Patientenverfügung - schon heute verbindlich
So sorgen Sie im Notfall vor
Während die politische Diskussion um die bindende Wirkung von Patientenverfügungen erneut im vollen Gange ist, zögern viele Deutsche, sich überhaupt eine Verfügung zu erstellen. "Bereits heute sind Patientenverfügungen rechtlich bindend. Mit einer solchen Verfügung wird geregelt, wie man als Patient behandelt werden möchte, wenn man seinen eigenen Willen nicht mehr ausdrücken kann", sagt der Augsburger Rechtsanwalt Dino Zirngibl, der zum Thema einen Ratgeber im Verlag C.H.Beck herausgegeben hat.
Soeben wurde in Berlin ein neuer Gesetzentwurf vorgestellt: Nur, wenn keine Überlebenschance besteht, soll eine Patientenverfügung ohne Beratung verbindlich sein. Wer aber darüber hinaus durchsetzen will, dass auch bei einer heilbaren Krankheit lebenserhaltende Rettungsversuche unterbleiben, müsse sich von einem Arzt beraten und die Aufklärung vom Notar beurkunden lassen, so die Gesetzesinitiative. "Dieser neue Vorstoß will ein Höchstmaß an Wissen und Sicherheit für alle Beteiligten, bringt aber vor allem mehr Bürokratie und stellt den Patientenwillen hintenan", so der Augsburger Rechtsanwalt. "Ich empfehle schon heute jedem das Erstellen einer Patientenverfügung. Das Schriftstück sichert nicht nur eine medizinische Behandlung, die den eigenen Vorstellungen von menschenwürdigem Leben nahekommt. Auch die nächsten Verwandten und die Ärzte, die hier moralisch schwierige Entscheidungen zu treffen haben, werden entlastet."
"Bei vielen Menschen herrscht heute eine geradezu panische Angst vor der "Maschinenmedizin", weiß Zirngibl. "Medienberichte von Wachkoma-Patienten steigern dieses Unwohlsein." Deshalb war es dem Autor wichtig, dass in seinem neuen Buch auch ein Mediziner zu Wort kommt. "Nur wer weiß, wie Ärzte und Krankenhäuser in solchen Grenzsituationen entscheiden, kann eine rechtlich sichere Patientenverfügung verfassen." Weil in Patientenverfügungen nicht alle medizinischen Möglichkeiten in Erwägung gezogen werden können, sollte man in seiner Verfügung auch die moralischen und religiösen Überzeugungen festhalten. So können Angehörige und Ärzte im Zweifel die richtige Behandlungsstrategie wählen. "Denn", so Beck-Autor Zirngibl, " das Wichtigste ist doch, dass der Patientenwille an erster Stelle steht!".
Die wichtigsten Fragen, die beim Abfassen einer Patientenverfügung beantwortet werden sollten:
Checkliste "Meine persönliche Einstellung"
1. Was ist mir im Leben wichtig?
2. Wovor habe ich Angst, wenn ich ans Sterben denke?
3. Habe ich Angst vor Schmerzen?
4. Möchte ich beim Sterben meiner Familie ein Vorbild sein?
5. Welche Vorstellung habe ich vom Tod?
6. Sind meine Erwartungen an den Tod religiös motiviert?
7. Weicht meine persönliche Überzeugung von der meiner Kirche ab?
8. Könnte es sein, dass ich im Ernstfall nicht doch eine ganz
andere Meinung vertrete?
9. Bin ich krank und mache ich mir deshalb Gedanken über eine
Patientenverfügung?
10. Lebe ich gerne oder empfinde ich das Leben krankheitsbedingt als
Last?
11. Habe ich Vorbehalte gegenüber dem medizinisch Möglichen?
12. Möchte ich, dass alles medizinisch Mögliche getan wird, um mein
Leben zu erhalten?
13. Wie wichtig ist mir Schmerzfreiheit?
14. Gibt es Behandlungsmethoden, die ich grundsätzlich ablehne?
15. Habe ich Vorbehalte, anderen zur Last zu fallen?
16. Habe ich generelle Vorbehalte gegenüber einer
Patientenverfügung?
17. Was passiert, wenn ich meine Patientenverfügung nicht mehr
widerrufen kann?
Dino Zirngibl, Die Patientenverfügung, 128 Seiten, Verlag C.H.Beck, 2008 ISBN: 978-3-406-57804-5
Pressekontakt:
RA Mathias Bruchmann
Tel. (089) 381 89-266
Fax (089) 381 89-480
E-Mail: Mathias.Bruchmann@beck.de
Internet: http://www.presse.beck.de
Quelle: Pressemitteilung vom 5.11.2008
Patientenverfügung - schon heute verbindlich
Moderator: WernerSchell
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Patientenverfügungen: „Opium fürs Volk“?
Patientenverfügungen: „Opium fürs Volk“?
Die Position des Rechtswissenschafters Thomas Klie zu den Fragen der Patientenverfügung lässt erahnen, weshalb wir gemeinsam dafür streiten müssen, dass der neopaternalistischen Werthaltung nicht nur der Ärzte, sondern insbesondere auch der Pflegenden keine neue Nahrung gegeben werden darf.
In einem neuerlichen Beitrag in der neu aufgelegten Zeitschrift Praxis PalliativeCare 01/2008, S. 44 ff. lässt er uns zum wiederholten Male an seinen Visionen von einem scheinbar gelungen Sterben teilhaben und meint, zugespitzt sagen zu können: „Rechtliche Regelungen zur Patientenverfügung, die über die derzeitig bestehenden Bestimmungen hinausreichen, sind bestenfalls „Opium für das Volk“, indem sie eine Sicherheit vorgaukeln, die nicht wirklich einzulösen ist. Im Gegenteil. Sie bergen in sich sogar die nicht unerhebliche Gefahr einer schleichenden Euthanasie.“
Völlig unklar ist, in welcher Eigenschaft hier der Autor Klie den Beitrag verfasst hat; derjenige, der da meint, die Patientenverfügung in Ausprägung des verfassungsrechtlich verbürgten Selbstbestimmungsrechts sei möglicherweise „Opium für das Volk“, offenbart beachtliche Defizite über den Sinn, Zweck und vor allen Bedeutung der Grundrechte in unserer säkularen Verfassung, in der gerade die Religion als ein Opium fürs Volk entzaubert wurde!
Dieser Umstand ist umso gravierender, als dass Klie eigentlich zu der Erkenntnis gelangen müsste, dass das geltende Recht unter vielerlei Gesichtspunkten betrachtet eben nicht (!) ausreicht, um den Patientenverfügungen Verbindlichkeit zu verleihen, mal ganz vom Parlamentsvorbehalt und der „Divergenz“ zwischen den Senaten beim BGH über die Frage des selbstbestimmten Sterbens abgesehen. Selbstverständlich ist dringender Regelungsbedarf geboten und mit Verlaub – dieser Regelungsbedarf drängt sich immer stärker auf, zumal wenn wir solche Statements zur Problematik der Patientenverfügungen zur Kenntnis nehmen müssen, bei denen im Übrigen letztlich auch noch betont wird, dass Patientenverfügungen sich ihre Verbindlichkeit „verdienen müssen“. Was mag man/frau dem entgegenhalten wollen, außer kopfschüttelnd die These schlicht zur Kenntnis zu nehmen? Vielleicht der Hinweis darauf, dass das Selbstbestimmungsrecht und damit die Wahrnehmung eines fundamentalen Grundrechts von überragender Bedeutung nicht davon abhängt, dass aus der Sicht von selbsternannten Neopaternalisten eine Bewertung darüber abgegeben wird, ob etwa die Patientenverfügung im konkreten Fall eine Verbindlichkeit „verdient“ hat. Hierüber entscheidet der Patient, so wie er auch darüber entscheiden kann und darf, ggf. anderen nicht zur Last fallen zu wollen. Es könnte also Sinn machen, sich etwas intensiver mit den Fragen des Selbstbestimmungsrechts auseinanderzusetzen, bevor über die Gefahren einer schleichenden Euthanasie philosophiert wird.
Lutz Barth
Siehe auch unter
viewtopic.php?p=38715#38715
Die Position des Rechtswissenschafters Thomas Klie zu den Fragen der Patientenverfügung lässt erahnen, weshalb wir gemeinsam dafür streiten müssen, dass der neopaternalistischen Werthaltung nicht nur der Ärzte, sondern insbesondere auch der Pflegenden keine neue Nahrung gegeben werden darf.
In einem neuerlichen Beitrag in der neu aufgelegten Zeitschrift Praxis PalliativeCare 01/2008, S. 44 ff. lässt er uns zum wiederholten Male an seinen Visionen von einem scheinbar gelungen Sterben teilhaben und meint, zugespitzt sagen zu können: „Rechtliche Regelungen zur Patientenverfügung, die über die derzeitig bestehenden Bestimmungen hinausreichen, sind bestenfalls „Opium für das Volk“, indem sie eine Sicherheit vorgaukeln, die nicht wirklich einzulösen ist. Im Gegenteil. Sie bergen in sich sogar die nicht unerhebliche Gefahr einer schleichenden Euthanasie.“
Völlig unklar ist, in welcher Eigenschaft hier der Autor Klie den Beitrag verfasst hat; derjenige, der da meint, die Patientenverfügung in Ausprägung des verfassungsrechtlich verbürgten Selbstbestimmungsrechts sei möglicherweise „Opium für das Volk“, offenbart beachtliche Defizite über den Sinn, Zweck und vor allen Bedeutung der Grundrechte in unserer säkularen Verfassung, in der gerade die Religion als ein Opium fürs Volk entzaubert wurde!
Dieser Umstand ist umso gravierender, als dass Klie eigentlich zu der Erkenntnis gelangen müsste, dass das geltende Recht unter vielerlei Gesichtspunkten betrachtet eben nicht (!) ausreicht, um den Patientenverfügungen Verbindlichkeit zu verleihen, mal ganz vom Parlamentsvorbehalt und der „Divergenz“ zwischen den Senaten beim BGH über die Frage des selbstbestimmten Sterbens abgesehen. Selbstverständlich ist dringender Regelungsbedarf geboten und mit Verlaub – dieser Regelungsbedarf drängt sich immer stärker auf, zumal wenn wir solche Statements zur Problematik der Patientenverfügungen zur Kenntnis nehmen müssen, bei denen im Übrigen letztlich auch noch betont wird, dass Patientenverfügungen sich ihre Verbindlichkeit „verdienen müssen“. Was mag man/frau dem entgegenhalten wollen, außer kopfschüttelnd die These schlicht zur Kenntnis zu nehmen? Vielleicht der Hinweis darauf, dass das Selbstbestimmungsrecht und damit die Wahrnehmung eines fundamentalen Grundrechts von überragender Bedeutung nicht davon abhängt, dass aus der Sicht von selbsternannten Neopaternalisten eine Bewertung darüber abgegeben wird, ob etwa die Patientenverfügung im konkreten Fall eine Verbindlichkeit „verdient“ hat. Hierüber entscheidet der Patient, so wie er auch darüber entscheiden kann und darf, ggf. anderen nicht zur Last fallen zu wollen. Es könnte also Sinn machen, sich etwas intensiver mit den Fragen des Selbstbestimmungsrechts auseinanderzusetzen, bevor über die Gefahren einer schleichenden Euthanasie philosophiert wird.
Lutz Barth
Siehe auch unter
viewtopic.php?p=38715#38715
Wir vertreten nicht immer die herrschende Lehre!
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- phpBB God
- Beiträge: 733
- Registriert: 23.09.2007, 09:47
Patientenverfügung ist Patientenrecht
Hallo Forum,
ich habe die Erfahrung gemacht, dass ordentlich abgefasste Patientenverfügungen auch heute durchaus Anerkennung finden. Die Rechtslage ist nach meinem Kenntnisstand eigentlich klar. Nur gibt es viele Ärzte, die m.E. noch nicht ausreichend begriffen haben, dass der Patient für alle Entscheidungen zuständig ist. Dies, obwohl die BÄK wiederholt gesagt hat, dass Patientenverfügungen verbindlich sind.
Wir müssen das Selbstbestimmungsrecht der Menschen achten, dann sind so manche auf formelle Erfordernisse abstellende Vorschriften entbehrlich. Ich halte den jetzt vorgelegten Entwurf für ein Patientenverfügungsgesetz für zu kompliziert und zu sehr das Patientenrecht einengend.
Ich sage daher auch: lieber kein Gesetz, als ein Gesetz entsprechend der Bosbach-Vorlage!
Mit freundlichen Grüßen
PflegeCologne
ich habe die Erfahrung gemacht, dass ordentlich abgefasste Patientenverfügungen auch heute durchaus Anerkennung finden. Die Rechtslage ist nach meinem Kenntnisstand eigentlich klar. Nur gibt es viele Ärzte, die m.E. noch nicht ausreichend begriffen haben, dass der Patient für alle Entscheidungen zuständig ist. Dies, obwohl die BÄK wiederholt gesagt hat, dass Patientenverfügungen verbindlich sind.
Wir müssen das Selbstbestimmungsrecht der Menschen achten, dann sind so manche auf formelle Erfordernisse abstellende Vorschriften entbehrlich. Ich halte den jetzt vorgelegten Entwurf für ein Patientenverfügungsgesetz für zu kompliziert und zu sehr das Patientenrecht einengend.
Ich sage daher auch: lieber kein Gesetz, als ein Gesetz entsprechend der Bosbach-Vorlage!
Mit freundlichen Grüßen
PflegeCologne
Alzheimer - eine Krankheit, die mehr Aufmerksamkeit erfordert! - Pflegesystem muss dem angepasst werden, auch, wenn es teurer wird! - Ich bin dabei:
http://www.pro-pflege-selbsthilfenetzwerk.de
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