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4. Armuts- und Reichtumsbericht - Arbeit gegen Armut

Verfasst: 07.03.2013, 07:41
von Service
4. Armuts- und Reichtumsbericht - 2013
Arbeit schützt am besten vor Armut

Gedruckt ist er fast 500 Seiten lang und so schwer wie früher das Telefonbuch. Sein Inhalt ist von großem Gewicht: Der 4. Armuts- und Reichtumsbericht gibt einen Überblick über die Lebenslagen in Deutschland. Der Befund ist überwiegend positiv.

Der Arbeitsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt. Mehr als 41 Millionen Menschen sind erwerbstätig. Die Arbeitslosigkeit ist auf den niedrigsten Stand seit Anfang der 90er Jahre gesunken.
Die Bundesregierung hat den 4. Armuts- und Reichtumsbericht nun beschlossen. Seine Kernbotschaft lautet: Arbeit ist das wichtigste Mittel gegen Armut.
Arbeit verbessert die Teilhabechancen für alle Haushaltsmitglieder, gerade für Kinder. Ob Kinder arm sind, hängt vor allem davon ab, ob ihre Eltern Arbeit haben. Deshalb profitieren besonders Kinder von der positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt.
Im Blickpunkt des Berichts steht die soziale Mobilität: Wie können Lebenslagen verändert und gesellschaftliche Teilhabe verbessert werden? Denn Armutsrisiken werden nicht als feste Größe sondern als veränderbarer Prozess betrachtet. Der Schwerpunkt liege nicht auf statischen, "sondern auf den dynamischen Größen, also auf der Frage: Was schafft den sozialen Aufstieg?", sagte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen bei der Vorstellung des Berichts.

Einkommen sind gewachsen
Die Erwerbstätigkeit ist mit mehr als 41 Millionen auf dem höchsten, die Arbeitslosigkeit mit aktuell 6,8 Prozent auf einem Tiefstand seit der Wiedervereinigung. Die Arbeitslosenquote Jugendlicher ist mit 5,9 Prozent die niedrigste innerhalb der Europäischen Union. Die Langzeitarbeitslosigkeit reduzierte sich um 40 Prozent auf aktuell 1,06 Millionen Arbeitslose.
Mit dem Abbau der Arbeitslosigkeit gab es auch eine Trendwende in der Entwicklung der Einkommen: Die verfügbaren Jahreseinkommen der privaten Haushalte sind von 2005 bis 2010 um durchschnittlich 700 Euro gestiegen. Davon haben vor allem die Einkommensschwächeren profitiert.
Die im Oktober 2012 veröffentlichten Daten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigen: Die Schere zwischen Arm und Reich hat sich nicht weiter geöffnet. Sie geht sogar leicht zusammen. "Aktuell ist das Auseinanderdriften der Einkommen gestoppt. Das ist auch den guten Tarifabschlüssen zu verdanken", so die Bundesarbeitsministerin.

Armutsrisiko ist nicht gestiegen
Ein Mensch gilt dann als von Armut bedroht, wenn er mit weniger als 60 Prozent des mittleren Haushalts-Nettoeinkommens der Gesamtbevölkerung auskommen muss.
Das Armutsrisiko in Deutschland liegt mit 15,8 Prozent unter dem Durchschnitt in der Europäischen Union (16,9 Prozent). "Wir stehen im internationalen Vergleich sehr gut da. Wir gehören zu den Staaten, die am stärksten die Ungleichheit der Einkommen durch Steuern und Sozialtransferleistungen ausgleichen", so von der Leyen.
Die Einkommens- und Vermögenssituation Älterer ist überdurchschnittlich gut. Nur rund 2,6 Prozent der über 65-Jährigen beziehen Grundsicherung, gegenüber 8,9 Prozent der Gesamtbevölkerung.

Den sozialen Aufstieg ermöglichen
Von 2007 bis 2012 sank die Zahl der unter 15-Jährigen, die Grundsicherung erhielten, von 1,89 auf 1,63 Millionen. Dies zeigt: Kinder profitieren von der positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt.
Kinder von Eltern, die bildungsfern oder langzeitarbeitslos sind, haben ein hohes Risiko, selbst ungelernt zu bleiben und nicht dauerhaft erwerbstätig zu sein. "Erwerbstätigkeit ist die bester Armutsprävention", bilanzierte von der Leyen die Befunde des 4. Armuts- und Reichtumsberichts.
Die Bundesregierung wird auch in Zukunft dafür sorgen, dass sich Armutsrisiken nicht verfestigen. Die Möglichkeiten zum sozialen Aufstieg in Deutschland müssen noch weiter verbessert werden.

Armuts- und Reichtumsbericht:
Gemäß der Beschlüsse des Bundestages vom 27. Januar 2000 und 19. Oktober 2001 muss die Bundesregierung jeweils zur Mitte der Legislaturperiode einen Armuts- und Reichtumsbericht (ARB) vorlegen. Der Bericht wird unter Federführung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales erstellt. Dabei werden alle Organisationen und Verbände, die sich mit dem Thema befassen, verbindlich beteiligt.

Der 4. ARB umfasst grundsätzlich den Zeitraum 2007 bis einschließlich 2011, nach verfügbarer Datenlage bis einschließlich 2012. Er besteht aus einer Kurzfassung sowie einer Langfassung mit ausführlichen Analysen.

Der Bericht untersucht die verschiedenen Lebenssituationen (zum Beispiel Arbeit, Bildung, Gesundheit). Er ist auf die einzelnen Lebensphasen (frühe Jahre, junges Erwachsenenalter) und Übergangsphasen (Schuleintritt, Berufseinstieg) konzentriert. Zeitreihen mit Kernindikatoren aus früheren Berichten werden fortgeschrieben.

Quelle: Mitteilung vom 06.03.2013
http://www.bundesregierung.de/Content/D ... cht-4.html

Kontext
4. Armuts- und Reichtumsbericht (PDF)
http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads ... cationFile
Daten, Analysen und Botschaften zum Armuts- und Reichtumsbericht (PDF)
http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads ... cationFile
Einkommensverteilung in Deutschland (PDF)
http://www.diw.de/documents/publikation ... 2-43-1.pdf

Armuts- und Reichtumsbericht - Hofberichterstattung

Verfasst: 07.03.2013, 07:43
von Presse
Armuts- und Reichtumsbericht: Paritätischer Wohlfahrtsverband kritisiert Hofberichterstattung der Bundesregierung

Berlin (ots) - Als peinliche Hofberichterstattung kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband den aktuellen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Für zukünftige Berichte fordert der Verband die Einsetzung einer unabhängigen Expertenkommission.

"Das Geeiere der Bundesregierung um die Verabschiedung des Armutsberichtes kann nur noch als lächerliches Possenspiel bezeichnet werden. Dem bereits im September von Frau von der Leyen vorgelegten Bericht wurden durch den FDP-Vorsitzenden Rösler sämtliche Zähne gezogen. Was übrig bleibt, ist im Wesentlichen peinliche Hofberichterstattung, mit der die Maßnahmen der Bundesregierung wahlkampftauglich in ein möglichst gutes Licht gerückt werden sollen", kritisiert Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. "Wenn zuvor kritisierte Armutslöhne jetzt sogar als politischer Erfolg gewertet werden, ist dies an Peinlichkeit kaum noch zu übertreffen."

Als eine ehrliche Bestandsaufnahme könne dieser Bericht nicht angesehen werden. Er mache vielmehr deutlich, dass es Zeit sei, die Armutsberichterstattung in gänzlich neue Hände zu legen. "Benötigt wird ein unabhängiger Expertenbericht frei von wahl- und parteitaktischen Einflüssen", so Schneider. Der Paritätische fordert als Konsequenz für künftige Berichte die Einsetzung einer unabhängigen, regierungsexternen Expertenkommission.

Quelle: Pressemitteilung vom 06.03.2013 Paritätischer Wohlfahrtsverband
Pressekontakt: Gwendolyn Stilling, Tel. 030/24636305, E-Mail: pr@paritaet.org

Ganztagsbetreuung ausbauen – Kinderarmut senken

Verfasst: 07.03.2013, 07:46
von Presse
Presseinformation vom 06.03.2013

Armutsbericht / DRK-Präsident Seiters: Ganztagsbetreuung ausbauen – Kinderarmut senken

Kinder sind deutlich stärker armutsgefährdet als die Gesamtbevölkerung. Das geht aus dem heute im Kabinett vorgelegten 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung hervor. DRK-Präsident Dr. Rudolf Seiters appelliert an Bund, Länder und Gemeinden, deutlich in den Ausbau der Ganztagsbetreuung zu investieren.

DRK-Präsident Dr. Rudolf Seiters: „Jedes fünfte Kind ist armutsgefährdet – das liegt auch an unserem Bildungssystem. Es verschärft die Benachteiligungen von schlechter gestellten Familien. Deshalb brauchen wir einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsbetreuungsplatz für Kinder ab einem Jahr. Die Wahrscheinlichkeit, später ein Gymnasium zu besuchen würde sich dadurch für alle Kinder erhöhen – für Kinder von Alleinerziehenden sogar von 36 auf 62 Prozent.“

Eine Studie des IW Köln im Auftrag von Bundesfamilienministerium und Deutschem Roten Kreuz aus dem Jahr 2012 hat gezeigt, dass ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsbetreuungsplätzen 110.000 Alleinerziehende in Arbeit bringen könnte. Damit wären auch die Bildungschancen von 175.000 Kindern besser abgesichert.

Zur Senkung der Kinderarmut setzt sich das DRK auch für den Ausbau von Ganztagsschulen und ein flächendeckendes Angebot der Schulsozialarbeit ein.

Das Deutsche Rote Kreuz betreibt bundesweit rund 1.300 Kindertagesstätten mit mehr als 93.000 Plätzen.

Ansprechpartner
DRK-Pressestelle

Dr. Dieter Schütz
Tel. 030 85404 158
schuetz@drk.de

Stephanie Krone
Tel. 030 85 404 161
krones@drk.de

Weitere Presseinformationen finden Sie unter http://www.drk.de/presseinfo

Hier geht es zur DRK-Homepage
http://www.drk.de

Armutsbericht - Dramatik des Berichts verpufft

Verfasst: 07.03.2013, 07:48
von Presse
Caritas-Präsident Neher: Entsetzt über Art und Weise, wie der Armutsbericht veröffentlicht wird/ Dramatik des Berichts verpufft

Bonn (ots) - Bonn/Freiburg, 6. März 2013 - Peter Neher hat das das Gezerre um den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung heftig kritisiert. "Ich bin relativ entsetzt über die Art und Weise, wie dieser Armuts- und Reichtumsbericht veröffentlicht wird", sagte der Präsident des deutschen Caritasverbandes im PHOENIX-Interview. Es hätte einen Entwurf gegeben, der dann korrigiert und in mehreren Lesungen beraten wurde, bis er schließlich ins Kabinett ging. "Die Kraft dieses Berichtes und die Dramatik, mit der er auf die Armuts- und Reichtumssituation in unserem Land hinweist, verpufft damit. Man hat fast das Gefühl, es ist politisch gewollt, dass dieser Bericht eigentlich nur häppchenweise zur Kenntnis genommen wird. Bis er dann endlich ganz da ist, dass ihn eigentlich niemanden mehr interessiert." Der Bericht dürfe nicht einfach ad acta gelegt werden.
"Wir müssen aus den Ergebnissen ins Handeln kommen."

Quelle: Pressemitteilung vom 06.03.2013 PHOENIX
Pressekontakt: PHOENIX-Kommunikation
Pressestelle
Telefon: 0228 / 9584 190
Fax: 0228 / 9584 198
pressestelle@phoenix.de

Armutsbericht: Bundesregierung soll handeln statt vertuschen

Verfasst: 07.03.2013, 07:50
von Presse
Armutsbericht: Bundesregierung soll handeln statt vertuschen

Berlin (ots) - Zur Beratung des 4. Armuts- und Reichtumsberichts im Bundeskabinett erklärt der Präsident des Sozialverband SoVD Adolf
Bauer: Der Armutsbericht zeigt trotz Schönfärberei: Niedriglöhne, prekäre Beschäftigung und ein deutlicher Anstieg der Armutsgefährdungsquote sind alarmierende Signale. Zudem legt der Bericht die spürbaren Folgen des einschneidenden Abbaus sozialstaatlicher Leistungen offen. Versuche, den Ernst der Lage weich zu zeichnen, sind zum Scheitern verurteilt. Die Angst vor Armut reicht in Deutschland längst bis in die Mitte der Gesellschaft. Die Bundesregierung darf die Augen vor der sozialen Realität nicht verschließen. Sie muss jetzt die Fakten ernst nehmen und handeln.
Nötig ist ein überarbeiteter Armutsbericht, der den notwendigen Handlungsbedarf genau beschreibt. Dann bestünde ein solides Fundament für wirksame Gegenmaßnahmen. Insbesondere ein Programm gegen soziale Ausgrenzung und für mehr Verteilungsgerechtigkeit gehört auf die Tagesordnung. V.i.S.d.P.: Benedikt Dederichs

Quelle: Pressemitteilung vom 06.03.2013 SoVD Sozialverband Deutschland
via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_43645.rss2

Pressekontakt: Benedikt Dederichs
SoVD-Bundesverband
Pressestelle
Stralauer Str. 63
10179 Berlin
Tel.: 030/72 62 22 129/ Sekretariat -123
Fax: 030/72 62 22 328
E-Mail: pressestelle@sovd.de

Armutsbericht: Prävention soll es richten

Verfasst: 07.03.2013, 07:54
von Presse
Armutsbericht: Prävention soll es richten
Der 4. Armuts- und Reichtumsbericht stellt in der Gesundheitspolitik keine neuen gesetzgeberischen Initiativen in Aussicht.
mehr »
http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=834 ... aft&n=2572

Kabinett verabschiedet umstrittenes Papier Armutsbericht – das schwarz-gelbe Ärgernis
VON DANA SCHÜLBE - zuletzt aktualisiert: 06.03.2013 - 14:18
Berlin (RPO). Es ist der wohl umstrittenste Bericht, den das schwarz-gelbe Kabinett in dieser Legislaturperiode verabschiedet hat:
der Armutsbericht. Grund dafür sind Änderungen, die die FDP durchgesetzt hat. Doch was steht eigentlich in dem Bericht drin?
... (mehr) http://www.rp-online.de/politik/deutsch ... -1.3238552

Armutsbericht - Tauziehen beendet

Verfasst: 07.03.2013, 12:35
von Presse
Kabinett billigt nach monatelangem Tauziehen Armutsbericht
Nach monatelangem Tauziehen hat das Bundeskabinett den Armuts- und Reichtumsbericht gebilligt. Eigentlich
sollte dieser ein Bild zeichnen über die Wohlstandsentwicklung in Deutschland. Doch die Inhalte sind angesichts ... »
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/5 ... utsbericht

15,8 % der BundesbürgerInnen 2010 armutsgefährdet

Verfasst: 27.03.2013, 08:59
von Presse
15,8 % der Bevölkerung Deutschlands waren 2010 armutsgefährdet, EU-weit waren es 16,9 %

Wiesbaden (ots) - Der Anteil der armutsgefährdeten Menschen an der Bevölkerung lag in Deutschland im Einkommensbezugsjahr 2010 bei 15,8 % und damit unter dem EU-Durchschnitt von 16,9 %. Dies teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis von Daten des europäischen Statistikamtes Eurostat mit.

Nach EU-Definition gilt eine Person als armutsgefährdet, wenn ihr Einkommen nach Einbeziehung staatlicher Transferleistungen weniger als 60 % des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung eines Landes beträgt. In Deutschland lag der Schwellenwert für Armutsgefährdung im Jahr 2010 für eine alleinlebende Person bei 11 426 Euro im Jahr, das entspricht 952 Euro im Monat.

Zu den EU-Ländern mit den niedrigsten Armutsgefährdungsquoten zählten mehrere Nachbarstaaten Deutschlands: So wies die Tschechische Republik mit 9,8 % die EU-weit niedrigste Quote auf, gefolgt von den Niederlanden (11,0 %) und Österreich (12,6 %). Die höchsten Quoten gab es in Bulgarien (22,3 %), Rumänien (22,2 %), Spanien (21,8 %) und Griechenland (21,4 %). In Kroatien, das in wenigen Monaten der EU beitritt, lag die Armutsgefährdungsquote bei 21,1 %.

Um die Einkommensungleichheit zu untersuchen, wird das einkommensstärkste Fünftel der Bevölkerung mit dem einkommensschwächsten Fünftel verglichen. In Deutschland war das Einkommen des obersten Fünftels im Jahr 2010 insgesamt 4,5-mal so hoch wie das des untersten Fünftels. Im EU-Schnitt lag dieser Wert bei 5,1. Die EU-Staaten mit hohen Armutsgefährdungsquoten hatten 2010 auch eine ausgeprägte Einkommensungleichheit: In Spanien war der Wert mit 6,8 am höchsten, gefolgt von Lettland (6,6) und Bulgarien (6,5).
Eine vergleichsweise ausgeglichene Einkommensverteilung hatten die Tschechische Republik und Slowenien (jeweils 3,5).

Diese Ergebnisse stammen aus der europaweiten Erhebung EU-SILC
2011 und sind in der Datenbank von Eurostat online abrufbar ( ec.europa.eu/eurostat ).

Die vollständige Pressemitteilung (inklusive PDF-Version) mit Tabelle sowie weiteren Zusatzinformationen und -funktionen, ist im Internet-Angebot des Statistischen Bundesamtes unter http://www.destatis.de/presseaktuell zu finden.

Weitere Auskünfte geben:

Bettina Mertel, EDS Europäischer Datenservice Telefon: (0611) 75-9410, www.destatis.de/kontakt

Silvia Deckl, EU-SILC

Telefon: (0611) 75-8697, www.destatis.de/kontakt

Erläuterung zur Berechnung der Armutsgefährdung aus EU-SILC

EU-SILC (englisch: Community Statistics on Income and Living
Conditions) ist die EU-weit vergleichbare Datenquelle über Einkommen, Armut und Lebensbedingungen in Europa. Für die Statistik gelten in allen Mitgliedstaaten einheitliche Definitionen sowie methodische Mindeststandards. Die amtliche Erhebung, deren Durchführung und Aufbereitung den Mitgliedstaaten obliegt, wird in Deutschland mit LEBEN IN EUROPA bezeichnet.

Ein Kernindikator, der aus EU-SILC ermittelt wird, ist die Armutsgefährdungsquote. Sie gibt an, wie hoch der Anteil der armutsgefährdeten Personen an der Gesamtbevölkerung ist. Zur Berechnung der Armutsgefährdungsquote wird zunächst das von allen Haushaltsmitgliedern tatsächlich erzielte Haushaltseinkommen des Vorjahres herangezogen (bei EU-SILC 2011 bezieht sich das Haushaltseinkommen auf das Jahr 2010). Es setzt sich zusammen aus dem Einkommen aus selbstständiger und unselbstständiger Erwerbstätigkeit, dem Einkommen aus Vermögen, Renten und Pensionen sowie empfangenen laufenden Transfers - wie zum Beispiel Arbeitslosengeld, Sozialhilfe oder Kindergeld. Direkte Steuern und Sozialbeiträge sind abgezogen.
Dieses Haushaltseinkommen wird auf die Personen des Haushalts nach einem Gewichtungsschlüssel (Äquivalenzskala) verteilt, der unterschiedliche Haushaltsstrukturen berücksichtigt sowie den Umstand, dass Personen in einem Haushalt durch das Zusammenleben Einspareffekte bei den laufenden Kosten erzielen.

Die Äquivalenzskala weist jeder Person im Haushalt ein Gewicht zu.
Die erste erwachsene Person bekommt stets das Gewicht 1. Jede weitere Person erhält ein Gewicht, das die Größenordnung des Mehrbedarfs berücksichtigen soll, der durch diese Person entsteht: Weitere Erwachsene und Kinder ab 14 Jahren erhalten das Gewicht 0,5, Kinder unter 14 Jahren das Gewicht 0,3. So ergibt sich bei einer Familie mit zwei Kindern beispielsweise das Gesamtgewicht 2,1. Das verfügbare Haushaltseinkommen wird nun durch die Summe der Gewichte dividiert.
Das so ermittelte Einkommen der Personen wird als "bedarfsgewichtetes Äquivalenzeinkommen" bezeichnet und jeder Person im Haushalt als persönliches Äquivalenzeinkommen zugeschrieben. Zu beachten ist, dass es sich beim Äquivalenzeinkommen um eine fiktive Rechengröße handelt.

Um das mittlere Einkommen zu ermitteln, wird der Median
(Zentralwert) verwendet. Dabei werden die Personen ihrem Äquivalenzeinkommen nach aufsteigend sortiert. Der Median ist der Einkommenswert derjenigen Person, die die Bevölkerung in genau zwei Hälften teilt. Das heißt, die eine Hälfte hat mehr, die andere weniger Einkommen zur Verfügung. 60 % dieses Medianwertes stellen den Schwellenwert für Armutsgefährdung dar.

Quelle: Pressemitteilung vom 27.03.2013 Statistisches Bundesamt
Rückfragen an obigen Ansprechpartner oder an:
Statistisches Bundesamt
Telefon: (0611) 75-3444
E-Mail: presse@destatis.de

Quote der „Working Poor“ gestiegen

Verfasst: 28.04.2013, 06:24
von Presse
Quote der „Working Poor“ gestiegen

(Quelle: WSI) Seit den Hartz-Reformen hat die Armut bei Menschen mit und ohne Job in Deutschland stark zugenommen. Dabei stieg der Anteil der "Working Poor" zuletzt erneut an, während die Armutsquote unter Arbeitslosen auf hohem Niveau leicht rückläufig war. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Auswertung aus dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI).
Die Zahl der Erwerbstätigen dürfte in diesem Jahr einen neuen Rekordstand erreichen. Doch die Nachrichten vom Arbeitsmarkt seien nicht uneingeschränkt positiv, betont WSI-Forscher Dr. Eric Seils: "Der Anteil der Armen in der deutschen Erwerbsbevölkerung ist heute deutlich höher als 2004. Das gilt sowohl für Beschäftigte als auch für Arbeitslose."
Der Sozialwissenschaftler hat die neuesten verfügbaren Zahlen aus der EU-weiten Erhebung von Armutsdaten ausgewertet. 2010 waren laut EU-Statistikbehörde Eurostat in Deutschland 7,7 Prozent der Erwerbstätigen von Armut bedroht. Das heißt, ihnen standen weniger als 60 Prozent des mittleren bedarfsgewichteten Nettoeinkommens zur Verfügung - das ist die gängige wissenschaftliche Schwelle der "Armutsgefährdung". In Deutschland liegt sie für einen Alleinstehenden bei 952 Euro im Monat. Von 2009 auf 2010 erhöhte sich die Quote der "Working Poor" um 0,6 Prozentpunkte. Im Vergleich zu 2004 ist sie um 2,9 Prozentpunkte oder fast 38 Prozent gestiegen. Im Durchschnitt der EU lag der Anteil der armutsgefährdeten Erwerbstätigen laut Eurostat 2010 bei 8,9 Prozent, das ist der gleiche Wert wie 2004. Im Mittel des Euroraums nahm die Quote seit 2004 um 1,4 Prozentpunkte zu. Der überdurchschnittliche Anstieg führte dazu, dass Deutschland bei der Arbeitsarmut mittlerweile im europäischen Mittelfeld liegt. Die niedrigsten Quoten wiesen 2010 Finnland, Belgien und die Tschechische Republik mit rund vier Prozent auf. Die höchsten Anteile verzeichneten Rumänien (18,7 Prozent), Spanien (12,2 %) und Griechenland (11,9%)
Die Quote der von Armut bedrohten Arbeitslosen sank in Deutschland von 2009 auf 2010 um gut zwei Prozentpunkte auf 67,7 Prozent. Damit blieb sie aber weiterhin auf dem mit Abstand höchsten Niveau in der EU, wo der Durchschnitt bei rund 46 Prozent liegt. Zudem ist der Anteil der armutsgefährdeten Arbeitslosen in der Bundesrepublik immer noch um 26 Prozentpunkte höher als 2004.
Dies habe mit der vierten Hartz-Reform zu tun, erklärt WSI-Forscher Seils. Langzeitarbeitslose seien seit der Abschaffung der Arbeitslosenhilfe schlecht gegen Armut abgesichert. Nach einem Jahr - einer im Vergleich zu etlichen Nachbarländern relativ kurzen Frist - erhalten Arbeitslose kein einkommensabhängiges Arbeitslosengeld I (ALG I) mehr, sondern nur noch das niedrigere ALG II als Grundsicherung. Und das reiche oft nicht mehr, um das Haushaltseinkommen über der Armutsgrenze zu halten. Da die Langzeitarbeitslosen vom Beschäftigungsaufbau der vergangenen Jahre am wenigsten profitiert haben, fielen sie statistisch zunehmend ins Gewicht, so Seils: "Der Anstieg des Armutsrisikos unter Arbeitslosen stellt gewissermaßen die Schattenseite der in den vergangenen Jahren gesunkenen Arbeitslosigkeit dar."
Außerdem sieht der Sozialwissenschaftler einen deutlichen Zusammenhang zwischen Arbeits- und Arbeitslosenarmut: "Wer bereits in Beschäftigung arm war, wird es als Arbeitsloser erst recht sein." Sei es, weil das Einkommen so niedrig war, dass schon das ALG I unter der Grundsicherungsgrenze liegt. Oder weil ein prekär Beschäftigter mit unterbrochenem Erwerbsverlauf nicht lange genug am Stück beschäftigt war, um überhaupt einen Anspruch auf die Versicherungsleistung zu haben.
Die Hälfte aller deutschen Arbeitslosen hat laut Seils 2010 sogar weniger als 793 Euro im Monat zur Verfügung gehabt (siehe Interview mit dem Forscher; Link unten). Das entspricht 50 Prozent des mittleren nationalen Einkommens und markiert die Schwelle, unter der Menschen von der Industrieländerorganisation OECD als "arm" bezeichnet werden. Auch dieser Wert ist nach Seils´ Auswertung der höchste in der EU. Gut 19 Prozent der Menschen ohne Job sind in der Bundesrepublik sogar von "strenger Armut" (weniger als 40 Prozent des mittleren Einkommens) betroffen. Bei diesem statistischen Merkmal rangiert die Bundesrepublik im Mittelfeld der EU-Staaten. Überdurchschnittlich hoch ist die Quote der Arbeitslosen in "strenger Armut" in den baltischen Staaten, Rumänien und Bulgarien, aber auch in Italien, Griechenland und Spanien. Besonders niedrig ist die Quote von Arbeitslosen in "strenger Armut" in Dänemark und den Niederlanden, auch Belgien und Frankreich weisen relativ niedrige Werte aus.

Interview mit dem Forscher: http://www.boeckler.de/16034_42743.htm

Quelle: Mitteilung vom 27.04.2013
Verband Kirchlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Rheinland-Westfalen-Lippe
Weißenburger Straße 12
44135 Dortmund
Tel.: 0231/ 579743
Fax: 0231/ 579754
E-Mail: info@vkm-rwl.de