Am 22.02.2019 erhielt ich von der VHS Neuss folgende Zuschrift:
Mit Ihren Honorarverträgen sind Sie angeschrieben und gebeten worden, uns ein Erweitertes Führungszeugnis einzureichen. Dies ist eine Anweisung des Bürgermeisters der Stadt Neuss, der damit auch ein Qualitätsmerkmal setzen möchte. Obwohl wir in erster Linie eine Einrichtung der Erwachsenenbildung sind, kann es dennoch vorkommen, dass an unseren Angeboten Menschen unter 18 Jahren teilnehmen. Daher gilt diese Anweisung wirklich für alle Dozenten, auch wenn Sie nur ein Mal im Semester hier im Haus sind. Die Kosten für das Führungszeugnis dürfen wir leider nicht erstatten, da dies eine Ungleichbehandlung mit den Mitarbeitern der Stadt wäre, die diese Gebühr ebenfalls selber bezahlen müssen. Ich weiß, dass Sie für sich persönlich den Aufwand und Nutzen dieses bürokratischen Verfahrens kritisch prüfen, möchte Sie aber sehr herzlich bitten, der Aufforderung umgehend nachzukommen. Ich schätze Sie als Dozenten sehr und möchte Sie gerne weiter beschäftigen. Dies ist mir bei Nicht-Vorlage des Führungszeugnisses nicht gestattet!
Daraufhin habe ich der VHS am 22.02.2019 per Mail mitgeteilt:
Ich erfahre durch Ihre Zuschrift erstmals, dass ein Führungszeugnis von allen Dozenten der VHS Neuss verlangt wird. Da ich nur wenige Vorträge anbiete und meine ZuhörerInnen in der Regel im Seniorenalter sind, kann ich mir den Sinn Ihrer Aufforderung nicht erklären. Ich hatte noch nie jemanden unter 18! Überhaupt: Jüngere Personen kommen zu meinen Vorträgen eher selten - leider!
Im Übrigen halte ich die Aufforderung, wenn Sie mich betreffen sollte, für völlig überzogen: Ich soll also mit 79, Ex-Beamter und überregional bekannt als Ehrenamtler (Bundesverdienstkreuz, Landesverdienstorden usw.) wirklich ein Führungszeugnis anfordern und vorlegen? Hätten wir den 01.04. würde ich an einen Aprilscherz denken. Und dann sollen die Dozenten auch noch die Verwaltungskosten selbst bezahlen? Das darf doch nicht wahr sein.
Auf diese Zuschrift teilte die VHS telefonisch mit, dass es sich um eine Anweisung des Bürgermeisters der Stadt Neuss handele und eine abweichende Entscheidung durch die Volkshochschule nicht möglich sei. Ich habe daraufhin erklärt, dass unter diesen Umständen eine Fortsetzung meiner Tätigkeit als Dozent nicht in Betracht komme.
Gleichwohl habe ich dem Bürgermeister am 25.02.2019 per Mail meine Auffassung wie folgt übermittelt:
Sehr geehrter Herr Breuer,
ich biete seit Jahren im Rahmen meines ehrenamtlichen Engagements an der Volkshochschule Neuss Vorträge zum Patientenrecht, zur Patientenautonomie am Lebensende bzw. zur Pflege an. Dies gestalte ich in der Weise, dass ich für die ZuhörerInnen umfangreiches Informationsmaterial mitbringe und auch darüber hinaus für klärende Gespräche zur Verfügung stehe. Das Honorar von 50 Euro ist unter Berücksichtigung aller Umstände nur eine Aufwandsentschädigung.
Die Volkshochschule Neuss hat mich (wie auch andere Dozenten) mit der angefügten Zuschrift vom 22.02.2019 aufgefordert, umgehend ein Erweitertes Führungszeugnis vorzulegen und beruft sich damit auf eine entsprechende Entscheidung des Bürgermeisters der Stadt Neuss. Und die Kosten für die Erstellung des Führungszeugnisses soll auch noch jeder selbst tragen. In einer ersten Rückmeldung vom 22.02.2019 habe ich mich bereits zu Wort gemeldet und mein Unverständnis über die Aufforderung geäußert.
Nach mehrfachem Überschlafen der auf Ihrer Anordnung beruhenden Aufforderung teile ich mit, dass ich unter keinen Umständen bereit bin, ein Erweitertes Führungszeugnis zu beantragen und vorzulegen. Ich betrachte Ihre Entscheidung vielmehr als einen klaren Affront, den ich unter den gegebenen Umständen hinnehmen werde.
Um aber meine wichtigen Vorträge im Interesse der älter werdenden Menschen nicht zu gefährden, fordere ich Sie auf, Ihre Anordnung zurückzunehmen. Falls dies nicht geschieht, erkläre ich meine Tätigkeit in der Volkshochschule sofort für beendet. Eine schnellstmögliche Erklärung Ihrerseits erscheint mir daher ratsam.
Es stellt sich mir im Übrigen die Frage, ob Sie bei Übernahme Ihres Amtes als Bürgermeister seinerzeit auch ein Erweitertes Führungszeugnis vorgelegt haben???
Daraufhin erhielt ich vom Bürgermeisterbüro noch am 25.02.2019 per E-Mail folgende Rückmeldung:
Herr Bürgermeister Breuer hat Ihr Schreiben erhalten und es zunächst zur Prüfung in die Fachverwaltung gegeben.
Sobald die Klärung innerhalb der Verwaltung abgeschlossen ist, erhalten Sie eine Antwort. Ich bitte Sie bis dahin um Geduld.
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Offensichtlich ist der Bürgermeister der Stadt Neuss nicht in der Lage, seinen Generalverdacht (= ist ein "schon ohne konkrete Anhaltspunkte generell gehegter Verdacht") gegen alle Dozentinnen und Dozenten in der Volkshochschule zu differenzieren. Bis heute, 04.03.2019, hat es keine weitere Mitteilung des Bürgermeisters gegeben. Es war daher folgerichtig, dass heute, 04.03.2019, die Neuss-Grevenbroicher Zeitung das Thema aufgegriffen hat. Die undifferenzierte Anweisung des Bürgermeisters ist völlig unverständlich, da er meine Aktivitäten genau kennt und in seiner amtlichen Funktion über meine zahlreichen Ehrungen (2010 Ehrung durch den Landschaftsverband Rheinland für soziales Engagement, 2013 Verleihung des Bundesverdienstkreuzes, 2017 Deutscher Ehrenpreis der Stadtsparkasse Neuss für das Lebenswerk, 2017 Verleihung des Verdienstordens des Landes NRW) informiert ist bzw. daran mitgewirkt hat. Es gibt zahlreiche Fotos, die die Beteiligung des Bürgermeisters an einigen Ehrungen gut belegen (zwei Bilder als Beleg unten angefügt). All das gibt Veranlassung, die Aufforderung zur Vorlage eines Erweiterten Führungszeugnisses als Affront anzusehen!
Die Neuss-Grevenbroicher Zeitung vom 04.03.2019 berichtet:
Dozenten-Ärger in Neuss: VHS-Rücktritt wegen Forderung nach Führungszeugnis
Neuss Seit Jahren ist Werner Schell ehrenamtlich bei der Volkshochschule Neuss als Dozent tätig. Dass er nun ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen soll, empfindet der 79-Jährige als Affront – nun möchte er seine Tätigkeit niederlegen.

Seit Jahren hält Schell an der VHS Neuss Vorträge zum Patientenrecht, zur Patientenautonomie am Lebensende beziehungsweise zur Pflege. Foto: Woitschuetzke,Andreas (woi)
Werner Schell traute seinen Augen nicht, als er jetzt einen Brief von der Volkshochschule Neuss erhielt. „Ein erweitertes Führungszeugnis?“, fragte sich der 79-Jährige. Das soll er jetzt – wie alle anderen Dozenten der VHS Neuss – vorlegen, um dort weiter ehrenamtlich tätig werden zu können. Seit Jahren hält Schell an der VHS Neuss verschiedene Vorträge zum Patientenrecht, zur Patientenautonomie am Lebensende beziehungsweise zur Pflege. Dazu bringt er umfangreiches Informationsmaterial mit und steht auch darüber hinaus für klärende Gespräche zur Verfügung . „Das Honorar von 50 Euro ist unter Berücksichtigung aller Umstände nur eine Aufwandsentschädigung“, sagt der Träger des Bundesverdienstkreuzes.
… (weiter lesen unter) … https://rp-online.de/nrw/staedte/neuss/ ... d-37122385
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Fotos mit dem Bürgermeister Reiner Breuer:
Foto: Ehrung der Stadtsparkasse Neuss
Foto; Verleihung des Verdienstordens des Landes NRW