Elternunterhalt - Heranziehung der Kinder durch Sozialhilfe
Moderator: WernerSchell
Elternunterhalt - Heranziehung der Kinder durch Sozialhilfe
Elternunterhalt - Heranziehung des unterhaltspflichtigen Kindes durch den Sozialhilfeträger
Der für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat hat entschieden, unter welchen Voraussetzungen der Sozialhilfeträger, der einem im Heim lebenden Elternteil Sozialleistungen erbracht hat, von dessen Kindern eine Erstattung seiner Kosten verlangen kann.
Die Klägerin, Trägerin der öffentlichen Hilfe, nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht auf Zahlung von Elternunterhalt für seine 1935 geborene Mutter in Anspruch. Die Mutter, die sich seit April 2005 in einem Pflegeheim befindet, litt schon während der Kindheit des Beklagten an einer Psychose mit schizophrener Symptomatik und damit einhergehend an Antriebsschwäche und Wahnideen. Sie hat den Beklagten nur bis zur Trennung und Scheidung von ihrem damaligen Ehemann im Jahr 1973 - mit Unterbrechungen wegen zum Teil längerer stationärer Krankenhausaufenthalte - versorgt. Seit spätestens 1977 besteht so gut wie kein Kontakt mehr zwischen dem Beklagten und seiner Mutter.
Der Beklagte wendet zum einen Verwirkung wegen verspäteter Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs durch den Sozialhilfeträger und u. a. wegen Fehlverhaltens seiner Mutter ein. Da sie ihn als Kind nie gut behandelt habe, würde es zum anderen eine unbillige Härte bedeuten, wenn er gegenüber dem Sozialhilfeträger kraft Rechtsübergangs für den Unterhalt der Mutter aufkommen müsste.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt. Mit seiner Revision begehrt der Beklagte Abweisung der Klage.
Die Revision des Beklagten blieb erfolglos. Der Unterhaltsanspruch ist nicht verwirkt.
Eine Verwirkung wegen verspäteter Geltendmachung scheitert bereits am hier nicht erfüllten Zeitmoment, wonach der Gläubiger seinen Anspruch nur dann verliert, wenn er sein Recht längere Zeit- mindestens ein Jahr - nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre. Hier hat sich die Behörde durchgängig um die Realisierung des auf sie übergangenen Unterhaltsanspruchs bemüht. Deshalb durfte sich der Beklagte auch nicht darauf einrichten, dass die Klägerin ihr Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (so genanntes Umstandsmoment).
Weiter hat der Senat entschieden, dass eine psychische Erkrankung, die dazu geführt hat, dass der pflegebedürftige Elternteil der früheren Unterhaltsverpflichtung seinem Kind gegenüber nicht gerecht werden konnte, nicht als ein schuldhaftes Fehlverhalten im Sinne des § 1611 BGB mit der Konsequenz eines Anspruchsverlustes betrachtet werden kann.
Wegen der vom Gesetz geforderten familiären Solidarität rechtfertigen die als schicksalsbedingt zu qualifizierende Krankheit der Mutter und deren Auswirkungen auf den Beklagten es nicht, die Unterhaltslast dem Staat aufzubürden. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der Lebenssachverhalt auch soziale bzw. öffentliche Belange beinhaltet. Das ist u. a. der Fall, wenn ein erkennbarer Bezug zu einem Handeln des Staates vorliegt. Eine solche Konstellation lag der Senatsentscheidung vom 21. April 2004 (XII ZR 251/01 - FamRZ 2004, 1097) zugrunde, in der die psychische Erkrankung des unterhaltsberechtigten Elternteils und die damit einhergehende Unfähigkeit, sich um sein Kind zu kümmern, auf seinem Einsatz im zweiten Weltkrieg beruhte. Soziale Belange, die einen Übergang des Unterhaltsanspruchs auf die Behörde ausschließen, können sich auch aus dem sozialhilferechtlichen Gebot ergeben, auf die Interessen und Beziehungen in der Familie Rücksicht zu nehmen. Der Ausschluss des Anspruchsübergangs auf den Sozialhilfeträger bleibt damit auf Ausnahmefälle beschränkt.
Die maßgeblichen Normen lauten wie folgt:
§ 1611 BGB (Beschränkung oder Wegfall der Verpflichtung)
(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.
...
§ 94 SGB XII (Übergang von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen)
(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. …
(2) …
(3) Ansprüche nach Absatz 1 und 2 gehen nicht über, soweit
1. …
2. der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde.
…
Urteil des Bundesgerichtshofes vom 15. September 2010 - XII ZR 148/09
AG Bottrop - 14 F 187/08 - Urteil vom 14. November 2008
OLG Hamm - II-2 UF 241/08 - Urteil vom 6. August 2009
(veröffentlicht in FamRZ 2010, 303)
Quelle: Pressemitteilung vom 15.09.2010
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
Siehe auch: Urteil des XII. Zivilsenats vom 15.9.2010 - XII ZR 148/09 -
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... kument.pdf
Der für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat hat entschieden, unter welchen Voraussetzungen der Sozialhilfeträger, der einem im Heim lebenden Elternteil Sozialleistungen erbracht hat, von dessen Kindern eine Erstattung seiner Kosten verlangen kann.
Die Klägerin, Trägerin der öffentlichen Hilfe, nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht auf Zahlung von Elternunterhalt für seine 1935 geborene Mutter in Anspruch. Die Mutter, die sich seit April 2005 in einem Pflegeheim befindet, litt schon während der Kindheit des Beklagten an einer Psychose mit schizophrener Symptomatik und damit einhergehend an Antriebsschwäche und Wahnideen. Sie hat den Beklagten nur bis zur Trennung und Scheidung von ihrem damaligen Ehemann im Jahr 1973 - mit Unterbrechungen wegen zum Teil längerer stationärer Krankenhausaufenthalte - versorgt. Seit spätestens 1977 besteht so gut wie kein Kontakt mehr zwischen dem Beklagten und seiner Mutter.
Der Beklagte wendet zum einen Verwirkung wegen verspäteter Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs durch den Sozialhilfeträger und u. a. wegen Fehlverhaltens seiner Mutter ein. Da sie ihn als Kind nie gut behandelt habe, würde es zum anderen eine unbillige Härte bedeuten, wenn er gegenüber dem Sozialhilfeträger kraft Rechtsübergangs für den Unterhalt der Mutter aufkommen müsste.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt. Mit seiner Revision begehrt der Beklagte Abweisung der Klage.
Die Revision des Beklagten blieb erfolglos. Der Unterhaltsanspruch ist nicht verwirkt.
Eine Verwirkung wegen verspäteter Geltendmachung scheitert bereits am hier nicht erfüllten Zeitmoment, wonach der Gläubiger seinen Anspruch nur dann verliert, wenn er sein Recht längere Zeit- mindestens ein Jahr - nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre. Hier hat sich die Behörde durchgängig um die Realisierung des auf sie übergangenen Unterhaltsanspruchs bemüht. Deshalb durfte sich der Beklagte auch nicht darauf einrichten, dass die Klägerin ihr Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (so genanntes Umstandsmoment).
Weiter hat der Senat entschieden, dass eine psychische Erkrankung, die dazu geführt hat, dass der pflegebedürftige Elternteil der früheren Unterhaltsverpflichtung seinem Kind gegenüber nicht gerecht werden konnte, nicht als ein schuldhaftes Fehlverhalten im Sinne des § 1611 BGB mit der Konsequenz eines Anspruchsverlustes betrachtet werden kann.
Wegen der vom Gesetz geforderten familiären Solidarität rechtfertigen die als schicksalsbedingt zu qualifizierende Krankheit der Mutter und deren Auswirkungen auf den Beklagten es nicht, die Unterhaltslast dem Staat aufzubürden. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der Lebenssachverhalt auch soziale bzw. öffentliche Belange beinhaltet. Das ist u. a. der Fall, wenn ein erkennbarer Bezug zu einem Handeln des Staates vorliegt. Eine solche Konstellation lag der Senatsentscheidung vom 21. April 2004 (XII ZR 251/01 - FamRZ 2004, 1097) zugrunde, in der die psychische Erkrankung des unterhaltsberechtigten Elternteils und die damit einhergehende Unfähigkeit, sich um sein Kind zu kümmern, auf seinem Einsatz im zweiten Weltkrieg beruhte. Soziale Belange, die einen Übergang des Unterhaltsanspruchs auf die Behörde ausschließen, können sich auch aus dem sozialhilferechtlichen Gebot ergeben, auf die Interessen und Beziehungen in der Familie Rücksicht zu nehmen. Der Ausschluss des Anspruchsübergangs auf den Sozialhilfeträger bleibt damit auf Ausnahmefälle beschränkt.
Die maßgeblichen Normen lauten wie folgt:
§ 1611 BGB (Beschränkung oder Wegfall der Verpflichtung)
(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.
...
§ 94 SGB XII (Übergang von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen)
(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. …
(2) …
(3) Ansprüche nach Absatz 1 und 2 gehen nicht über, soweit
1. …
2. der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde.
…
Urteil des Bundesgerichtshofes vom 15. September 2010 - XII ZR 148/09
AG Bottrop - 14 F 187/08 - Urteil vom 14. November 2008
OLG Hamm - II-2 UF 241/08 - Urteil vom 6. August 2009
(veröffentlicht in FamRZ 2010, 303)
Quelle: Pressemitteilung vom 15.09.2010
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Siehe auch: Urteil des XII. Zivilsenats vom 15.9.2010 - XII ZR 148/09 -
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Elternunterhalt - Heranziehung der Kinder durch Sozialhilfe
Die Entscheidung des BGH ist m.E. folgerichtig. Sie entspricht der Rechtlage. Aufregungen sind daher nicht geboten.Presse hat geschrieben:Elternunterhalt - Heranziehung des unterhaltspflichtigen Kindes durch den Sozialhilfeträger ....
Die BürgerInnen sollten sich allerdings über die Rechtslage klar werden und möglicherweise zeitgerecht für eine notwendig werdende Pflege vorsorgen.
Cicero
Politisch interessierter Pflegefan!
Im Gleichklang: Frieden - Ausgleich - Demokratie - und: "Die Menschenwürde ist unantastbar"!
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Unterhaltspflicht und Pflegeentgelte
Der BGH hat auf der Grundlage der Gesetzeslage entschieden. Insoweit keine Beanstandungen. Grundsätzlich ist die Einstandspflicht von Kindern für ihre Eltern auch richtig.
Allerdings muss mit Rücksicht auf die veränderten Verhältnisse in den Familienstrukturen nachgedacht werden. Es kann sein, dass die Pflegebedürftigkeit eines Elternteils über viele Jahre, vielleicht Jahrzehnte, geht, und Kinder (immer weniger werdend) damit schlicht überfordert sind.
Vielleicht ist es nicht verkehrt, im Rahmen einer Pflegereform darüber nachzudenken, ob für solche Situationen nicht doch besser die Solidargemeinschaft einspringt, zumindest von einer bestimmten Summe an. Dann wären die familiären Unterhaltspflichten nicht grundsätzlich aufgehoben.
Dieter Radke
Allerdings muss mit Rücksicht auf die veränderten Verhältnisse in den Familienstrukturen nachgedacht werden. Es kann sein, dass die Pflegebedürftigkeit eines Elternteils über viele Jahre, vielleicht Jahrzehnte, geht, und Kinder (immer weniger werdend) damit schlicht überfordert sind.
Vielleicht ist es nicht verkehrt, im Rahmen einer Pflegereform darüber nachzudenken, ob für solche Situationen nicht doch besser die Solidargemeinschaft einspringt, zumindest von einer bestimmten Summe an. Dann wären die familiären Unterhaltspflichten nicht grundsätzlich aufgehoben.
Dieter Radke
Menschenwürdige Pflege ohne Ausnahme! - Dafür müssen wir alle eintreten.
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Elternunterhalt bei der Pflege ... TV-Tipp 08.11.2010
08.11.2010, 19.25 - 20.15 Uhr, ZDF, WISO
Thema u.a.:
Elternunterhalt bei der Pflege ...
Kommt ein Elternteil ins Pflegeheim, reichen oft Rente, Pflegeversicherung und Vermögen nicht aus, um die Kosten zu decken.
Dann springt zunächst das Sozialamt ein. Das kommt dann aber auf die Angehörigen zu. [mehr]
http://wiso.zdf.de/ZDFde/inhalt/16/0,18 ... 92,00.html
Thema u.a.:
Elternunterhalt bei der Pflege ...
Kommt ein Elternteil ins Pflegeheim, reichen oft Rente, Pflegeversicherung und Vermögen nicht aus, um die Kosten zu decken.
Dann springt zunächst das Sozialamt ein. Das kommt dann aber auf die Angehörigen zu. [mehr]
http://wiso.zdf.de/ZDFde/inhalt/16/0,18 ... 92,00.html
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Wenn Eltern ins Heim müssen
Aus Forum
viewtopic.php?t=18762
Analyse
Wenn Eltern ins Heim müssen
VON ANTJE HÖNING UND EVA QUADBECK - zuletzt aktualisiert: 30.03.2013
Düsseldorf (RP). Plätze im Pflegeheim sind teuer. Bevor das Sozialamt einspringt, bittet es häufig Kinder und Ehepartner zur Kasse.
Unter Umständen müssen sie sogar Immobilien verkaufen. Das wollen Pflegepolitiker nun ändern.
... (mehr) ... http://nachrichten.rp-online.de/politik ... -1.3292394
Landgericht Düsseldorf:
Klage der Stadt Düsseldorf auf Übernahme
von Heimkosten derzeit erfolglos
… viewtopic.php?t=18762
Siehe auch Buchtipp:
Stiftung Warentest - Katharina Henrich, Aline Klett (Autoren):
Eltern
unterstützen, pflegen, versorgen
Mit den Änderungen der Pflegereform 2013
viewtopic.php?t=18290
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Analyse
Wenn Eltern ins Heim müssen
VON ANTJE HÖNING UND EVA QUADBECK - zuletzt aktualisiert: 30.03.2013
Düsseldorf (RP). Plätze im Pflegeheim sind teuer. Bevor das Sozialamt einspringt, bittet es häufig Kinder und Ehepartner zur Kasse.
Unter Umständen müssen sie sogar Immobilien verkaufen. Das wollen Pflegepolitiker nun ändern.
... (mehr) ... http://nachrichten.rp-online.de/politik ... -1.3292394
Landgericht Düsseldorf:
Klage der Stadt Düsseldorf auf Übernahme
von Heimkosten derzeit erfolglos
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Siehe auch Buchtipp:
Stiftung Warentest - Katharina Henrich, Aline Klett (Autoren):
Eltern
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Mit den Änderungen der Pflegereform 2013
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Elternunterhalt - Wenn Kinder zahlen müssen
Aus Forum:
viewtopic.php?t=12296
Karlsruhe
BGH entlastet Kinder bei Pflegekosten für die Eltern
zuletzt aktualisiert: 08.08.2013
Karlsruhe (RP). Bei der Berechnung des Unterhalts bleibt den Angehörigen ein Selbstbehalt. Dazu gehört die selbstgenutzte Immobilie.
Erwachsene Kinder müssen ihr Eigenheim nicht für Unterhaltszahlungen ihrer im Altenheim lebenden Eltern verkaufen. Das selbstbewohnte Haus wird bei der Berechnung des Elternunterhalts nicht berücksichtigt, wie der Familiensenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden hat. Dies gelte jedenfalls bei einem "angemessenen" Eigenheim, so die Karlsruher Richter (AZ: XII ZB 269/12). ....
http://nachrichten.rp-online.de/wirtsch ... -1.3590233
+++ Siehe auch +++
Ärzte Zeitung online, 08.08.2013
Elternunterhalt
BGH billigt Kindern Notgroschen zu
KARLSRUHE. Volljährige Kinder müssen ein selbstbewohntes Eigenheim nicht für den Lebensunterhalt ihrer Eltern verkaufen. Auch eine angemessene Altersvorsorge bleibt bei der Berechnung des Elternunterhalts unangetastet, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch in Karlsruhe.
... http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=843 ... cht&n=2889
viewtopic.php?t=12296
Karlsruhe
BGH entlastet Kinder bei Pflegekosten für die Eltern
zuletzt aktualisiert: 08.08.2013
Karlsruhe (RP). Bei der Berechnung des Unterhalts bleibt den Angehörigen ein Selbstbehalt. Dazu gehört die selbstgenutzte Immobilie.
Erwachsene Kinder müssen ihr Eigenheim nicht für Unterhaltszahlungen ihrer im Altenheim lebenden Eltern verkaufen. Das selbstbewohnte Haus wird bei der Berechnung des Elternunterhalts nicht berücksichtigt, wie der Familiensenat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden hat. Dies gelte jedenfalls bei einem "angemessenen" Eigenheim, so die Karlsruher Richter (AZ: XII ZB 269/12). ....
http://nachrichten.rp-online.de/wirtsch ... -1.3590233
+++ Siehe auch +++
Ärzte Zeitung online, 08.08.2013
Elternunterhalt
BGH billigt Kindern Notgroschen zu
KARLSRUHE. Volljährige Kinder müssen ein selbstbewohntes Eigenheim nicht für den Lebensunterhalt ihrer Eltern verkaufen. Auch eine angemessene Altersvorsorge bleibt bei der Berechnung des Elternunterhalts unangetastet, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) am Mittwoch in Karlsruhe.
... http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=843 ... cht&n=2889
Pflegesystem verbessern - weg von der Minutenpflege. Mehr Pflegepersonal ist vonnöten!
Haften Kinder für ihre Eltern?
Haften Kinder für ihre Eltern?
Aktuelle Stunde vom 15.01.2014
Schulden Kinder auch in tief zerrütteten Familien ihren Eltern Unterhalt? Mit dieser Frage beschäftigt sich aktuell der Bundesgerichtshof.
Geklagt hat ein Beamter, der nicht für die Pflegekosten seines Vaters aufkommen will, zu dem er jahrzehntelang keinen Kontakt mehr hatte.
Erwartet wird nun ein Urteil mit Bedeutung auch für vielen andere Betroffenen.
... (mehr) ... http://www1.wdr.de/mediathek/video/send ... rn100.html
Aktuelle Stunde vom 15.01.2014
Schulden Kinder auch in tief zerrütteten Familien ihren Eltern Unterhalt? Mit dieser Frage beschäftigt sich aktuell der Bundesgerichtshof.
Geklagt hat ein Beamter, der nicht für die Pflegekosten seines Vaters aufkommen will, zu dem er jahrzehntelang keinen Kontakt mehr hatte.
Erwartet wird nun ein Urteil mit Bedeutung auch für vielen andere Betroffenen.
... (mehr) ... http://www1.wdr.de/mediathek/video/send ... rn100.html
Elternunterhalt bei einseitigem Kontaktabbruch ...
Keine Verwirkung des Anspruchs auf Elternunterhalt bei einseitigem Kontaktabbruch des Unterhaltsberechtigten gegenüber seinem volljährigen Sohn
Der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein vom Unterhaltsberechtigten ausgehender einseitiger Kontaktabbruch gegenüber seinem volljährigen Sohn für eine Verwirkung seines Anspruchs auf Elternunterhalt allein regelmäßig nicht ausreicht.
Die Antragstellerin, die Freie Hansestadt Bremen, verlangt von dem Antragsgegner aus übergegangenem Recht Elternunterhalt. Die Eltern des 1953 geborenen Antragsgegners trennten sich 1971; ihre Ehe wurde noch im selben Jahr geschieden. Der Antragsgegner verblieb im Haushalt seiner Mutter und hatte anfangs noch einen losen Kontakt zu seinem Vater. Nach Erreichen des Abiturs im Jahr 1972 brach der Kontakt des volljährigen Sohnes zu seinem 1923 geborenen Vater ab. Dieser bestritt seinen Lebensunterhalt als Rentner aus den Erträgen einer Lebensversicherung sowie einer geringen Altersrente. 1998 errichtete er ein notarielles Testament, in dem er seine Bekannte zur Erbin einsetzte. Zudem bestimmte er, dass der Antragsgegner nur den "strengsten Pflichtteil" erhalten solle. Erläuternd führte der Vater in dem Testament aus, dass zu seinem Sohn seit rund 27 Jahren kein Kontakt mehr bestehe. Im April 2008 verzog der Vater in eine Heimeinrichtung; er starb im Februar 2012. Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner im Hinblick auf die seinem Vater in der Zeit von Februar 2009 bis Januar 2012 nach dem Sozialgesetzbuch erbachten Leistungen auf Zahlung eines Gesamtbetrages von 9.022,75 € in Anspruch.
Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht den Antrag zurückgewiesen, weil der Anspruch auf Elternunterhalt verwirkt sei. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
Der Bundesgerichtshof hat den Beschluss des Oberlandesgerichts auf die Rechtsbeschwerde aufgehoben, die Beschwerde zurückgewiesen und damit die amtsgerichtliche Entscheidung wiederhergestellt. Der – zur Höhe unstreitige - Anspruch auf Elternunterhalt war trotz des Kontaktabbruchs zu dem volljährigen Sohn nicht nach § 1611 Abs. 1 BGB* verwirkt.
Ein vom unterhaltsberechtigten Elternteil ausgehender Kontaktabbruch stellt wegen der darin liegenden Verletzung der sich aus § 1618 a BGB ergebenden Pflicht zu Beistand und Rücksicht zwar regelmäßig eine Verfehlung dar. Sie führt aber nur bei Vorliegen weiterer Umstände, die das Verhalten des Unterhaltsberechtigten auch als schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB erscheinen lassen, zur Verwirkung des Elternunterhalts. Solche Umstände sind im vorliegenden Fall nicht festgestellt. Zwar mag der Vater durch sein Verhalten das familiäre Band zu seinem volljährigen Sohn aufgekündigt haben. Andererseits hat er sich in den ersten 18 Lebensjahren seines Sohnes um diesen gekümmert. Er hat daher gerade in der Lebensphase, in der regelmäßig eine besonders intensive elterliche Fürsorge erforderlich ist, seinen Elternpflichten im Wesentlichen genügt. Die Errichtung des Testaments selbst stellt keine Verfehlung dar, weil der Vater insoweit lediglich von seinem Recht auf Testierfreiheit Gebrauch gemacht hat.
Beschluss vom 12. Februar 2014 – XII ZB 607/12
AG Delmenhorst – Beschluss vom 27. März 2012 – 22 F 125/11 UK
OLG Oldenburg Beschluss vom 25. Oktober 2012 – 14 UF 80/12
FamRZ 2013, 1051
* § 1611 Abs. 1 BGB
Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.
Bundesgerichtshof - Mitteilung der Pressestelle Nr. 027/2014 vom 12.02.2014
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
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Telefax (0721) 159-5501
Der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein vom Unterhaltsberechtigten ausgehender einseitiger Kontaktabbruch gegenüber seinem volljährigen Sohn für eine Verwirkung seines Anspruchs auf Elternunterhalt allein regelmäßig nicht ausreicht.
Die Antragstellerin, die Freie Hansestadt Bremen, verlangt von dem Antragsgegner aus übergegangenem Recht Elternunterhalt. Die Eltern des 1953 geborenen Antragsgegners trennten sich 1971; ihre Ehe wurde noch im selben Jahr geschieden. Der Antragsgegner verblieb im Haushalt seiner Mutter und hatte anfangs noch einen losen Kontakt zu seinem Vater. Nach Erreichen des Abiturs im Jahr 1972 brach der Kontakt des volljährigen Sohnes zu seinem 1923 geborenen Vater ab. Dieser bestritt seinen Lebensunterhalt als Rentner aus den Erträgen einer Lebensversicherung sowie einer geringen Altersrente. 1998 errichtete er ein notarielles Testament, in dem er seine Bekannte zur Erbin einsetzte. Zudem bestimmte er, dass der Antragsgegner nur den "strengsten Pflichtteil" erhalten solle. Erläuternd führte der Vater in dem Testament aus, dass zu seinem Sohn seit rund 27 Jahren kein Kontakt mehr bestehe. Im April 2008 verzog der Vater in eine Heimeinrichtung; er starb im Februar 2012. Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner im Hinblick auf die seinem Vater in der Zeit von Februar 2009 bis Januar 2012 nach dem Sozialgesetzbuch erbachten Leistungen auf Zahlung eines Gesamtbetrages von 9.022,75 € in Anspruch.
Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht den Antrag zurückgewiesen, weil der Anspruch auf Elternunterhalt verwirkt sei. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
Der Bundesgerichtshof hat den Beschluss des Oberlandesgerichts auf die Rechtsbeschwerde aufgehoben, die Beschwerde zurückgewiesen und damit die amtsgerichtliche Entscheidung wiederhergestellt. Der – zur Höhe unstreitige - Anspruch auf Elternunterhalt war trotz des Kontaktabbruchs zu dem volljährigen Sohn nicht nach § 1611 Abs. 1 BGB* verwirkt.
Ein vom unterhaltsberechtigten Elternteil ausgehender Kontaktabbruch stellt wegen der darin liegenden Verletzung der sich aus § 1618 a BGB ergebenden Pflicht zu Beistand und Rücksicht zwar regelmäßig eine Verfehlung dar. Sie führt aber nur bei Vorliegen weiterer Umstände, die das Verhalten des Unterhaltsberechtigten auch als schwere Verfehlung i.S.d. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB erscheinen lassen, zur Verwirkung des Elternunterhalts. Solche Umstände sind im vorliegenden Fall nicht festgestellt. Zwar mag der Vater durch sein Verhalten das familiäre Band zu seinem volljährigen Sohn aufgekündigt haben. Andererseits hat er sich in den ersten 18 Lebensjahren seines Sohnes um diesen gekümmert. Er hat daher gerade in der Lebensphase, in der regelmäßig eine besonders intensive elterliche Fürsorge erforderlich ist, seinen Elternpflichten im Wesentlichen genügt. Die Errichtung des Testaments selbst stellt keine Verfehlung dar, weil der Vater insoweit lediglich von seinem Recht auf Testierfreiheit Gebrauch gemacht hat.
Beschluss vom 12. Februar 2014 – XII ZB 607/12
AG Delmenhorst – Beschluss vom 27. März 2012 – 22 F 125/11 UK
OLG Oldenburg Beschluss vom 25. Oktober 2012 – 14 UF 80/12
FamRZ 2013, 1051
* § 1611 Abs. 1 BGB
Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.
Bundesgerichtshof - Mitteilung der Pressestelle Nr. 027/2014 vom 12.02.2014
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Elternunterhalt - Kinder haften für ihre Eltern
Elternunterhalt - Kinder haften für ihre Eltern - auch für die Schwiegermutter?
> viewtopic.php?f=5&t=20124 bzw.
http://www.daserste.de/information/ratg ... 0-118.html
> viewtopic.php?f=5&t=20124 bzw.
http://www.daserste.de/information/ratg ... 0-118.html
Elternunterhalt: Kinder müssen im Zweifel ihr Vermögen nutze
Elternunterhalt: Kinder müssen im Zweifel ihr Vermögen nutzen
Auch Eltern können zu einer finanziellen Belastung werden. Wenn sie im Alter die Kosten für ihre Pflege nicht mehr aufbringen können,
müssen die Nachkommen einspringen. Allerdings gibt es dabei Grenzen.
Quelle: Westfälische Nachrichten
http://www.wn.de/Welt/Wirtschaft/166436 ... gen-nutzen
Auch Eltern können zu einer finanziellen Belastung werden. Wenn sie im Alter die Kosten für ihre Pflege nicht mehr aufbringen können,
müssen die Nachkommen einspringen. Allerdings gibt es dabei Grenzen.
Quelle: Westfälische Nachrichten
http://www.wn.de/Welt/Wirtschaft/166436 ... gen-nutzen
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Elternunterhalt - Heranziehung der Kinder durch Sozialhilfe
Bundesgerichtshof - Mitteilung der Pressestelle Nr. 054/2016 vom 09.03.2016
Elternunterhalt bei gleichzeitiger Verpflichtung zur Leistung von Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB
Beschluss vom 9. März 2016 - XII ZB 693/14
Der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine eventuelle Verpflichtung zur Zahlung von Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB* bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit nach § 1603 Abs. 1 BGB** zur Zahlung von Elternunterhalt zu berücksichtigen ist.
Der im Jahre 1941 geborene S. ist der Vater des Antragsgegners. Er wird seit Anfang 2010 von einem Pflegedienst in der eigenen Wohnung betreut und versorgt; er bezieht laufende Sozialhilfe (Hilfe zur Pflege). Der Sozialhilfeträger (Antragsteller) verlangt von dem Sohn (Antragsgegner) aus übergegangenem Recht nach § 94 SGB XII*** für den Zeitraum ab Januar 2012 Elternunterhalt. Der Antragsgegner lebt in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, aus der eine im Dezember 2008 geborene Tochter hervorgegangen ist. Die Lebensgefährtin des Antragsgegners ist geschieden. Zwei aus ihrer Ehe stammende minderjährige Kinder leben ebenfalls im gemeinsamen Haushalt.
Das Amtsgericht hat den Antragsgegner zur Zahlung rückständigen und laufenden Elternunterhalts verpflichtet. Dabei ist es u.a. davon ausgegangen, dass sich der Antragsgegner nicht – wie ein verheirateter Unterhaltsschuldner – auf einen erhöhten Selbstbehalt (Familienselbstbehalt) berufen könne, weil der Antragsgegner seiner Lebensgefährtin nicht zum Familienunterhalt verpflichtet sei. Das Oberlandesgericht hat die Entscheidung des Amtsgerichts im Wesentlichen bestätigt und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Der Bundesgerichtshof hat die angefochtene Entscheidung aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Zwar kann sich der Unterhaltspflichtige, auch wenn er mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebt und für den gemeinsamen Unterhalt aufkommt, nicht auf einen Familienselbstbehalt berufen. Eine eventuelle Unterhaltspflicht ist allerdings als sonstige Verpflichtung im Sinne von § 1603 Abs. 1 BGB vorrangig zu berücksichtigen.
Weil das Oberlandesgericht einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt mit unzutreffenden Erwägungen abgewiesen hat, konnte die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Ist das gemeinsame Kind, wie hier, älter als drei Jahre, steht dem betreuenden Elternteil nach § 1615 l Abs. 2 Satz 4 BGB dann weiterhin ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind kind- und elternbezogene Gründe zu berücksichtigen. Da hier keine kindbezogenen Verlängerungsgründe festgestellt sind, kamen lediglich elternbezogene Gründe in Betracht. Solche können bei zusammenlebenden Eltern auch darin liegen, dass ein Elternteil das gemeinsame Kind im Einvernehmen mit dem anderen Elternteil persönlich betreut und deshalb voll oder teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Eine rechtsmissbräuchliche Ausgestaltung des familiären Zusammenlebens zu Lasten des Unterhaltsanspruchs des Vaters ist hier nicht ersichtlich.
Auf dieser rechtlichen Grundlage wird das Oberlandesgericht nun Grund und Höhe eines vorrangig zu berücksichtigenden Anspruchs auf Betreuungsunterhalt feststellen müssen.
* § 1615 l Abs. 2 BGB:
Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, ist der Vater verpflichtet, ihr über die in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Zeit (drei Jahre) hinaus Unterhalt zu gewähren. Das Gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
** § 1603 Abs. 1 BGB:
Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.
*** § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII
Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über.
Vorinstanzen:
AG Kelheim – Beschluss vom 16. Juni 2014 – 1 F 33/13
OLG Nürnberg – Beschluss vom 3. Dezember 2014 – 7 UF 988/14
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
Elternunterhalt bei gleichzeitiger Verpflichtung zur Leistung von Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB
Beschluss vom 9. März 2016 - XII ZB 693/14
Der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine eventuelle Verpflichtung zur Zahlung von Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB* bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit nach § 1603 Abs. 1 BGB** zur Zahlung von Elternunterhalt zu berücksichtigen ist.
Der im Jahre 1941 geborene S. ist der Vater des Antragsgegners. Er wird seit Anfang 2010 von einem Pflegedienst in der eigenen Wohnung betreut und versorgt; er bezieht laufende Sozialhilfe (Hilfe zur Pflege). Der Sozialhilfeträger (Antragsteller) verlangt von dem Sohn (Antragsgegner) aus übergegangenem Recht nach § 94 SGB XII*** für den Zeitraum ab Januar 2012 Elternunterhalt. Der Antragsgegner lebt in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, aus der eine im Dezember 2008 geborene Tochter hervorgegangen ist. Die Lebensgefährtin des Antragsgegners ist geschieden. Zwei aus ihrer Ehe stammende minderjährige Kinder leben ebenfalls im gemeinsamen Haushalt.
Das Amtsgericht hat den Antragsgegner zur Zahlung rückständigen und laufenden Elternunterhalts verpflichtet. Dabei ist es u.a. davon ausgegangen, dass sich der Antragsgegner nicht – wie ein verheirateter Unterhaltsschuldner – auf einen erhöhten Selbstbehalt (Familienselbstbehalt) berufen könne, weil der Antragsgegner seiner Lebensgefährtin nicht zum Familienunterhalt verpflichtet sei. Das Oberlandesgericht hat die Entscheidung des Amtsgerichts im Wesentlichen bestätigt und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Der Bundesgerichtshof hat die angefochtene Entscheidung aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Zwar kann sich der Unterhaltspflichtige, auch wenn er mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebt und für den gemeinsamen Unterhalt aufkommt, nicht auf einen Familienselbstbehalt berufen. Eine eventuelle Unterhaltspflicht ist allerdings als sonstige Verpflichtung im Sinne von § 1603 Abs. 1 BGB vorrangig zu berücksichtigen.
Weil das Oberlandesgericht einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt mit unzutreffenden Erwägungen abgewiesen hat, konnte die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Ist das gemeinsame Kind, wie hier, älter als drei Jahre, steht dem betreuenden Elternteil nach § 1615 l Abs. 2 Satz 4 BGB dann weiterhin ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind kind- und elternbezogene Gründe zu berücksichtigen. Da hier keine kindbezogenen Verlängerungsgründe festgestellt sind, kamen lediglich elternbezogene Gründe in Betracht. Solche können bei zusammenlebenden Eltern auch darin liegen, dass ein Elternteil das gemeinsame Kind im Einvernehmen mit dem anderen Elternteil persönlich betreut und deshalb voll oder teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Eine rechtsmissbräuchliche Ausgestaltung des familiären Zusammenlebens zu Lasten des Unterhaltsanspruchs des Vaters ist hier nicht ersichtlich.
Auf dieser rechtlichen Grundlage wird das Oberlandesgericht nun Grund und Höhe eines vorrangig zu berücksichtigenden Anspruchs auf Betreuungsunterhalt feststellen müssen.
* § 1615 l Abs. 2 BGB:
Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, ist der Vater verpflichtet, ihr über die in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Zeit (drei Jahre) hinaus Unterhalt zu gewähren. Das Gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
** § 1603 Abs. 1 BGB:
Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.
*** § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII
Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über.
Vorinstanzen:
AG Kelheim – Beschluss vom 16. Juni 2014 – 1 F 33/13
OLG Nürnberg – Beschluss vom 3. Dezember 2014 – 7 UF 988/14
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
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Kinder nicht aus der Pflicht bei Pflegekosten nehmen
Ärzte Zeitung vom 16.08.2017:
Kommunen fordern
Kinder nicht aus der Pflicht bei Pflegekosten nehmen
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnt vor dem CDU-Wahlversprechen, für Kinder pflegebedürftiger Eltern die Kostenbeteiligung zu senken.
mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=941 ... fpuryyqrde
Kommunen fordern
Kinder nicht aus der Pflicht bei Pflegekosten nehmen
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnt vor dem CDU-Wahlversprechen, für Kinder pflegebedürftiger Eltern die Kostenbeteiligung zu senken.
mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=941 ... fpuryyqrde
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Regierung will Pflegeangehörige finanziell schonen
Ärzte Zeitung vom 25.04.2019:
„Wir arbeiten daran“
Regierung will Pflegeangehörige finanziell schonen
Wer weniger als 100.000 Euro pro Jahr verdient soll laut „Unterhaltsentlastungsgesetz“ nicht mehr für die Pflegeheimkosten der Eltern zahlen müssen. ... > http://ods-mailing.springer-sbm.com/d-r ... &tags=test
„Wir arbeiten daran“
Regierung will Pflegeangehörige finanziell schonen
Wer weniger als 100.000 Euro pro Jahr verdient soll laut „Unterhaltsentlastungsgesetz“ nicht mehr für die Pflegeheimkosten der Eltern zahlen müssen. ... > http://ods-mailing.springer-sbm.com/d-r ... &tags=test