Brücke in eine andere Welt - TV-Tipp für den 16.09.2012
Verfasst: 16.09.2012, 06:30
16.09.2012 | 10:30 - 11:00 (30 Min.) - SWR Fernsehen BW
Thema:
Brücke in eine andere Welt
Die Demenzexpertin Naomi Feil - Menschen unter uns
Die alte Frau beschimpft das Publikum in der Messehalle, sie bestohlen zu haben. Wütend spuckt sie auf den Teppich zwischen den Stuhlreihen. Dann schlüpft sie aus ihrer Rolle - und erklärt, wie diese Krisensituation in einem Pflegeheim entspannt werden könnte. Die Workshops der Demenzexpertin Naomi Feil sind charismatische Performances. In diesem Jahr wird die Verfechterin eines würdevollen Umgangs mit desorientierten Senioren 80 Jahre alt und füllt immer noch Hallen mit Hunderten pflegender Angehöriger und Pflegekräften. Sie alle wollen von ihr den entspannten und würdevollen Umgang mit Alzheimerkranken lernen.
Vor 40 Jahren begann Naomi Feil im Pflegeheim ihrer Eltern in Cleveland ein Kommunikationskonzept mit verwirrten alten Menschen zu entwickeln. Sie nannte es Validation, das bedeutet: Wertschätzung, Anerkennung. Weltweit leitete es eine therapeutische Kehrtwende ein. An die Stelle der bis dahin praktizierten Versuche, die Kranken in der sogenannten "Normalität" fest zu halten, traten behutsame Begegnungen in der 'ver-rückten' Welt der Demenzerkrankten. Der Stress für Betreuer und Betreute nahm durch diese Pflege auf Augenhöhe spürbar ab. Trotz ihres hohen Alters ist Naomi Feil jedes Jahr in Europa ebenso "on tour" wie in Nordamerika und neuerdings auch in Japan. Ein SWR-Team beobachtete sie bei großen Veranstaltungen wie bei vertiefenden Workshops für Angehörige und Pflegepersonal und war sogar bei ihrem 80. Geburtstag dabei, den sie mit ihren Kindern und langjährigen Wegbegleitern in St. Paul / Minneapolis feierte.
Der Film von Annette Wagner begleitet die deutsch-amerikanische Gerontopsychologin Naomi Feil so bei ihrem Einsatz für einen liebevollen Umgang mit desorientierten Senioren in Deutschland und den USA. Dass dabei auch Naomi Feil im Umgang mit Demenzerkrankten durchaus anfangs auch Irrwege verfolgte, zeigen Ausschnitte aus Dokumentarfilmen ihres Ehemannes Edward Feil, die er in den 60er und 70er Jahren drehte. Selbst sie hatte zunächst gehofft, durch beständiges Korrigieren und Konfrontieren mit der sogenannten Realität, das Fortschreiten von Demenz verlangsamen oder gar stoppen zu können. Mit ihrer Validation schlug Naomi Feil wenig später einen radikal anderen Weg ein: die "Fantasiewelten" anzuerkennen, die darunter liegenden Bedürfnisse von Alzheimer-Patienten zu verstehen und zu stillen.
Aktuelle Momentaufnahmen in einem Seniorenheim zeigen zudem, wie anspruchsvoll die praktische Umsetzung des feilschen Konzeptes im Pflegealltag ist. Wird es gelingen, eine Demenzpatientin sogar noch im letzten Stadium ihrer Krankheit zu erreichen? Beobachtungen aus einem Krankenhaus werfen schließlich die Frage auf, ob würdevolle Pflege im Minuten-Betreuungs-Takt überhaupt möglich ist. Klar wird dabei: Die zunehmende Zahl verwirrter Patienten bringt nicht nur Krankenhäuser an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit.
Film von Annette Wagner
Quelle: Pressemitteilung
http://programm.ard.de/Homepage?sendung=281138615727636
Thema:
Brücke in eine andere Welt
Die Demenzexpertin Naomi Feil - Menschen unter uns
Die alte Frau beschimpft das Publikum in der Messehalle, sie bestohlen zu haben. Wütend spuckt sie auf den Teppich zwischen den Stuhlreihen. Dann schlüpft sie aus ihrer Rolle - und erklärt, wie diese Krisensituation in einem Pflegeheim entspannt werden könnte. Die Workshops der Demenzexpertin Naomi Feil sind charismatische Performances. In diesem Jahr wird die Verfechterin eines würdevollen Umgangs mit desorientierten Senioren 80 Jahre alt und füllt immer noch Hallen mit Hunderten pflegender Angehöriger und Pflegekräften. Sie alle wollen von ihr den entspannten und würdevollen Umgang mit Alzheimerkranken lernen.
Vor 40 Jahren begann Naomi Feil im Pflegeheim ihrer Eltern in Cleveland ein Kommunikationskonzept mit verwirrten alten Menschen zu entwickeln. Sie nannte es Validation, das bedeutet: Wertschätzung, Anerkennung. Weltweit leitete es eine therapeutische Kehrtwende ein. An die Stelle der bis dahin praktizierten Versuche, die Kranken in der sogenannten "Normalität" fest zu halten, traten behutsame Begegnungen in der 'ver-rückten' Welt der Demenzerkrankten. Der Stress für Betreuer und Betreute nahm durch diese Pflege auf Augenhöhe spürbar ab. Trotz ihres hohen Alters ist Naomi Feil jedes Jahr in Europa ebenso "on tour" wie in Nordamerika und neuerdings auch in Japan. Ein SWR-Team beobachtete sie bei großen Veranstaltungen wie bei vertiefenden Workshops für Angehörige und Pflegepersonal und war sogar bei ihrem 80. Geburtstag dabei, den sie mit ihren Kindern und langjährigen Wegbegleitern in St. Paul / Minneapolis feierte.
Der Film von Annette Wagner begleitet die deutsch-amerikanische Gerontopsychologin Naomi Feil so bei ihrem Einsatz für einen liebevollen Umgang mit desorientierten Senioren in Deutschland und den USA. Dass dabei auch Naomi Feil im Umgang mit Demenzerkrankten durchaus anfangs auch Irrwege verfolgte, zeigen Ausschnitte aus Dokumentarfilmen ihres Ehemannes Edward Feil, die er in den 60er und 70er Jahren drehte. Selbst sie hatte zunächst gehofft, durch beständiges Korrigieren und Konfrontieren mit der sogenannten Realität, das Fortschreiten von Demenz verlangsamen oder gar stoppen zu können. Mit ihrer Validation schlug Naomi Feil wenig später einen radikal anderen Weg ein: die "Fantasiewelten" anzuerkennen, die darunter liegenden Bedürfnisse von Alzheimer-Patienten zu verstehen und zu stillen.
Aktuelle Momentaufnahmen in einem Seniorenheim zeigen zudem, wie anspruchsvoll die praktische Umsetzung des feilschen Konzeptes im Pflegealltag ist. Wird es gelingen, eine Demenzpatientin sogar noch im letzten Stadium ihrer Krankheit zu erreichen? Beobachtungen aus einem Krankenhaus werfen schließlich die Frage auf, ob würdevolle Pflege im Minuten-Betreuungs-Takt überhaupt möglich ist. Klar wird dabei: Die zunehmende Zahl verwirrter Patienten bringt nicht nur Krankenhäuser an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit.
Film von Annette Wagner
Quelle: Pressemitteilung
http://programm.ard.de/Homepage?sendung=281138615727636