Patiententestament - subkutan Infusionen - rechtliche Würdigung?
wir haben einen Bewohner mit einem Patiententestament dem es gestern sehr schlecht ging. Er hat zweimal sehr stark erbrochen und war anschließend nicht mehr ansprechbar. Der gerufene Notarzt hatte im EKG Herzrhythmusstörungen festgestellt. Er sprach sich mit den Angehörigen ab weil er der Meinung war das der Bewohner sterben wird. Gab ihm Morphium damit er keine Schmerzen hat. Im Patiententestament ist vermerkt dass der Bewohner keine lebensverlängernde Maßnahmen wünscht. Keine PEG und kleine Krankenhauseinweisung soll vorgenommen werden.
Der Notarzt war der Meinung das der Bewohner jederzeit sterben kann aber auch das sich sein Zustand jederzeit wieder stabilisieren kann. Im Laufe des Nachmittags blieb der Zustand des Bewohners unverändert. Am Abend ging es dem Bewohner etwas besser. In der Nacht verschlechterte sich der Zustand wieder dramatisch, der herbeigerufene Bereitschaftsarzt schrieb in die Patienten Dokumentation, Präfinales Stadium Bewohner nicht mehr ansprechbar, keine Medikamente, kein Sauerstoff, keine Infusionen mehr.
Heute Morgen war Bewohner wieder voll ansprechbar, reagierte auf Ansprache das es ihm wieder gut geht. Außer dass er sehr verschleimt ist ging es ihm gut.
Der Bereitschaftsarzt der nachts hier war hat auf dem Medikamenten Blatt keine Medikamente abgesetzt. Der Bewohner hat laut Hausärztin zweimal täglich 500 ml subkutane Infusionen eingetragen.
Nun war die Sachlage eine andere als in der Nacht als der Bereitschaftsarzt den Bewohner gesehen hat.
Ich habe dem Bewohner eine subkutane Infusion angelegt nach dem sich der Zustand des Bewohners stabilisiert hatte. Ein Kollege ist der Meinung dass der Bewohner gar nichts mehr bekommen sollte. Weil der Bereitschaftsarzt das so eingetragen hat.
Wäre der Bewohner heute Morgen im gleichen Zustand gewesen das mit seinem Ableben zu rechnen gewesen wäre hätte ich ihm keine Infusion mehr gegeben. Aber ich kann keinen Bewohner der ansprechbar ist und der Allgemeinzustand wesentlich verbessert ist ohne Flüssigkeitszufuhr einfach liegen lassen. Wer hat nun recht mein Kollege oder ich?
Ärztliche Anordnung und Versorgungsgebot?!
Moderator: WernerSchell
Patientenverfügung - im Zweifel pro Lebensschutz!
Anni:
.... Im Patiententestament ist vermerkt dass der Bewohner keine lebensverlängernde Maßnahmen wünscht. Keine PEG und kleine Krankenhauseinweisung soll vorgenommen werden.
Der Notarzt war der Meinung das der Bewohner jederzeit sterben kann aber auch das sich sein Zustand jederzeit wieder stabilisieren kann. ...
Hallo Anni,
zunächst sollten wir sprachlich von einer Patientenverfügung - und nicht von Patietentestament - ausgehen. Eine solche Patientenverfügung ist immer dann und solange hilfreich, wie sie klare Anweisungen enthält. Ob dies im vorliegenden Falle so war, kann ich nicht beurteilen. Man müsste genau wissen, was der Bewohner aufgeschrieben hat.
Grundsätzlich ist die Beachtung einer Patientenverfügung wohl immer dann geboten, wenn der konkrete Sachverhalt mit den Anweisungen überein stimmen. Dies kann oft von Not- und Bereitschaftsärzten nie so richtig eingeschätzt werden. Daher wird deren Handeln weitgehend darin bestehen, lebenserhaltende Maßnahmen in den Vordergrund zu stellen. Wenn ich nun lese, dass der Notarzt meinte, der Zustand könne sich jederzeit bessern, kann ich nicht von einem Sterbeprozess ausgehen. Der Notarzt hat wohl keine klare Einschätzung vornehmen können! Daher waren aus meiner Sicht alle Maßnahmen geboten, die dem Ziel einer Besserung dienten - und nichts anderes.
Bevor jedoch abschließend diskutiert wird, müßte man die genauen Formulierungen in der Patientenverfügung kennen. Dass sich insoweit Ungereimtheiten ergeben können, ist die Crux bei solchen Texten. Wenn es in solchen Situationen zu Missdeutungen kommt, sollten sich alle Beteiligten Klarheit verschaffen.
Ich sehe jedenfalls keine Verpflichtung, an Anordnungen mitzuwirken, die rechtlich nicht akzeptabel sind. Das Unterlassen von ggf. notwendigen Maßnahmen ist möglicherweise strabar. An strafbaren Handlungen (durch Unterlassen) muss aber niemand mitwirken.
MfG
Dirk
.... Im Patiententestament ist vermerkt dass der Bewohner keine lebensverlängernde Maßnahmen wünscht. Keine PEG und kleine Krankenhauseinweisung soll vorgenommen werden.
Der Notarzt war der Meinung das der Bewohner jederzeit sterben kann aber auch das sich sein Zustand jederzeit wieder stabilisieren kann. ...
Hallo Anni,
zunächst sollten wir sprachlich von einer Patientenverfügung - und nicht von Patietentestament - ausgehen. Eine solche Patientenverfügung ist immer dann und solange hilfreich, wie sie klare Anweisungen enthält. Ob dies im vorliegenden Falle so war, kann ich nicht beurteilen. Man müsste genau wissen, was der Bewohner aufgeschrieben hat.
Grundsätzlich ist die Beachtung einer Patientenverfügung wohl immer dann geboten, wenn der konkrete Sachverhalt mit den Anweisungen überein stimmen. Dies kann oft von Not- und Bereitschaftsärzten nie so richtig eingeschätzt werden. Daher wird deren Handeln weitgehend darin bestehen, lebenserhaltende Maßnahmen in den Vordergrund zu stellen. Wenn ich nun lese, dass der Notarzt meinte, der Zustand könne sich jederzeit bessern, kann ich nicht von einem Sterbeprozess ausgehen. Der Notarzt hat wohl keine klare Einschätzung vornehmen können! Daher waren aus meiner Sicht alle Maßnahmen geboten, die dem Ziel einer Besserung dienten - und nichts anderes.
Bevor jedoch abschließend diskutiert wird, müßte man die genauen Formulierungen in der Patientenverfügung kennen. Dass sich insoweit Ungereimtheiten ergeben können, ist die Crux bei solchen Texten. Wenn es in solchen Situationen zu Missdeutungen kommt, sollten sich alle Beteiligten Klarheit verschaffen.
Ich sehe jedenfalls keine Verpflichtung, an Anordnungen mitzuwirken, die rechtlich nicht akzeptabel sind. Das Unterlassen von ggf. notwendigen Maßnahmen ist möglicherweise strabar. An strafbaren Handlungen (durch Unterlassen) muss aber niemand mitwirken.
MfG
Dirk
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Ärztliche Anordnung grundsätzlich verbindlich
Hi Anni,Anni hat geschrieben:... Ich habe dem Bewohner eine subkutane Infusion angelegt nach dem sich der Zustand des Bewohners stabilisiert hatte. Ein Kollege ist der Meinung dass der Bewohner gar nichts mehr bekommen sollte. Weil der Bereitschaftsarzt das so eingetragen hat. ...
die denke, dass die Vorgehensweise im Interesse des Bewohners erfolgte und im Ergebnis in Ordnung geht. Allerdings können sich rechtliche Fragen ergeben!
Anordnungen der Ärzte sind für das nichtärztliche Personal im Grunde verbindlich. Eigenmächtige Abweichungen sind daher - streng rechtlich gesehen - nicht zulässig. Es wäre daher folgerichtig gewesen, angesichts der veränderten Situation beim Bewohner eine neue ärztliche Beurteilung / Entscheidung einzuholen.
Da aber offensichtlich die vorausgegangenen ärztlichen Einschätzungen nicht korrekt waren, Dirk hat das schon beschrieben, kann man eine Situation annehmen, die dazu ermächtigte, nahezu notfallmäßig Stabilisierungsmaßnahmen zu ergreifen. Nichtärztliches Personal kann nicht dazu verpflichtet sein, rechtswidrig zu handeln (ggf. durch Unterlassung). Gab es vielleicht sogar, für die Infusion ärztliche Vorgaben, die das diesbezügliche Vorgehen juristisch rechtfertigen können (in der Form einer sog. Bedarfsmedikation)? Insoweit könnte die Eintragung der Hausärztin verstanden werden. Man müsste diese Anordnung / Eintragung genau bewerten - wahrscheinlich trägt sie juristisch das Vorgehen! Man könnte davon ausgehen, dass der Bereitschaftsarzt diese Anordnung - wenn überhaupt - nur vorübergehend außer Kraft gesetzt hat. Die "neue Lage" sollte auf jeden Fall schnellstmöglich mit der Hausärztin erörtert werden. Vielleicht gibt es weitere Handlungsnotwendigkeiten!!!
Wollte der Kollege, den Bewohner einfach unversorgt lassen? Nichts tun? Ein Schlaumeier, im Nachhinein große Töne zu spucken!
Gruß
Herbert Kunst
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de
Ok ich habe vielleicht versäumt den Bereitschaftsarzt nochmals zu informieren. Sah darin aber keine Notwendigkeit da er nur im Berichteblatt den aktuellen Zustand des Bew. in der Nacht beschrieben hatte. Wie schon gesagt auf dem Medikamentenblatt waren die Med. nicht abgesetzt. Somit auch die Bedarfsinfusionen s.c. bei weniger Flüssigkeitsaufnahme als 800 ml. Nach dieser Anordnung habe ich gehandelt.
Der Bew. war auch heute morgen Ansprechbar, hat geredet und hatte Besuch von seinen Angehörigen. Er hat getrunken und gegessen. Die Kollegen haben ihm gestern nichts mehr gegeben gehabt, nur die Nachtwache hat ihm Tee zum Trinken gegeben.
Der Bew. war auch heute morgen Ansprechbar, hat geredet und hatte Besuch von seinen Angehörigen. Er hat getrunken und gegessen. Die Kollegen haben ihm gestern nichts mehr gegeben gehabt, nur die Nachtwache hat ihm Tee zum Trinken gegeben.
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Aktuelle ärztliche Beurteilung erforderlich
Hi Anni,anni hat geschrieben:.... Der Bew. war auch heute morgen Ansprechbar, hat geredet und hatte Besuch von seinen Angehörigen. Er hat getrunken und gegessen. Die Kollegen haben ihm gestern nichts mehr gegeben gehabt, nur die Nachtwache hat ihm Tee zum Trinken gegeben.
ausgegangen war die Diskussion um die juristische Bewertung der Patientenverfügung - Anwendung ja oder nein?
Ich denke, dass der Zustand des Bewohners möglicherweise weit von dem entfernt ist, was er in seiner Verfügung beschrieben hat. Den genauen Text müßte man sich ansehen!!!!
Anscheinend ist aber von einem Sterbeprozess nicht mehr die Rede. M.E. muss der behandelnde Arzt informiert und veranlasst werden, eine genaue Diagnostik vorzunehmen. Erst dann kann aktuell vernünftig und menschenwürdig therapiert / gepflegt werden.
Gruß
Herbert Kunst
Für menschenwürdige Pflege sind wir alle verantwortlich! - Dazu finde ich immer wieder gute Informationen unter http://www.wernerschell.de
Als nach den Feiertagen die Hausärztin wieder da war, war es keine Frage sie hat dem Bewohner sofort Antibiotika verschrieben, auch die Gabe von O2 wurde sofort wieder gegeben. Auch sie sah den Zustand nicht als Präfinales Stadium. Erst 4 Tage später hat sich der Zustand des Bew. so verschlechtert das er dann am Abend bei mir verstorben ist.