´Früher 112 wählen!`

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Presse
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´Früher 112 wählen!`

Beitrag von Presse » 23.08.2008, 06:56

Rhein-Kreis Neuss
„Früher 112 wählen!“

VON THILO ZIMMERMANN

Rhein-Kreis Neuss - Mit einem schnelleren Griff zum Telefon könnten viele Todesfälle nach einem Herzinfarkt vermieden werden. Diese Meinung vertrat Professor Dr. Michael Haude, Chefarzt am Lukaskrankenhaus, bei einer Informationsveranstaltung vor Ärzten und Rettungskräften sowie Vertretern der Städte und Gemeinden im Rhein-Kreis Neuss.

Hintergrund waren Meldungen über einen nachhaltigen Anstieg der Infarkttoten. Letztlich habe niemand „eine ehrliche und wahre Antwort“ auf die Zahlen eines Instituts in Bielefeld, so der Mediziner. Immerhin: Er präsentierte die aktuelle Statistik aus dem Rhein-Kreis und zog die Schlussfolgerungen daraus. „Sehr interessant“ fand Kreisdirektor Hans-Jürgen Petrauschke die Daten und Fakten. Auch Dr. Christian Will, Vorsitzender des Kreiskrankenhausausschusses, und Kreisbrandmeister Reinhard Seebröker gehörten zu den Zuhörern.

Soviel steht fest: Die medizinische Versorgung im Ernstfall kann sich sehen lassen. Zwei Krankenhäuser in Neuss, jeweils eines in Grevenbroich, Dormagen, Lank und im benachbarten Heerdt, dazu fünf Notarzt-Standorte, acht Niederlassungen mit 14 Rettungswagen und fünf niedergelassene Kardiologen - „wir können an jedem Ort eine schnelle Versorgung gewährleisten“, so Haude.

Im Vorjahr gab es im Rhein-Kreis Neuss 256 so genannte Große Herzinfarkte. Das sind 58 Fälle auf 100 000 Einwohner und liegt im Bundesschnitt. Die Erkrankten waren im Mittel 63,8 Jahre alt. 73,1 Prozent waren männlich, 61,7 Prozent litten unter erhöhten Cholesterin-Werten, und 45,9 Prozent rauchten. 91,1 Prozent überlebten den ersten Monat nach dem Vorfall, 8,9 Prozent verstarben. Die 30-Tage-Sterblichkeit bei Frauen ist allerdings fast doppelt so hoch wie bei Männern. „Entweder sie haben eine andere Wahrnehmung oder sie beißen zu lange auf die Zähne“, versuchte sich der Professor an einer Erklärung.

Das generelle Problem verschwieg er nicht: „Die Patienten im Rhein-Kreis Neuss warten unendlich lange, bis sie die Notrufnummer nutzen“, so Haude. Wenn sie erst einmal in ärztlicher Obhut seien, stiegen die Chancen auf Rettung. Der Appell des Experten fiel eindeutig aus: „Früher 112 wählen! Zeit rettet Herzmuskel!“ Man solle den Notarzt lieber einmal vergeblich rufen als einen Infarkt zu verschleppen.

So liege die Sterblichkeitsrate von Patienten, die binnen 100 Minuten in der Klinik fachgerecht behandelt würden, bei niedrigen sechs Prozent. Fazit: „Es gibt kein Versorgungsdefizit, sondern ein Problem bei der Wahrnehmung der Problematik.“ Und das treffe vor allem auf den Samstag zu. „Da wird offenbar gewartet, bis die Sportschau vorbei ist. Da muss noch eine Menge Aufklärungsarbeit geleistet werden“, berichtete der Mediziner.

Ein anderes Faktum kam aber auch auf den Tisch: Werktags - wenn die Krankenhäuser personell am besten besetzt sind - liegt die 30-Tage-Sterblichkeit bei 9,1 Prozent, wogegen sie nachts und an den Wochenenden 11,5 Prozent beträgt. Haude setzt vor und hinter der Kliniktür auf Fortschritt: So werden die EKG-Daten inzwischen schon zur Vorbereitung der Ärzte vom Rettungswagen via Satellit ins Hospital übertragen.

Quelle: Neuss-Grevenbroicher Zeitung vom 23.08.2008
http://www.ngz-online.de/public/article ... ehlen.html

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