Steuerfreiheit von Trinkgeldern - Abklärungen sinnvoll

Arbeits- und Arbeitsschutzrecht, Allgemeine Rechtskunde (einschließlich Staatsrecht), Zivilrecht (z.B. Erbrecht)

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WernerSchell
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Steuerfreiheit von Trinkgeldern - Abklärungen sinnvoll

Beitrag von WernerSchell » 29.01.2017, 07:47

Gemäß § 3 Nr. 51 EStG sind "Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist" regelmäßig lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei. Mit dem Urteil VI R 37/14 vom 18. Juni 2015 hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass die Steuerbefreiung auch dann gilt, wenn die Trinkgelder in eine gemeinsame Kasse eingezahlt und vom Arbeitgeber aufbewahrt werden. Die Pressemitteilung zum Urteil ist unten angefügt. Dieses Urteil gibt nach einer Mitteilung der Unternehmensberatung Wißgott, Fachberatung für Pflegeeinrichtungen, Getreidering 3, 29308 Winsen (Aller) - http://www.uw-b.de - vom 21.12.2015 vielen Pflegeeinrichtungen eine gewisse Rechtssicherheit. Dazu gibt die Unternehmensberatung den Hinweis: "Lassen Sie sich dennoch vom Steuerberater Ihres Vertrauens dahingehend beraten, welche Summen noch den Trinkgeldbegriff erfüllen und ab wann von Trinkgeld nicht mehr wirklich die Rede sein kann. Grundsätzlich raten wir an, den Umgang mit Trinkgeldern im Arbeitsvertrag bzw. einem Anhang dazu genau zu regeln."

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Steuerfreiheit von Trinkgeldern

Mit Urteil vom 18. Juni 2015 VI R 37/14 hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass freiwillige Zahlungen von Spielbankkunden an die Saalassistenten einer Spielbank für das Servieren von Speisen und Getränken steuerfreie Trinkgelder i.S. des § 3 Nr. 51 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sein können. Die Steuerfreiheit entfällt nicht dadurch, dass der Arbeitgeber als eine Art Treuhänder bei der Aufbewahrung und Verteilung der Gelder eingeschaltet ist.

Im Streitfall war der Kläger als eine Art Kellner mit dem Bedienen der Spielbankkunden betraut. Er war nicht Teil des spieltechnischen Personals, wie etwa die Croupiers (Kassierer). Im Gehaltstarifvertrag wurden die freiwilligen Zuwendungen von Besuchern der Spielbank an die Saalassistenten als Trinkgelder bezeichnet, die arbeitstäglich zu erfassen und ausschließlich zugunsten der Saalassistenten zu verwenden sind. Die Saalassistenten erhielten aus dem Aufkommen monatlich vorab einen pauschalen Anteil, der Restbetrag wurde nach einem festgelegten Punktesystem von der Spielbank auf diese verteilt. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, es handele sich dabei nicht um steuerfreies Trinkgeld i.S. des § 3 Nr. 51 EStG. Das Finanzgericht schloss sich dieser Auffassung an und wies die Klage ab.

Der BFH hat das Urteil der Vorinstanz hinsichtlich der Behandlung der freiwilligen Zahlungen der Spielbankkunden aufgehoben und entschieden, dass es sich hierbei um steuerfreie Trinkgelder i.S. des § 3 Nr. 51 EStG handelt. Mit der Entscheidung knüpft der VI. Senat des BFH an seine bisherige Rechtsprechung zum Trinkgeldbegriff an. So stellt er darauf ab, dass es sich bei den von den Spielbankkunden neben dem Rechnungsbetrag gegebenen Geldern um freiwillige Zahlungen handelt, auf die kein Rechtsanspruch bestand. Denn der Tarifvertrag regelte lediglich die Verteilung und Auskehrung der bereits geleisteten Trinkgelder durch die Spielbank. Der BFH urteilte, dass der Streitfall nicht mit den bereits vom VI. Senat des BFH entschiedenen, das spieltechnische Personal betreffenden, sog. Tronc-Fällen vergleichbar ist. Denn, anders als in den Tronc-Fällen, liegt im Streitfall eine typische persönliche und unmittelbare Leistungsbeziehung zwischen den Saalassistenten und den Spielbankkunden vor. Es besteht gerade kein gesetzliches Trinkgeldannahmeverbot, wie es für Croupiers gilt, vgl. § 11 Abs. 1 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken in Berlin. Zudem sei auch die Zuwendung eines Dritten gegeben, wie es der Trinkgeldbegriff voraussetzt. Die Einschaltung der Spielbank als eine Art Treuhänder bei der Verteilung der Gelder stehe dem nicht entgegen, vielmehr sei dieses Verteilungssystem vergleichbar mit einer "Poolung von Einnahmen".

Urteil des Bundesfinanzhofes vom 18.06.2015 - VI R 37/14 -
Urteilsschrift abrufbar unter > http://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin ... linked=urt

Quelle: Pressemitteilung des Bundesfinanzhofes Nr. 64 vom 23. September 2015
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