Medizinische Leitlinien: Wie Patienten die Qualität beurteilen können
fzm - Mediziner legen ihre Behandlungsstandards immer öfter in sogenannten Leitlinien fest. Diese werden im Internet veröffentlicht und sind dort auch für Patienten und ihre Angehörigen einsehbar. Doch kann man den Angaben dort immer vertrauen? "Die Tatsache, dass eine Leitlinie im Internet abrufbar ist, ist leider keine Qualitätsgarantie" warnt Professor Stefan Müller-Lissner von der Park-Klinik Weißensee in Berlin in einem Interview mit der DMW Deutschen Medizinischen Wochenschrift (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2005).
Wie aber können Nicht-Ärzte die Qualität der Leitlinien beurteilen? Professor Müller-Lissner nennt einige Orientierungspunkte: Als erstes sollte man prüfen, ob die Empfehlungen mit Originalliteratur belegt sind. Der Leser sollte also darauf achten, ob der Text Fußnoten enthält und ob diese auf Artikel in medizinischen Fachzeitschriften verweisen. Ein weiteres Qualitätsmerkmal sind Evidenzgrade und Empfehlungsklassen, die im Text erwähnt sein sollten. Evidenzgrade (Ia, Ib, IIa bis IV) sind Gütekriterien für die klinischen Studien, auf die sich die Empfehlungen in einer Leitlinie stützen. Ia und Ib sind hier die besten Werte. Nur diese Studien rechtfertigen die höchste Empfehlungsklasse A ("belegt durch schlüssige Literatur guter Qualität"). Die Empfehlungsklassen B und C sind deutlich schwächer.
Ein weiteres formales Qualitätskriterium ist die Entwicklungsstufe (auch Entwicklungsstadium genannt), die mit S1 bis S3 angegeben wird. Das Optimum ist hier S3 ("Leitlinie mit allen Elementen systematischer Entwicklung"). Für Professor Müller-Lissner sind noch zwei weitere Dinge wichtig. Zum einen: Wer hat die Leitlinien erstellt? Professoren an Universitätskliniken oder unbekannte Personen? Zum anderen sollte jede "gute" Leitlinie ein "Verfallsdatum" haben. Es wird in der Regel am Ende des Dokuments angegeben und soll verhindern, dass längst überholte oder vergessene Leitlinien im Internet Beachtung finden. Professor Müller-Lissner: "Nur das Verfallsdatum kann vermeiden, dass eine Leitlinie unverändert gültig ist, obwohl niemand mehr deren Aktualität prüft".
Die Erstellung einer Leitlinie ist mühsam, wie Prof. Müller-Lissner als Mitautor einer Leitlinie zur Behandlung des krankhaften Sodbrennens (Fachwort: gastro-ösophageale Refluxkrankheit, GERD) zu berichten weiß: "Zuerst formulierten einzelne Arbeitsgruppe mit je fünf Mitgliedern Empfehlungen. Die Manuskripte wurden per E-Mail an alle Teilnehmer verschickt und diskutiert. Die verbliebenen strittigen Punkte klärten wir persönlich an einem Wochenende." Der gesamte Prozess habe etwa ein Jahr gedauert.
Die meisten Leitlinien werden von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften herausgegeben. Sie sind für die Ärzte übrigens nicht bindend. "Der Arzt kann in begründeten Fällen von den Leitlinien abweichen", sagt Professor Müller-Lissner. Doch die Betonung liege auf "begründeten". Denn, so der Mediziner: "Jeder Arzt sollte nur begründbare medizinische Maßnahmen ergreifen, ob mit oder ohne Leitlinie."
n VN. Name et al.:
Medizinische Leitlinien: Neue Leitlinie zur gastro-ösophagealen Refluxkrankheit
DMW Report 2005/2006 2005; 130 (S1): 48-49
Die Einzelhefte sowie die Sonderpublikation "DMW Report 2005 Innere Medizin" sind zum Stückpreis von 12,50 EUR plus Versand zu erwerben (Tel. Kundenservice 0711-8931-900 oder E-Mail kunden.service@thieme.de).
Im Internet:
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF)
http://www.awmf-online.de/
oder
http://leitlinien.net/
Eine "Leitlinie für Leitlinien" der AWMF
http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/ll_metho.htm
Weitere Themen in dem DMW Report 2005/2006 (S1):
- Interview
Regenerative Medizin weckt Hoffnungen
- Reportage
Interventionelle Kardiologie: Techniken, die zu(m) Herze geht
- Hintergrund
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen: Wenn der Darm undicht wird
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Quelle: Mitteilung vom 24.11.2005
Medizinische Leitlinien - Qualitätsbeurteilung der Patienten
Moderator: WernerSchell
Ärzte sollten sich an Leitlinien orientieren
Medizinrecht-Studie: Ärzte sollten sich an Leitlinien orientieren
Freitag, 17. Februar 2006
Bremen - Ärzte sollten sich bei Diagnostik und Behandlung an Leitlinien orientieren: Mediziner, die in der Behandlung unbegründet von solch einer Leitlinie abweichen, können damit einen Behandlungsfehler begehen, für den sie einstehen müssen. Zu diesem Ergebnis kommt Prof. Dr. Dieter Hart vom Institut für Gesundheits- und Medizinrecht der Universität Bremen in einer Studie zum Thema „Rolle von ärztlichen Leitlinien im Medizinrecht“. Gefördert wurde die Studie von der VolkswagenStiftung.
...
Weiter unter
http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=23154
Freitag, 17. Februar 2006
Bremen - Ärzte sollten sich bei Diagnostik und Behandlung an Leitlinien orientieren: Mediziner, die in der Behandlung unbegründet von solch einer Leitlinie abweichen, können damit einen Behandlungsfehler begehen, für den sie einstehen müssen. Zu diesem Ergebnis kommt Prof. Dr. Dieter Hart vom Institut für Gesundheits- und Medizinrecht der Universität Bremen in einer Studie zum Thema „Rolle von ärztlichen Leitlinien im Medizinrecht“. Gefördert wurde die Studie von der VolkswagenStiftung.
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Leitlinien - Entscheidungshilfen für Ärzte und Patienten
Flintrop, Jens
Lexikon: Leitlinien
Deutsches Ärzteblatt 102, Ausgabe 16 vom 22.04.2005, Seite A-1164 / B-976 / C-920
STATUS
Leitlinien werden definiert als systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Ärzte und Patienten, die eine individuelle, angemessene gesundheitliche Versorgung ermöglichen sollen. Leitlinien werden als valide angesehen, wenn durch ihre Befolgung die erwarteten gesundheitlichen und ökonomischen Resultate tatsächlich erzielt werden. Evidenzbasierte Leitlinien werden insbesondere in Disease-Management-Programmen zur qualitätsgesicherten Versorgung chronisch Kranker eingesetzt. ...
Weiter unter
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/art ... p?id=46492
Lexikon: Leitlinien
Deutsches Ärzteblatt 102, Ausgabe 16 vom 22.04.2005, Seite A-1164 / B-976 / C-920
STATUS
Leitlinien werden definiert als systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Ärzte und Patienten, die eine individuelle, angemessene gesundheitliche Versorgung ermöglichen sollen. Leitlinien werden als valide angesehen, wenn durch ihre Befolgung die erwarteten gesundheitlichen und ökonomischen Resultate tatsächlich erzielt werden. Evidenzbasierte Leitlinien werden insbesondere in Disease-Management-Programmen zur qualitätsgesicherten Versorgung chronisch Kranker eingesetzt. ...
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http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/art ... p?id=46492