»Wie weit lässt sich das Leben verlängern?«
Verfasst: 25.08.2017, 06:26
»Wie weit lässt sich das Leben verlängern?«
Alternsforscher Karl Lenhard Rudolph über Folgen der Evolution
Karl Lenhard Rudolph - E-Mail: lenhard.rudolph@leibniz-fli.de
http://www.leibniz-fli.de/de/forschung/ ... n/rudolph/
Was passiert mit dem Menschen im Alter? Warum werden wir alt und sterben?
In Millionen Jahren der Evolution sind die meisten Lebewesen so programmiert worden, dass sie den Höhepunkt ihrer Leistungsfähigkeit im fortpflanzungsfähigen Alter erreichen. Nach der Fortpflanzung und dem Aufzug der nächsten Generation hat der Organismus seine Aufgabe erfüllt. … Nach dem Reproduktionsalter setzt das Altern ein. Die Nervenzellen im Gehirn verlieren ihre Plastizität und bilden keine Synapsen, die Stammzellen hören auf, sich zu teilen, und die Regenerationsfähigkeit von Organen lässt nach. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Mutationen und Defekte zu, Proteine verklumpen, toxische Stoffe sorgen für einen chronischen Entzündungszustand in fast allem Gewebe. Wenn dieser Funktionsverlust von Zellen und Organen einsetzt, beginnt das Altern.
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Wo sind die Grenzen der Langlebigkeit?
Ich denke, es gibt eine biologische Grenze für die Lebenserwartung, die bei 100, maximal 120 Jahren liegt. Lassen wir uns nicht von der Tatsache täuschen, dass sich die mittlere Lebenserwartung in Deutschland in den letzten 200 Jahren von Mitte 40 auf Mitte 80 verdoppelt hat und bis 2035 wahrscheinlich auf 90 Jahre ansteigen wird. Das liegt vor allem daran, dass Erkrankungen früher erkannt und besser therapiert werden und dass die Menschen gesünder leben. Sie ernähren sich besser, haben bessere Arbeits- und Wohnbedingungen. Dadurch werden die Alterungsprozesse verlangsamt. Die Alterung als solche ist dadurch aber nicht gestoppt. Das von der Evolution gestartete Programm, das die Funktionsfähigkeit unserer Systeme nach der Fortpflanzung zurückfährt, lässt sich nicht so leicht aushebeln.
Es gibt Gegenden, in denen die Menschen länger leben. Woran liegt das? Können wir uns dort etwas abgucken?
Die Ernährung und die Lebensweise sind ohne Zweifel förderlich für gesundes Altern. Das Olivenöl in der mediterranen Diät oder der Fischverzehr in Japan können sich positiv auch auf die Lebensspanne auswirken. Auch wissen wir, dass Stress und Übergewicht das biologische Altern beschleunigen. Bewegung und Sport dagegen wirken sich positiv aus. Was also wichtig ist: Während wir an unserem Erbgut nicht viel ändern können, können wir unsere Gewohnheiten anpassen, um gesünder zu altern. …
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Quelle: http://magazin.evonik.de/alter/forschun ... interview/
Siehe auch unter: http://www.leibniz-fli.de/de/forschung/ ... tarbeiter/
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"brandeins" - Ausgabe 05/2017
Karl Lenhard Rudolph im Interview
Wie werden wir alt?
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Die aus Australien stammende Medizin-Nobelpreisträgerin Elizabeth Blackburn und die amerikanische Psychologin Elissa Epel haben einen Zusammenhang herausgefunden zwischen negativem Stress und vorzeitigem Altern.
Ja, sie haben nachgewiesen, dass Stress, wie er durch Existenzsorgen, eine zu hohe Arbeitsbelastung oder psychische Probleme entstehen kann, die Telomere – eine Art Schutzkappe am Erbgut jeder Zelle – bei der Zellteilung schädigt beziehungsweise sie immer weiter verkürzt. Dadurch wird die Zellerneuerung beeinträchtigt und so das Altern beschleunigt.
Ist der Prozess unumkehrbar, oder kann man ihn aufhalten?
Die Telomere können in der Regel nicht wieder verlängert werden, allerdings kann die Geschwindigkeit der Verkürzung gebremst werden. Regelmäßige Bewegung hat positive Effekte, schon leichter Sport zweimal die Woche bringt etwas, dazu ausreichend Schlaf, ein besserer Umgang mit Stress, aber auch eine stabile Psyche durch funktionierende soziale Bindungen haben großen Einfluss auf die Jungerhaltung des Erbguts – zusammen mit einer gesunden Lebensweise und dem Meiden von Umweltgiften.
Suchen Sie in Jena eigentlich nach einer Art Jungbrunnen und erforschen, wie wir immer älter werden können?
Nein, die Lebensspanne, die der Mensch hat, ist wie bei einer Schildkröte oder einem Fadenwurm auch in seinen Genen festgeschrieben. Das ist wie eine Festplatte, die man nicht neu formatieren kann. Unsere Lebenszeit ist nicht unendlich dehnbar. Man spricht jetzt von maximal 120 Jahren Lebenserwartung, aber auch das ist umstritten.
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Die zweite große Plage des hohen Alters sind Demenzerkrankungen. Ist Rettung in Sicht?
Es gibt hochkarätige Forschungsprojekte auf der ganzen Welt, und mittlerweile wurden viele klinische Studien zu einzelnen Wirkstoffen durchgeführt. Aber man muss leider sagen, dass der große Durchbruch noch nicht gelungen ist. Zwar haben wir viele neue Erkenntnisse, doch es fehlt noch an einem grundlegenden Verständnis dafür, wie die einzelnen Faktoren zusammenwirken.
So muss man doch Disziplin walten lassen. Lohnt es sich aber überhaupt, mit über 60 mit Sport anzufangen und mit 70 dem Rauchen abzuschwören?
Unbedingt! Es ist erwiesen, dass der Wechsel zu einem gesünderen Lebensstil auch im Alter noch die Lebenserwartung steigern kann, in jedem Fall aber die Lebensqualität.
Quelle: https://www.brandeins.de/archiv/2017/fo ... share=news
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Siehe auch unter:
Telomere bestimmen den Alterungsprozess
>>> viewtopic.php?f=6&t=22203
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Die Fernsehzeitschrift "GONG", berichtete in ihrem Heft 34/2017:
Wie alt bin ich wirklich?
und bezog sich dabei auf Aussagen von Prof. Karl Lenhard Rudolph.
Dort heißt es u.a.:
Der Alterungsprozess wird zu etwa einem Drittel durch genetische und
zu zwei Dritteln durch äußere Faktoren bestimmt. Eine gute Lebensführung
zahlt sich also aus, sie führt zu mehr und vor allem zu gesünderen Lebensjahren.
Wichtig also: Gene und Lebensstil!
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Der 27. Neusser Pflegetreff ist für den 22.11 2017 geplant und wird sich mit dem Thema
"Vorbeugen ist besser als Heilen" - Prävention und Gesundheitsförderung mehr Aufmerksamkeit schenken
- körperlich und geistig aktiv bis ins hohe Alter …
befassen. …. Mit Blick auf das 2015 verabschiedete Präventionsgesetz ist das Thema ganz wichtig (> Infos - ständige Aktualisierung - > viewtopic.php?f=7&t=22212 ).
Vor allem Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs und auch Demenz lassen sich durch eine frühzeitig begonnene gesunde Lebensführung (richtige - mediterrane - Ernährung, ausreichende Bewegung und Schlaf, Verzicht auf Rauchen, mäßiger Alkoholkonsum, Vermeidung von negativem Stress, geistige Aktivitäten, Pflege sozialer Kontakte usw.) weitgehend vermeiden. Gleichwohl eintretende Gesundheitsstörungen (z.B. Übergewicht, zu hohe Cholesterinwerte, Bluthochdruck, Diabetes) lassen sich durch eine gesunde Lebensführung günstig beeinflussen. Es geht also letztlich um Maßnahmen, die eine umfassende gesundheitsförderliche Wirkung erzielen können. Es macht Sinn, möglichst frühzeitig eine gesunde Lebensführung zu praktizieren. ….Auch für ältere Menschen macht Prävention … Sinn. Daher gibt es für die Stationären Pflegeeinrichtungen mittlerweile eine Leitlinie zur Prävention, die aber fast überhaupt nicht bekannt ist. … Dies sollte Veranlassung geben, das o.a. Thema auch im Interesse der älteren und pflegebedürftigen Menschen aufzugreifen.