Heime dürfen höhere Pflegestufe erzwingen

Gesundheitswesen, Krankenhaus- und Heimwesen, Katastrophenschutz, Rettungsdienst, Arzneimittel- und Lebensmittelwesen, Infektionsschutzrecht, Sozialrecht (z.B. Krankenversicherung, Pflegeversicherung) einschl. Sozialhilfe und private Versorgung

Moderator: WernerSchell

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Gisela_Meyerhofen

Heime dürfen höhere Pflegestufe erzwingen

Beitrag von Gisela_Meyerhofen » 12.09.2005, 11:21

Heime dürfen vor den Sozialgerichten höhere Pflegestufe erzwingen

Heimträger dürfen auch gegen den erklärten Willen von Heimbewohnern sozialgerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen, um eine höhere Pflegestufe zu erzwingen. Das entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel am 01.09.2005 (Az.: B 3 P 9/04 R und B 3 P 4/04 R) und widersprach damit anders lautenden Urteilen der Vorinstanzen.
Beim Erfolg einer solchen Klage müssen nicht nur die Pflegekassen, sondern zumeist auch die Patienten mehr Geld für die Pflege ausgeben. Bei einer Höherstufung von Pflegestufe II auf III wird die Betreuung im Heim um rund 500 Euro pro Monat teurer, von denen jedoch nur gut 150 Euro von der Pflegeversicherung übernommen werden.
„Selbstverständlich haben Heimträger Anspruch auf eine leistungsgerechte Vergütung, den sie im Klageweg geltend machen können“, sagte der Senatsvorsitzende des BSG in der Urteilsbegründung. „Alles andere wäre grundgesetzwidrig.“ Allerdings dürfe ein Gerichtsverfahren nicht über die Köpfe der betroffenen Versicherten hinweg entschieden werden. Die Heimbewohner, um deren Pflegestufe es gehe, oder ihre Angehörigen müssten vom Gericht zugezogen werden.
Die Einstufung eines Pflegebedürftigen in eine der drei Pflegestufen bestimmt sich nach dem Umfang des Hilfebedarfs bei der so genannten Grundpflege (Körperpflege, Ernährung, Mobilität) und bei der hauswirtschaftlichen Versorgung im häuslichen Umfeld. Es spielt keine Rolle, wie groß der Aufwand ist, den Pflegeheime darüber hinaus für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen und soziale Betreuung aufwenden. Die Pflegestufe ist der entscheidende Maßstab für die Festlegung der Pflegekasse, nach der sich die Vergütung für die Heime richtet.
Wie viel Zeit für die Grundpflege täglich erforderlich ist, wird vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) ermittelt. Dessen Gutachten sind Grundlage für die Einstufung durch die Pflegeversicherungen. Nach der Entscheidung des BSG können nicht nur die Versicherten, sondern auch die Heime die Festsetzung der Pflegestufe juristisch anfechten. Deutschlandweit leben rund 600 000 Menschen in Pflegeheimen.
Beim Erfolg einer solchen Klage müssen nicht nur die Pflegekassen, sondern zumeist auch die Patienten mehr Geld für die Pflege ausgeben. Bei einer Höherstufung von Pflegestufe II auf III wird die Betreuung im Heim um rund 500 Euro pro Monat teurer, von denen jedoch nur gut 150 Euro von der Pflegeversicherung übernommen werden.

Siehe auch unter    http://www.bundessozialgericht.de/      

Gast

Heime dürfen höhere Pflegestufe erzwingen

Beitrag von Gast » 15.09.2005, 16:03

Heime können für eine höhere Pflegeklasse ihrer Bewohner streiten
Betreuungsbedarf wegen Demenz bleibt allerdings bei der Berechnung außen vor

KASSEL (mwo). Pflegeheime können aus eigenem Recht die Höherstufung eines Bewohners bei der Pflegeversicherung betreiben, wie kürzlich das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschieden hat (wir berichteten). Allerdings wird bei der Berechnung der Pflegestufe und -klasse demenzbedingter Betreuungsbedarf weiterhin nicht berücksichtigt.

Weiter unter
http://www.aerztezeitung.de/docs/2005/0 ... tik/pflege

Lesen Sie dazu auch den Kommentar:
Eine kluge Entscheidung
http://www.aerztezeitung.de/docs/2005/0 ... 0a0204.asp

Gast

Rehabilitation vor Pflege mit Vorrang!

Beitrag von Gast » 17.09.2005, 12:16

Das Urteil des BSG vom 1.9.2005 erscheint korrekt und vernünftig. Was aber steckt dahinter:
Die Heime stellen es z.T. geschickt darauf ab, die Pflegestufen ihrer Heimbewohner möglichst hoch eingestuft zu bekommen, weil das mehr Geld in die Kasse bringt. Die Heime sollten eigentlich alles daran setzen, eine Herabstufung durch Rehabilitation anzustreben. Denn im SGB XI ist aus gutem Grund festgeschrieben, dass Rehabilition vor Pflege geht. Leider ein Grundsatz, der in der Praxis nicht oder kaum Beachtung findet. So gesehen ist das Urteil des BSG ein völlig falsches Signal.

Christofer

Gast

Rehabilitation vor Pflege mit Vorrang!

Beitrag von Gast » 18.09.2005, 16:50

... Die Heime sollten eigentlich alles daran setzen, eine Herabstufung durch Rehabilitation anzustreben. Denn im SGB XI ist aus gutem Grund festgeschrieben, dass Rehabilition vor Pflege geht. Leider ein Grundsatz, der in der Praxis nicht oder kaum Beachtung findet. So gesehen ist das Urteil des BSG ein völlig falsches Signal. ....
Dem stimme ich voll zu. In vielen Heimen wird nicht rehabilitiert: Dazu fehlt dem Personal die Zeit, Verbesserungen bezüglich der Pflegebedürftigkeit werden aus kaufmännischer Sicht von den Leitungsorganen meist nicht erwünscht! Siehe "Abgezockt und totgepflegt".
Ich weiß, wovon ich Rede!!

Lilu

Gast

Höherstufung des Bewohners

Beitrag von Gast » 20.09.2005, 09:59

Bundessozialgericht: Heimträger steht Klageweg gegen Pflegekassen offen
VDAB: Höherstufung des Bewohners bleibt mit hohem Aufwand verbunden

Pflegeheime können künftig eigenständig und unmittelbar gegen die Pflegekasse eine Leistungsklage vor den Sozialgerichten auf Zahlung der Pflegeversicherungsleistungen nach einer höheren Pflegeklasse erheben. Im Rahmen des Gerichtsverfahrens sei die Pflegeeinstufung des beizuladenden Versicherten zu prüfen, so die Richter des 3. Senats des Bundessozialgerichtes in ihrer Entscheidung vom 1. September 2005 (B 3 P 9/04 R).
Notwendig, so das Bundessozialgericht, sei das eigenständige Klagerecht der Heime deswegen, da Pflegebedürftige an einer höheren Einstufung aufgrund des damit verbundenen höheren finanziellen Eigenanteils häufig nicht interessiert seien, dies trotz gestiegenem Pflegeaufwand. Die Einstufung eines Pflegebedürftigen in eine der drei Pflegestufen bestimme sich nach dem Umfang des täglichen Hilfebedarfs bei der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung im häuslichen Umfeld. Neben der allgemeinen Pflege hätten die Pflegeheime, so das Gericht, auch für die medizinische Behandlungspflege und die soziale Betreuung der Bewohner zu sorgen. Beide letztgenannten Bereiche spielten jedoch für die Einordnung wie auch Höherstufung in eine der drei Pflegestufen keine Rolle. Dieser Bedarf sei allerdings in die Pflegesätze einzukalkulieren und, sofern marktgerecht, auch durchsetzbar.
Eine solche marktgerechte Vergütung der Leistungen der medizinischen Behandlungspflege und sozialen Betreuung, wie die Richter es vorsehen, setze voraus, so der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e.V. (VDAB), dass diese definiert sind. „Der Gesetzgeber steht in der Pflicht. Er muss endlich klar vorgeben, was ein Pflegeheim an medizinischer Behandlungspflege und sozialer Betreuung zu leisten hat und was demgemäß auch vergütet wird.“
„Zu Recht erhält das Pflegeheim jetzt erstmalig die Möglichkeit, seine Mehrleistungen an Pflege vor Gericht einzuklagen und im Erfolgsfall durch eine Höherstufung des Bewohners auch vergütet zu bekommen“, wertet Michael Schulz, Geschäftsführer des VDAB, das Urteil. Bisher seien den Pflegeheimen ohne Mitwirkung des jeweiligen Heimbewohners weitgehend die Hände gebunden gewesen. „Diese unbefriedigende Situation ist jetzt gelöst, wenn auch der aufwendige Klageweg dazwischen geschaltet wurde. Zu prüfen ist, ob sich diese Entscheidung auch auf den ambulanten Bereich ausweiten läßt. Vieles spricht dafür.“ Der VDAB erwartet für die Zukunft zahlreiche Verfahren und entsprechende Mehrkosten. Für die Pflegeversicherung können dadurch höhere Ausgaben entstehen.
Nach Auffassung des VDAB ist durch die Beiladung des Versicherten vor Gericht zwar klargestellt, dass dieser die neue Pflegestufe gegen sich gelten lassen müsse, wohl aber sei eine konkrete Zahlungsverpflichtung des Bewohners nicht Gegenstand einer sozialgerichtlichen Verhandlung. Diese müsste im Bedarfsfall zivilrechtlich umgesetzt werden.

Quelle: Pressemitteilung vom 9.9.2005
VDAB Bundesgeschäftsstelle Essen
Im Teelbruch 132
45219 Essen
Nicole Meermann
Pressereferentin
Tel.: 02054.9578-15
Fax: 02054.9578-40
Mail: nicole.meermann@vdab.de
Internet: http://www.vdab.de

Gast

Psychische Betreuung Demenzkranker

Beitrag von Gast » 12.10.2005, 22:39

Psychische Betreuung Demenzkranker begründet keine höhere Pflegeklasse

Kassel (mee). Die Einstufung in eine höhere Pflegeklasse ist nicht möglich, wenn der erhöhte Pflegeaufwand allein aus der medizinischen Behandlungspflege und der sozialen Betreuung resultiert, so das Bundessozialgericht (BSG) in zwei Urteilen vom 1. September 2005 (Az.: B3P4/04R und Az.: B3P9/04R). In beiden Fällen ging es um die Klage eines Pflegeheimträgers gegen eine Pflegekasse auf Zahlung des Differenzbetrages des Kostenanteils der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III zu dem bereits gezahlten Anteil nach der Pflegestufe II. Die festgesetzte Pflegestufe II hatte nach Meinung der Klägerin nicht den tatsächlichen Pflegeaufwand gedeckt, da die Versicherte in erhöhtem Maße psychischer Betreuung bedurfte und teilweise von zwei Pflegekräften gleichzeitig versorgt werden musste.
Die Klage wurde als unbegründet abgewiesen. Die Zuordnung zu einer höheren Pflegeklasse scheide aus, wenn der erhöhte Pflegeaufwand allein wegen der medizinischen Behandlungspflege und der sozialen Betreuung notwendig ist, so die Begründung. Allein entscheidend für die Zumessung einer Pflegestufe seien die Verrichtungen nach § 14 SGB XI. Lediglich Veränderungen des pflegerischen Aufwandes bei den dort genannten Verrichtungen rechtfertigten eine Anpassung der Pflegestufe.

Fragen? Bitte wenden Sie sich an Oliver Aitcheson, Tel.: 02054 / 95 78-11, Fax: 02054 / 95 78-40, oliver.aitcheson@vdab.de.

Quelle: Newsletter vom 12.10.2005
Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e.V.

kay
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Registriert: 11.10.2005, 02:34

Heime dürfen höhere Pflegestufe erzwingen

Beitrag von kay » 22.10.2005, 02:18

Psychische Betreuung Demenzkranker begründet keine höhere Pflegeklasse ...
das ist schon der hammer oder ?!
was macht es denn für einen unterschied
ob ich einen pflegemehrbedarf aus physischen
oder psychischen gründen habe ?

kann mir das jemand verständlich machen ?

Gast

Pflegestufe bei psychischen Problemen?!

Beitrag von Gast » 22.10.2005, 11:28

.... was macht es denn für einen unterschied, ob ich einen pflegemehrbedarf aus physischen oder psychischen gründen habe? kann mir das jemand verständlich machen?....
Hallo Kay,
dass man psychische Probleme mit ihrem besonderen Betreuungsbedarf anders einstuft als körperliche Probleme, ist leider so im SGB XI angelegt. Man hat seinerzeit die Pflegeversicherung geschaffen mit der Maßgabe, Aufsichtsbedarf "außen vor" zu lassen - aus Kostengründen. Mittlerweile sieht man klar die Fehlentwicklung, fürchtet aber eine Kostenlawine, wenn mandie Unterscheidung redaikal aufheben würde.
Akzeptabel ist die Unterscheidung m.E. nicht, sie muss überwunden werden. Es gibt auch im politischen Raum Ansätze für entsprechende Veränderungen.
Nur - es muss immer wieder auf die Ungerechtigkeit hingewiesen werden. Wir brauchen mehr Fussek´s - auch für eine verbesserte Ausgestaltung der Pflegeversicherung!! Ohne "Trommelfeuer" in Richtung Politik geht es offensichtlich nicht. Dabei muss auch, um maches deutlich werden zu lassen, polarisiert werden!
MfG
Dirk

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