen, dass wir z.B auch dazu kommen könnten, dass hier die Bewohnerin in ihrem Verhalten gleichsam ihre persönliche Lebensqualität erblickt, so wie in einem anderen Zusammenhang stehend es offensichtlich dem Freiheitsverständnis einiger Pflegerechtler entspricht, dass hochgradig an Demenz Erkrankte nicht verhaltensauffällig sind, sondern vielmehr nur die beruflich Pflegenden herausfordern! Nun - da ich weder zur Stigmatisierung noch zur Verklärung der dementiellen Erkrankungsprozesse neige, würde ich rein praxisorientiert den "Fall" lösen und hierbei nach den "Ursachen" für ein sicherlich nicht normgerechtes Verhalten forschen und mich hierbei eines Arztes zwecks Diagnosestellung bedienen.

Wir können auch die Dringlichkeit des Falles ein stückweit dadurch verschärfen, in dem es nach gesicherten gerontopsychiatrischen Erkenntnissen auch darauf ankommt, für Mobilität zu sorgen. Nun sitzt die Bewohnerin im Tagesraum oder im Speisesaal und da wäre dann im Zweifel das Problem zu lösen, wie wir dann das Verhalten der Bewohnerin beurteilen und welche Maßnahmen wir zu ergreifen gedenken.

Sofern ich vorhin den Begriff des "normgerechten Verhaltens" eingeführt habe, ist dies nicht von ungefähr geschehen, da es mittlerweile in der Fachliteratur Tendenzen gibt, die Welt der Demenzerkrankten als nicht normabweichend zu werten.

So gesehen ist der "Fall" ein sehr schönes Beispiel für die beruflich Pflegenden, aufgrund derer diese "herausgefordert" werden und da - mit Verlaub - darf ich vielleicht ein wenig meiner Verwunderung Ausdruck verleihen, dass in dem von Dir eröffneten Thread eine pflegefachliche Expertise eigentlich noch aussteht. :wink:

Gruß
Lutz Barth
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Overall als "eingreifende Maßnahme" ???

Beitrag von Service » 04.03.2010, 13:04

Die Firma Suprima-GmbH.de hat am 04.03.2010 in der Angelegenheit und zu ihren Overall-Produkten mitgeteilt:

"Wir teilen Ihnen hierzu mit, dass es sich beim Einsatz von unseren Overalls um keine freiheitsentziehenden Maßnahmen handelt, da wir keine Fixierungen anbringen."

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Overall - verschlossen eine freiheitsentziehende Maßnahme

Beitrag von Herbert Kunst » 05.03.2010, 14:30

Hallo !

Ich habe auf die Beantwortung der von einigen Schreibern gestellten Fragen geantwortet. Vielleicht kommen noch einige Ergänzungen.

Unabhängig vom konkreten Einzelfall bin ich aber der Meinung, dass ein Overall, verschlossen und von der betroffenen Person nicht zu öffnen, eine freiheitsentziehende Maßnahme ist. Sie muss daher vom zuständigen Arzt für notwendig befunden und vom rechtlichen Vertreter gebilligt sein. Dann muss nach den üblichen Maßstäben das Betreuungsgericht eingeschaltet werden. Seitens der Pflegekräfte kann eine solche Maßnahme nicht allein verantwortet werden, von Notfallsituationen einmal abgesehen.

Meine Auffassung wird gestützt durch Horst Böhm, Direktor des Amtsgerichts Straubing. Siehe den Vortrag "Freiheitsentziehende Maßnahmen bei Pflegebedürftigen und ihre Alternativen" (26.02.2009).
Materialien:
Freiheitsentziehende Maßnahmen (FeM) im Pflegeheim sind vermeidbar
(pdf)
http://www.regensburg.de/sixcms/media.p ... andout.pdf
Freiheitsentziehende Maßnahmen bei Pflegebedürftigen und ihre Alternativen (pdf)
http://www.regensburg.de/sixcms/media.p ... _boehm.pdf
Freiheitsentziehende Maßnahmen: Alternativen
http://www.regensburg.de/sixcms/media.p ... ssmann.pdf
Siehe allgemein:
http://www.regensburg.de/rathaus/aemter ... tzug/17335

Die bereits erwähnten "Empfehlungen zum Umgang mit freiheitsentziehenden Maßnahmen" der Landeshauptstadt München stehen dem nicht unbedingt entgegen. Die in diesen Empfehlungen zum Overall gemachten Ausführungen sind vielerlei Hinsicht deutbar.

Gruß
Herbert Kunst
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de

Markus
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Re: Overall als "eingreifende Maßnahme" ???

Beitrag von Markus » 05.03.2010, 15:35

Service hat geschrieben:Die Firma Suprima-GmbH.de hat am 04.03.2010 in der Angelegenheit und zu ihren Overall-Produkten mitgeteilt:

"Wir teilen Ihnen hierzu mit, dass es sich beim Einsatz von unseren Overalls um keine freiheitsentziehenden Maßnahmen handelt, da wir keine Fixierungen anbringen."
Bei "Freiheit" geht es nicht nur um Fortbewegung, sondern auch um die Freiheit sich anzufassen, zu entkleiden, zu tun was man will....

Herbert Kunst
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Overall - verschlossen eine freiheitsentziehende Maßnahme

Beitrag von Herbert Kunst » 05.03.2010, 15:44

Markus hat geschrieben: ....
Bei "Freiheit" geht es nicht nur um Fortbewegung, sondern auch um die Freiheit sich anzufassen, zu entkleiden, zu tun was man will ....
Ja, richtig. Und genau deshalb schrieb ich:
"Unabhängig vom konkreten Einzelfall bin ich aber der Meinung, dass ein Overall, verschlossen und von der betroffenen Person nicht zu öffnen, eine freiheitsentziehende Maßnahme ist. Sie muss daher vom zuständigen Arzt für notwendig befunden und vom rechtlichen Vertreter gebilligt sein. Dann muss nach den üblichen Maßstäben das Betreuungsgericht eingeschaltet werden. Seitens der Pflegekräfte kann eine solche Maßnahme nicht allein verantwortet werden, von Notfallsituationen einmal abgesehen."

Gruß
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Overall (Bekleidung) als freiheitsentziehende Maßnahme

Beitrag von G. Fröhlich- Rockmann » 05.03.2010, 18:23

Selbstverständlich ist das Anlegen eines Kleidungsstückes das vom Träger selbst nicht abgelegt werden kann ein unerlaubter Eingriff in die Freiehit einer Person!

Auch das Kotschmieren rechtfertigt nach meiner Sicht nicht einmal im "Notfall" solche Handlungen und ich persönlich würde diese sofort und ohne mit der Wimper zu zucken als Straftat anzeigen!

Ich wage zu behaupten das der hier beschriebene Overal sogar zur Verschlechterung der Pflegebedingungen beiträgt, weshalb ich hier nicht ein Argument für diesen Overal finden kann, es sei denn ich bin der Hersteller und will ihn verkaufen.

Inkontinenz (sowohl Stuhl- als auch Urininkontinenz) sind bekannte Symptome von Demenz und diese Diskussion ist für mich persönlich ein weiteres Zeichen dafür wie schlecht wir auf die Pflege von Menschen mit Demenz und Alzheimer vorbereitet sind.

Was mich viel mehr interessieren würde ist die Frage ob denn die betroffene Patientin ausreichend oft zur Toilette geführt wird und somit ein wesentliches Recht eines Pflegebedürftigen (siehe Charta) Geltung verschafft wird oder zur Erleichterung der Pflege mal wieder wesentliche Menschenrechte missachtet werden.

Kotschmieren ist nach meiner praktischen Erfahrung keine Notfallsituation die Maßnahmen der Freiheitsentziehung als angemessen erscheinen lassen. Ich kann darin auch weder eine Fremd- noch Eigengefährdung erkennen.

Für durchaus möglich halte ich es jedoch, dass die beschriebenen Reaktionen durchaus eine Reaktion der Bewohnerin auf das Anlegen dieses "Kleidungsstückes", um es nicht "moderne Form der Zwangsjacke" nennen zu müssen, sein kann.

Mit freundlichen Grüßen
Gerd Fröhlich-Rockmann
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