Altbischof Huber nicht auf der Höhe der Zeit?

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Lutz Barth
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Altbischof Huber nicht auf der Höhe der Zeit?

Beitrag von Lutz Barth » 04.10.2012, 07:52

Ein Kurzkommentar v. Lutz Barth (01.10.12) zum Beitrag in der Ärzte Zeitung: Professor Wolfgang Huber, Olympionike, aber auch Lazarus, v. H. Lachet, 01.10.12

Mit Verlaub: Der ehemalige Bischof und seinerzeitige Ratsvorsitzende Huber mahnt mehr Aktivitäten bei der Ärzteschaft an. Bereits in der öffentlichen Plenarsitzung des Deutschen Ethikrats am 27.09.12 zum Thema Suizid und ärztliche Suizidbeihilfe hat er sich von der irrigen Vorstellung leiten lassen, als würde die Ärzteschaft nur negativ die ärztliche Assistenz beim Suizid ablehnen, anstatt positiv zu erklären, wie sie mit Medizin am Lebensende umzugehen gedenkt.

In diesem Zusammenhang stehend ist daran zu erinnern, dass allen voran die BÄK eine der Initiatoren der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen ist; einer Charta, die voll froher Kunde und Botschaften ist und im Übrigen erheblich dazu beiträgt, dass eine offene Diskussion auch innerhalb der Ärzteschaft über das Arztethos „am Lebensende“ der schwersterkrankten und sterbenden Patienten gerade nicht geführt wird, sehen sich doch im Zweifel die Befürworter einer Liberalisierung der Sterbehilfe einer Stigmatisierung ausgesetzt. Nicht zu vergessen ist, dass gerade die Palliativmediziner meinten, ihre vorrangig kurativ tätigen Kollegen disziplinieren zu müssen, „nur“ weil diese für eine Liberalisierung der Sterbehilferegelungen eintreten.

Die Visionen einer Medizin am Lebensende resp. der hierzu „anzumahnenden Ethik“ seitens der BÄK jedenfalls ist hinlänglich bekannt: Die Palliativmedizin und das ihr zugrunde liegende Pathos wird in einem Maße favorisiert, dass gleichsam einer Verklärung gleichkommt. „Positiver“ kann also eine Ethik des guten Sterbens auch für einen schwersterkrankten und sterbenden Menschen nicht verkündet werden, zumal ja immerhin schon ein ethisches Zwangsdiktat in Gestalt des Verbots der ärztlichen Mitwirkung bei einem frei verantwortlichen Suizid eines Schwersterkrankten in der ärztlichen Musterberufsordnung erlassen wurde.

Und weiter mit Verlaub: In der Tat kann auch eine „Moral (und vor allem Ethik!) durch Ansteckung“ entstehen und so allerlei Mythen und Legenden, die mit der Vorstellung von einem christlichen Menschenbild verbunden werden, bleiben von einer fragwürdigen Ethik und „Moral“ nicht frei. Die These von der Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens hält sich trotz der „Aufklärung“ nach wie vor hartnäckig und es steht freilich zu befürchten an, dass dies auch in den kommenden weiteren 3000 Jahren der Fall sein wird, so wie wohl auch die Botschaften des Hippokratischen Eides, die längst als verstaubt gelten, schreitet doch auch die Erkenntnis in der Arztethik voran.

So wie die Religion muss sich auch die bereichsspezifische Ethik der Palliativmedizin und der damit scheinbar untrennbar verbundene Hospizkultur mit den schönen Visionen von einem gelungenen Sterben gelegentlich der provozierenden These stellen, nicht mehr als ein „Opium fürs Volk“ zu sein, so dass mit deren dauerhaften und gebetsmühlenartigen Anpreisung zumindest der Blick auf zentrale Grundrechte nicht nur der Schwersterkrankten, sondern auch der verfassten Ärzteschaft eingetrübt wird.
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WernerSchell
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Bereitschaft zur Sterbehilfe im Extremfall

Beitrag von WernerSchell » 29.12.2014, 18:03

"Je näher Befragte dem Leiden Sterbender sind,
desto größer ist ihre Bereitschaft zur Sterbehilfe im Extremfall."

Das ist das Ergebnis einer unveröffentlichen Befragung von Palliativmedizinern in NRW.
Quelle: Rheinische Post / NGZ vom 29.12.2014

Berichte dazu wie folgt:

Rheinische Post / NGZ - 29. Dezember 2014 | 06.51 Uhr
Debatte um Sterbehilfe - Viele Ärzte für assistierten Suizid
Berlin. Entgegen der offiziellen Meinung von Ärzteverbänden wünschen sich Palliativmediziner eine offene Diskussion in der Sterbehilfe-Debatte.
Von Gregor Mayntz
Ärzte, Schwestern und Pfleger wollen offenbar im Extremfall Sterbenden beim Suizid helfen. Eine bislang unveröffentlichte Umfrage unter 274 Palliativmedizinern in Nordrhein-Westfalen
kommt zu dem Ergebnis, dass das von den Fachverbänden offiziell vertretene Verbot jeder Sterbehilfe durch Ärzte von der Basis nicht geteilt werde.
… (weiter lesen unter) … http://www.rp-online.de/politik/deutsch ... -1.4765026

Würdelose Krankheiten
Palliativmedizin, so sagt der Name, beschirmt; einem Sterbenden wirft sie einen Mantel über - den Mantel der Zuwendung, damit der Kranke sein Sterben bewusster, erträglicher, würdiger erlebt.
Vom Team erfordert Palliativmedizin eine 24-stündige Humanität. Und wenn morgens ein Patient stirbt, ist sein Bett schon bald von einem neuen Patienten belegt.
Von Wolfram Goertz
… (weiter lesen unter) …. http://www.rp-online.de/politik/wuerdel ... -1.4765114
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
https://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de/
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