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Grober Behandlungsfehler - Beweislastumkehr
Verfasst: 31.05.2004, 13:39
von Martina
BGH-Urteil zur Beweislastumkehr bei groben Behandlungsfehlern !
Der BGH hat in einem Urteil entschieden, dass ein grober Behandlungsfehler, der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlichen eingetretenen Art herbeizuführen, grundsätzlich zu einer Umkehr der objektiven Beweislast zwischen dem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden führt.
MfG Martina
Grober Behandlungsfehler - Beweislastumkehr
Verfasst: 02.06.2004, 11:12
von Klaus_Stickl
Hallo Patienten und Patientenvertreter im Forum!
Der Hinweis von Martina ist für Patienten wichtig und nützlich. Inzwischen hat auch die Ärzte Zeitung hat in ihrer Ausgabe vom 28.5.2004 berichtet und getitelt:
„Patientenklagen erleichtert - Ärzte müssen bei Kunstfehlern Beweise erbringen“
Die Ärzte-Zeitung bezieht sich auf einen dpa-Bericht, nachdem der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung für Patienten die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen bei ärztlichen Behandlungsfehlern erleichtert hat (Aktenzeichen: VI ZR 34/03).
In dem fraglichen Urteil vom 27.4.2004 stellte der BGH klar, dass die Beweislastumkehr in Arzthaftungsprozessen grundsätzlich patientenfreundlich gehandhabt werden muss. Danach muss unter bestimmten Voraussetzungen nicht der klagende Patient, sondern der Mediziner Ursachenzusammenhänge bei Behandlungsfehlern beweisen. Wenn im Prozess zwar klar ist, dass dem Arzt ein grober Behandlungsfehler unterlaufen ist, aber offen bleibt, ob dies die Ursache für den Gesundheitsschaden des Patienten war, muss der Arzt Beweise zu seiner Entlastung vorlegen. Gelingt ihm das nicht, ist er zur Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld verpflichtet. Die Beweislast trifft den Arzt selbst dann, wenn einigermaßen unwahrscheinlich ist, dass sein Fehler tatsächlich die Beschwerden des Patienten verursacht hat. Es reiche bereits aus, so der BGH, dass der Behandlungsfehler geeignet sei, den Schaden zu verursachen. Etwas anderes könne nur gelten, wenn es nahezu ausgeschlossen sei, dass der Behandlungsfehler Ursache des Gesundheitsschadens sei (
http://www.aerztezeitung.de/docs/2004/0 ... echt/recht ).
Wenn übrigens die Ärzte Zeitung von „Kunstfehlern“ spricht, ist das nicht mehr passend. Mittlerweile hat sich in Literatur und Rechtsprechung der Ausdruck „Behandlungsfehler“ durchgängig durchgesetzt. Von „Kunstfehlern“ zu sprechen, sollte daher vermieden werden.
Klaus Stickl
Re: Grober Behandlungsfehler - Beweislastumkehr
Verfasst: 02.06.2004, 13:10
von Martina
Hallo Herr Stickl,
erfreulicher Weise liegt mir das BGH-Urteil VI ZR 34/03, verkündet am 27.04.2004, seit gestern vor.
Es ist eine Erleichterung für durch Behandlungsfehler geschädigte Patienten.
MfG Martina
Waffengleichheit durch Umkehr der Beweislast
Verfasst: 03.06.2004, 11:12
von Berti
Hallo Martina,
das Urteil des BGH vom 27.4.2004 ist zu begrüßen. Gleichwohl enthält diese Entscheidung nichts Neues. Denn dass bei einem groben Behandlungsfehler von einer Umkehr der Beweislast auszugehen ist, war bereits seit längerer Zeit ständige Rechtsprechung des BGH (dies wird auch in der Urteilsbegründung ausgeführt). Lediglich einige Obergerichte hatten die Rechtslage hin und wieder ein wenig differenzierter gedeutet. Der BGH hat diese Deutungen verworfen und auf seine Position aufmerksam gemacht und damit - hoffentlich endgültig - für Klarheit gesorgt!
Gruß Berti
Behandlungsfehlervorwürfe - Medienschelte
Verfasst: 06.06.2004, 10:38
von Gast
Medizin: "Öffentlichkeit schadet Fehlermanagement"
Medienschelte für "unseriöse Berichte"
Berlin (pte, 05. Jun 2004 09:35) - In der Medizin rückt neben dem Qualitätsmanagement nun auch vermehrt das Risikomanagement in den Vordergrund. Behandlungsfehler schaden nicht nur den jeweiligen Ärzten, sondern auch dem Ansehen der Klinik und den Krankenkassen, da zusätzliche Kosten entstehen. "Arztfehler festzustellen ist aber nicht Sache der Journalisten", kritisierte Walter Schaffartzik auf dem Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit
http://www.hauptstadtkongress.de. Falsche Darstellungen und schnelle Diagnosen würden Medienberichte unseriös machen, so Schaffartzik, Direktor der Klinik für Anästhesiologie im Unfallkrankenhaus Berlin im Hinblick auf die gestiegene Zahl von Pressemeldungen über Behandlungsfehler. Unterstützung erhielt er von Martin L. Hansis, dem leitenden Arzt und stellvertretenden Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS). "Unangemessene Öffentlichkeitsarbeit hat die gut funktionierende Fehlerkultur zerstört", lautete die Medienschelte.
http://www.mds-ev.org
Das Incident Reporting ist laut Hansis eine "rein interne" Angelegenheit. Dazu sei eine Vertrauensbasis notwendig, die durch Öffentlichkeit verloren gehe, weil die Gesprächsbereitschaft der Mitarbeiter sinke. Für ein wirksames Risikomanagement in Kliniken müssten alle Fehler bzw. Misserfolge und Beinahe-Fehler erfasst werden. "Eine Auflistung der Risken reicht aber nicht", so Hansis, weil dahinter oftmals chronische organisatorische Defizite stünden. "Sind die fehlerhaften organisatorischen Grundmuster einmal identifiziert, lassen sich diese auch wesentlich leichter abstellen", behauptet Hansis. Die Analyse einzelner "medizinischer Phänomene" bringe dagegen nichts.
Ein Urteil des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes (BGH)
http://www.bundesgerichtshof.de vom 27.04.2004 hat die Ärzteschaft auf den Plan gerufen. Demnach führt "ein grober Behandlungsfehler zu einer Umkehr der objektiven Beweislast", wenn der Fehler den tatsächlich eingetretenen Schaden verursachen kann (AZ VI ZR 34/03). Der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, kritisierte die Haftungsrechtsprechung zu Beginn des Hauptstadtkongresses scharf.
Studien haben laut Christine Wohlers, Juristin der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der Norddeutschen Ärztekammern, ergeben, dass die operativen Disziplinen und Operationen die häufigsten Verursacher iatrogener Schäden sind. Bei den nicht-operativen Maßnahmen sei die Pharmakotherapie die häufigste Schadensursache. Daten aus Schlichtungsstellen zufolge gehen die in Gutachten festgestellten Fehler am häufigsten auf die Diagnose zurück. Prozeduale Fehler treten wesentlich seltener als Schäden durch mangelhafte Nachsorge oder Fehlindikationen auf.
http://www.schlichtungsstelle.de
Quelle: Pressetext Deutschland, 5.6.2004
Patienten haben es künftig leichter ...
Verfasst: 15.06.2004, 10:47
von Gast
Patienten haben es künftig leichter, Schadenersatzansprüche durchzusetzen
Arzthaftung: Beweislastumkehr wird zur Regel
von Isabel Clages
Bislang mussten Ärzte nur in Ausnahmefällen den Beweis führen, an einer nicht geglückten Heilung schuldlos gewesen zu sein. Dieses Prinzip hat der Bundesgerichtshof jetzt gekippt. Schon wenn Fehlbehandlung auch nur im Geringsten wahrscheinlich ist, muss der betroffene Arzt seine Unschuld beweisen – oder zahlen,
14.06.04 - Der Bundesgerichtshof (BGH) hat Patienten die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen erleichtert, wenn sie ihren Arzt wegen eines vermuteten ärztlichen Kunstfehlers vor Gericht zerren. Das Karlsruher Gericht stellte klar, dass die so genannte Beweislastumkehr in Arzthaftungsprozessen grundsätzlich patientenfreundlich gehandhabt werden muss (Az.: VI ZR 34/03).
…
Weiter unter
http://www.aerztlichepraxis.de/aktuell/ ... ge/aktuell
Versäumnis führte zur Beweislastumkehr
Verfasst: 15.06.2004, 19:19
von Gast
Ärztlicher Behandlungsfehler: Zu spät getauschter Schrittmacher kostet
Versäumt es ein Arzt, einen zum Austausch vorgesehenen Herzschrittmacher rechtzeitig zu ersetzen (hier setzte er den Operationstermin auf den übernächsten Tag fest; der Patient erlitt zwischenzeitlich einen Zusammenbruch mit bleibenden Folgen), so muß wegen der "fehlerhaften Unterlassung der medizinisch gebotenen Befunderhebung" nicht der Patient die Schuld des Arztes nachweisen. Das Verhalten führt zu einer Umkehr der Beweislast.
Bundesgerichtshof, Az.: VI ZR 428/02
Quelle:
http://www.aerztezeitung.de/docs/2004/0 ... echt/recht
Befund nicht gesichert - Arzt muss haften
Verfasst: 06.07.2004, 11:20
von Gast
Befund nicht gesichert - Arzt muss haften
KÖLN (iss). Verstoßen Ärzte fahrlässig gegen die Pflicht zur Befundsicherung, kann das im Arzthaftpflichtverfahren zur Umkehr der Beweislast führen. Das hat das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) entschieden.
…
Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf, Az.: 8 U 159/01, Beschluß des Bundesgerichtshofs, Az.: VI ZR 76/03.
…
Weiter unter
http://www.aerztezeitung.de/docs/2004/0 ... echt/recht
Re: Grober Behandlungsfehler - Beweislastumkehr
Verfasst: 08.07.2004, 19:15
von Martina
Arzt zahlt für Kunstfehler mit fatalen Folgen
So stand es heute in unserer Tageszeitung "Die Glocke".
Hamm (Inw). Ein Arzt aus OWL muß wegen eines Kunstfehlers einer querschnittsgelähmten Frau 220 000 € Schmerzensgeld zahlen. Das hat am Mittwoch das Oberlandesgricht Hamm entschieden (Az.: 3 U 264/03.
Hier wurde die Frau vor der OP nicht richtig aufgeklärt.
MfG Martina
Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht
Verfasst: 29.12.2004, 11:07
von WernerSchell
Grober Behandlungsfehler – Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht
Urteil des Bundesgerichtshofes vom 16.11.2004, Az: VI ZR 328/03, zur Umkehr der Beweislast bei einem groben Behandlung wegen Verletzung der therapeutischen Aufklärung (Sicherungsaufklärung)
Eine Verletzung der Pflicht des behandelnden Arztes zur therapeutischen Aufklärung (Sicherungsaufklärung), die als grober Behandlungsfehler zu werten ist, führt regelmäßig zu einer Umkehr der objektiven Beweislast für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden, wenn sie geeignet ist, den eingetretenen Schaden zu verursachen; eine Wahrscheinlichkeit für ein Ergebnis einer Kontrolluntersuchung ist in einem solchen Fall nicht erforderlich (Fortführung von BGH, Urteil vom 27. April 2004 - VI ZR 34/03 - VersR 2004, 909, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
Volltext unter
http://www.iww.de/quellenmaterial/abruf.php3?043250
Grober Behandlungsfehler - Beweislastumkehr
Verfasst: 22.05.2005, 13:19
von Gast
.... das BGH-Urteil VI ZR 34/03, verkündet am 27.04.2004, seit gestern vor. ....
Das Urteil des BGH vom 27.04.2004 - VI ZR 34/03 - ist übrigens nachlesbar unter
http://www.rws-verlag.de/bgh-free/vollt ... 102031.htm
Wie schon hier ausgeführt wurde, enthält die BGH-Entscheidung nichts Neues. Die Umkehr der Beweislast bei einem groben Behandlungsfehler ist eigentlich seit vielen Jahren ständige Rechtsprechung. Wichtig ist natürlich, dass der BGH diese Beweisregelung erneut bekräftigt hat!
H.P.
Wann muss der Arzt einen Eingriff abbrechen?
Verfasst: 13.06.2005, 11:09
von Gast
Wann muss der Arzt einen Eingriff abbrechen?
Polypektomien gehören zum Standardprogramm der Koloproktologie und der Gastroenterologie. Darmperforationen können dabei vorkommen. Sie sind nach allgemeiner Meinung auch bei Beachtung des gebotenen ärztlichen Standards nicht sicher zu vermeiden. Darüber muss der Patient aufgeklärt werden. Ist damit alles gesagt? Aus ärztlicher Sicht nicht, aus juristischer schon gar nicht. Dies soll an folgendem – durchaus beispielhaften – Fall dargestellt werden, der eine Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen beschäftigt hat; es handelt sich durchaus nicht um eine Ausnahmesituation.
….
Lesen Sie dazu weiter unter
http://www.laekh.de/HessAerzteblatt/200 ... nrecht.pdf
Ärzte übersahen Selbstmordneigung
Verfasst: 13.08.2005, 09:49
von WernerSchell
Ärzte übersahen bei einer Krankenhauspatientin Selbstmordneigung – Geschädigte Patientin erhielt 250.000 Euro Abfindung
Eine Frau, die wegen der Einnahme einer Überdosis Schlaftabletten ins Krankenhaus gebracht worden war, hatte ein Zimmer unmittelbar in der Nähe des Medikamentenschranks bekommen. Im Krankenhaus versuchte sie erneut, sich das Leben mit Hilfe von Schlaftabletten zu nehmen. Sie gab an, die Pillen aus dem Medikamentenschrank des Krankenhauses genommen zu haben. Die Klinik widersprach dem: Der Schrank sei stets fest verschlossen gewesen. Die Patientin hat von dem Medikamentenmissbrauch bleibende Schäden davongetragen. Sie ist auf den Rollstuhl angewiesen, hat schwere neurologische Störungen und kann weder sprechen noch schreiben. Die Patientin forderte Schadensersatz und bekam zur Vermeidung weiterer gerichtlicher Auseinandersetzungen von der Klinik 250.000 Euro Abfindung. Auf diese Summe hatten sich die Patientin und der Krankenhausträger aus Essen am Oberlandesgericht (OLG) Hamm geeinigt (Az.: 3 U 59/03). Die Richter am OLG werteten es als schweren Behandlungsfehler, dass die Ärzte den Zustand der Patientin nicht hinsichtlich ihrer Suizidneigung überprüft hatten. Sie folgten damit einem Gutachter. Die Frage, woher die Frau die 25 bis 30 Schlaftabletten für ihren zweiten Selbsttötungsversuch genommen hatte, blieb unberücksichtigt.