BGH klärt Begriff "medizinisch notwendig"

Gesundheitswesen, Krankenhaus- und Heimwesen, Katastrophenschutz, Rettungsdienst, Arzneimittel- und Lebensmittelwesen, Infektionsschutzrecht, Sozialrecht (z.B. Krankenversicherung, Pflegeversicherung) einschl. Sozialhilfe und private Versorgung

Moderator: WernerSchell

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Gast

BGH klärt Begriff "medizinisch notwendig"

Beitrag von Gast » 30.07.2003, 22:45

Mit seinem Urteil vom 12.3.2003 hat der BGH eine wegweisende Klärung zum Begriff "medizinisch notwendig" geschaffen. Insbesondere die Ausführungen in der Urteilsbegründung haben Bedeutung für die Privatmedizinaber auch für die gesundheitspolitische Diskussion über das Ausmaß der Rationierung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Der BGH hält zum Begriff "medizinisch notwendig" in privaten Versicherungsverträgen unter anderem fest: "Medizinisch" bezieht sich ....... auf "notwendig". Dieser sprachliche Zusammenhang macht bei verständiger Lektüre deutlich, daß die Notwendigkeit der Heilbehandlung allein aus medizinischer Sicht zu beurteilen ist..........Der durchschnittliche Versicherungsnehmer versteht wohl, daß ihm nicht die Kosten für jede beliebige Behandlungsmaßnahme erstattet werden, sondern nur für eine solche, die objektiv geeignet ist, sein Leiden zu heilen, zu bessern oder zu lindern. Daß darüber hinaus der Versicherer seine Leistungspflicht nur auf die preiswerteste Behandlungsmethodebeschränken will erschließt sich dem Versicherungsnehmer hingegen nicht. Aus seiner Sicht verliert eine medizinisch anerkannte Heilmethode das qualifizierte Merkmal "notwendig" im Einzelfall nicht deshalb, weil sie teurer ist als eine nach Einschätzung des Versicherers gleichwertige, aber kostengünstigere Behandlung." Der BGH kann zu diesem Urteil nur beglückwünscht werden, da hierdurch die Patientenrechte gestärkt und die Täuschungsmanöver in der gesundheitspolitischen Argumentation entlarvt werden. Ab sofort können Gesundheitspolitiker der Lüge und Patiententäuschung bezichtigt werden, wenn sie weiterhin behaupten, in der Krankenversicherung werde "alles medizinisch Notwendige" geleistet. Denn der BGH hat damit klargestellt: Wer das "medizinisch Notwendige" verspricht, muß auch eine vom Patienten gewünschte teuere und damit vielleicht "unwirtschaftliche" Behandlung bezahlen. Gerade das tut die GKV angesichts das immer bedeutsamer werdenden "Wirtschaftlichkeitsgebotes" jedoch nicht.
BGH AZ.: IV ZR 278/01

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