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Datenschutz bei Betreuungsverhältnissen

Verfasst: 18.05.2007, 06:58
von Presse
Datenschutz bei Betreuungsverhältnissen

Im Rahmen von Betreuungsverhältnissen fallen eine Vielzahl sensibler Daten der Betreuten an, die eines besonderen Schutzes bedürfen. Auf der anderen Seite benötigt ein Betreuer, der den Betroffenen rechtlich vertritt, Informationen zum Beispiel über ärztliche oder therapeutische Behandlungen und rechtsgeschäftliche Handlungen der Betreuten, um in deren Interesse tätig werden zu können. Gesetzliche Regelungen, welche die Übermittlung von Daten an Betreuer regeln, fehlen. Die nachfolgenden FAQ erläutern allgemeine Grundsätze, unter denen die Weitergabe der Daten Betreuter (nicht) zulässig sind.

Dürfen medizinische Daten an gesetzliche Betreuer übermittelt werden?
Die Weitergabe personenbezogener Daten Betreuter, die ärztlich behandelt werden, an gerichtlich bestellte (gesetzliche) Betreuer i.S. von §§ 1896 ff. BGB ist zulässig, soweit die zuerst Genannten bei bestehender natürlicher Einsichtsfähigkeit in die Behandlung und die Übermittlung der Daten eingewilligt haben.

Müssen Betreute geschäftsfähig sein, um wirksam einwilligen zu können?
Die Einwilligung in eine ärztliche Maßnahme ist ein höchstpersönliches Geschäft, sie ist keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung. Das gilt auch für therapeutische oder andere medizinische Behandlungen. Für die Wirksamkeit der Einwilligung kommt es nicht auf die Geschäftsfähigkeit der Betreuten, sondern auf ihre Einwilligungsfähigkeit i.S. einer natürlichen Einsichts- und Steuerungsfähigkeit an. Einwilligungsfähig ist, wer Art, Bedeutung und Tragweite der Maßnahme – nach entsprechender Aufklärung und Beratung – zu erfassen und seinen Willen hiernach zu bestimmen vermag. Ist das der Fall, können die Betreuten nicht nur in eine ärztliche oder therapeutische Maßnahme, sondern auch in die Weitergabe von Informationen aus der jeweiligen Behandlung einwilligen.

Muss für den Betreuer ein entsprechender Aufgabenkreis vorgesehen sein?
Erklären die Betreuten ihre Einwilligung in die ärztliche Maßnahme und die Weitergabe der Daten, bedarf es keines besonderen Aufgabenkreises des Betreuers, z.B. Sorge für die Gesundheit, Heilbehandlung oder medizinische Maßnahmen im Rahmen der ambulanten Eingliederungshilfe.

Welche Konsequenz hat die verweigerte Einwilligung des Betreuten?
Bei bestehender Einsichtsfähigkeit ist weder eine ärztliche Maßnahme noch die Offenbarung von personenbezogenen Daten aus dem Behandlungsverhältnis an den Betreuer zulässig, sofern der Betroffene keine Einwilligung erteilt hat.

Wie ist bei nicht einsichtsfähigen Betreuten zu verfahren?
Sind Betreute nicht einsichtsfähig, können sie auch nicht in ärztliche oder sonstige medizinische Maßnahmen einwilligen. Hier bedarf es der Bestellung eines Betreuers i.S. von §§ 1896 ff. BGB und der Übertragung eines entsprechenden Aufgabenkreises. Über die Aufgabenkreise Sorge für die Gesundheit oder Heilmaßnahmen hinaus kommen "alle Angelegenheiten" oder Personensorge in Betracht. Der Betreuer willigt dann als gesetzlicher Vertreter in die jeweilige Maßnahme ein. Ob damit auch seine Befugnis verbunden ist, um Auskunft über die Behandlung zu ersuchen, ist nicht eindeutig geklärt, da entsprechende gesetzliche Regelungen fehlen. Mit der Einwilligung in die ärztliche Maßnahme dürfte jedoch als Annex des entsprechenden Aufgabenkreises die Befugnis des Betreuers verbunden sein, stellvertretend für den Betreuten Auskunft über die ärztlichen oder sonstige medizinische Maßnahmen zu ersuchen. Auf ein solches Begehren um Auskunft können ihm die erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt werden.

Wie ist zu entscheiden, wenn die Einsichtsfähigkeit nicht eindeutig zu klären ist?
Soweit die Einsichtsfähigkeit der Betreuten unklar ist, ist die Weitergabe von ärztlichen oder medizinischen Informationen an den Betreuer unzulässig. Da ein förmliches Verfahren zur Klärung der Einwilligungskompetenz nicht vorgesehen ist, ist eine Stellungnahme des behandelnden (oder eines neutralen) Arztes einzuholen. Das Vormundschaftsgericht kann bei Eingriffen, die unterhalb der Schwelle der Regelung des § 1904 BGB liegen, nicht eingeschaltet werden. Bleibt die Einwilligungsfähigkeit zweifelhaft, reicht die Einwilligung des Betreuers nicht aus, selbst wenn der Aufgabenkreis die medizinische Betreuung ist. Widerspricht der Betreute der ärztlichen oder sonstigen medizinischen Maßnahme, so hat sie zu unterbleiben. Das gilt auch für die Weitergabe von Informationen an den Betreuer.

Wann ist die Geschäftsfähigkeit der Betreuten von Bedeutung?
Ist ein rechtsgeschäftliches Handeln der Betreuten notwendig, z.B. indem sie Sozialhilfe, Rente oder Arbeitslohn beantragen, Forderungen gegenüber Behörden, Banken, Krankenkassen oder Unternehmen geltend machen, einen Wohnungsmietvertrag kündigen usw., kommt es für die Wirksamkeit ihrer Willenserklärungen auf deren Geschäftsfähigkeit an. Die Bestellung eines Betreuers und dessen Vertretungsmacht gemäß § 1902 BGB hat keinen Einfluss auf die Geschäftsfähigkeit, so dass Betreute weiterhin rechtlich selbstständig handeln können, falls sie nicht nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig und ihre Erklärungen daher nach § 105 BGB unheilbar nichtig sind, oder nach § 1903 BGB ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden ist. Auf diese Weise kann es bei geschäftsfähigen Betreuten zu einander widersprechenden Rechtsgeschäften kommen. Um das zu verhindern, benötigt der Betreuer Informationen über das Handeln der Betroffenen. Zudem ist er gemäß § 1901 BGB an das Wohl und die Wünsche des Betreuten gebunden, so dass der Betreuer dem eigenen rechtsgeschäftlichen Handeln des Betreuten den Vorrang einräumen muss und sein Handeln als Vertreter auf die Fälle beschränkt, in denen dieser aus tatsächlichen Gründen nicht selbst tätig werden kann. Das kann sich auch aus der Verpflichtung des Betreuers ergeben, zu der Besserung einer Krankheit oder Behinderung des Betreuten beizutragen (§ 1901 Abs. 3 BGB). Aus diesem Rehabilitationsauftrag des Betreuers kann insbesondere auch die Pflicht folgen, die Selbstständigkeit des Betreuten zu fördern. Diesen Anforderungen kann er nur gerecht werden, wenn er Auskunft über das rechtsgeschäftliche Handeln der Betroffenen erhält. Voraussetzung ist jedoch, dass ihm ein entsprechender Aufgabenkreis übertragen worden ist, dem als Annex ein Auskunftsanspruch nachfolgt.

Welche Aufgabenkreise kommen für die Betreuung in Betracht?
Zu denken ist an die Vermögenssorge, die Regelung von Behörden- oder Wohnungsangelegenheiten, Aufenthaltsbestimmung oder ähnliche Aufgabenkreise. Widerspricht jedoch der geschäftsfähige Betreute der Weitergabe der Informationen, kommt deren Übermittlung an den Betreuer gleichwohl nicht in Betracht.

Welche Folge hat die Geschäftsunfähigkeit des Betreuten?
Bei geschäftsunfähigen Betroffenen ist der Betreuer im Rahmen des Aufgabenkreises der gesetzliche Vertreter. Willenserklärungen des Betroffenen sind nichtig (§ 105 Abs. 1 BGB). Seine Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr ist nur durch den Betreuer möglich (§ 1903 BGB). Daher bedarf auch dieser der Information über das Handeln des Betroffenen, um im Interesse und zu dessen Wohl die erforderlichen rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen abgeben zu können.

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Herr Hämmer
Der Landesbeauftragte für den Datenschutz Niedersachsen
Brühlstraße 9
30169 Hannover
Telefon 0511-120 4500
Fax 0511-120 4599
E-Mail an Ansprechpartner schreiben:
poststelle@lfd.niedersachsen.de

Quelle: http://www.lfd.niedersachsen.de/master/ ... 60,00.html

Zur
Herausgabe von Unterlagen über ärztliche Behandlungen an gerichtlich bestellte Betreuer
siehe unter https://www.datenschutzzentrum.de/mediz ... treter.htm