Vorsorgevollmacht im Krankenhaus

Rechtsbeziehung Patient – Therapeut / Krankenhaus / Pflegeeinrichtung, Patientenselbstbestimmung, Heilkunde (z.B. Sterbehilfe usw.), Patienten-Datenschutz (Schweigepflicht), Krankendokumentation, Haftung (z.B. bei Pflichtwidrigkeiten), Betreuungs- und Unterbringungsrecht

Moderator: WernerSchell

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sven
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Vorsorgevollmacht im Krankenhaus

Beitrag von sven » 14.02.2004, 17:55

Hallo!

Ich bin im stationären Bereich eines Krankenhauses tätig. In der täglichen Praxis werde ich dabei immer wieder mit Vorsorgevollmachten konfrontiert. Ich komme angesichts dieser Vollmachten täglich zu folgenden Fragestellungen:

1. Wann tritt diese Vorsorgevollmacht tatsächlich in Kraft und wer entscheidet / beurteilt dies?
2. Unter welchen Umständen tritt diese wieder außer Kraft und wer darf dies feststellen?
3. Kann ich eine Vorsorgevollmacht hinsichtlich ihres Zustandekommens anzweifeln und wie muss ich mich dann verhalten?

WernerSchell
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Vorsorgevollmacht im Krankenhaus

Beitrag von WernerSchell » 16.02.2004, 11:35

Sehr geehrter Fragesteller (Sven),

Sie sprechen schwierige Rechtsfragen an. Hier eine Einschätzung in Kürze:
(1) Bei Vollmachten muss man verschiedene Texte (Möglichkeiten der Bevollmächtigung) unterscheiden. Es gibt die Vollmacht, die sofort ab Ausstellung gilt und dann die Vollmacht, die auf einen bestimmten Befindlichkeitszustand abgestellt ist (= Vorsorgevollmacht).
Die letztgenannte Vollmacht wird offensichtlich angesprochen. In einer solchen Vorsorgevollmacht kann z.B. geregelt sein, dass bei „Betreuungsbedürftigkeit“ / „Geschäftsunfähigkeit“ /„Einwilligungsunfähigkeit“ usw. jemand anderes mit Rechtsmacht ausgestattet sein soll. Es muss dann bei Vorlage der Vollmacht geprüft werden, ob die konkret genannten medizinischen Voraussetzungen für ihre Wirksamkeit vorliegen. Dazu wird es immer einer (fach)ärztlichen Einschätzung bedürfen. Die Vorsorgevollmacht kann wegen der notwendigen Abklärung der medizinischen Voraussetzungen als rechtlich problematisch bezeichnet werden.
Günstiger ist wohl, eine sofort geltende Vollmacht ausstellen und mit dem Bevollmächtigten intern zu vereinbaren, dass die Vollmacht nur bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen genutzt wird. Dazu gehört eine Vertrauensbasis!
(2) Eine wirksam erteilte Vollmacht gilt solange, wie der Vollmachtaussteller daran festhält. Er kann die Vollmacht jederzeit (im Vollbesitz der geistigen Kräfte) widerrufen. Liegen die geistigen Befähigungen für einen Widerruf der Vollmacht nicht mehr vor, gilt die Vollmacht unbegrenzt weiter (ggf. bei entsprechenden Formulierungen über den Tod hinaus).
(3) Eine Vollmacht kann man natürlich dann hinsichtlich ihrer Rechtsgültigkeit usw. anzweifeln, wenn insoweit entsprechende Erkenntnisse vorliegen. Wenn berechtigter Anlass besteht, die Aussagen in einer Vollmacht oder den Eintritt des Vertretungsfalles anzuzweifeln, ist letztlich jeder berechtigt, diese Zweifel zum Ausdruck zu bringen und die Beachtung der Vollmacht zu verweigern. Im Krankenhaus sollte man sich zunächst im Team (mit den zuständigen Ärzten) über die relevanten Fragestellungen verständigen. Ggf. müsste man, wenn Entscheidungen anstehen und die Rechtsverbindlichkeit der Vollmacht zweifelhaft ist, mit dem Vormundschaftsgericht in Verbindung setzen. Das Gericht müsste ggf. in eine Prüfung eintreten, ob bei mangelnder Verbindlichkeit der Vollmacht eine „Rechtliche Betreuung“ einzuleiten ist.
Nähere Informationen zum Thema in Schell, Werner „Betreuungsrecht & Unterbringungsrecht – Ratgeber für die Pflegenden“. Kunz Verlag (Schlütersche Buchreihe).

Werner Schell
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Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
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WernerSchell
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Vorsorgevollmacht im Krankenhaus

Beitrag von WernerSchell » 18.02.2004, 11:36

Vorsorgevollmacht im Krankenhaus

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Werner Schell
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WernerSchell
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Änderung der Bundesnotarordnung

Beitrag von WernerSchell » 03.05.2004, 11:57

Änderung der Bundesnotarordnung
Nach § 78 der Bundesnotarordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 303-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch Artikel 30 des Gesetzes vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467) geändert worden ist, werden folgende §§ 78a bis 78c eingefügt:

§ 78a
(1) Die Bundesnotarkammer führt ein automatisiertes Register über Vorsorgevollmachten (Zentrales Vorsorgeregister). In dieses Register dürfen Angaben über Vollmachtgeber, Bevollmächtigte, die Vollmacht und deren Inhalt aufgenommen werden. Das Bundesministerium der Justiz führt die Rechtsaufsicht über die Registerbehörde.
(2) Dem Vormundschaftsgericht wird auf Ersuchen Auskunft aus dem Register erteilt. Die Auskunft kann im Wege der Datenfernübertragung erteilt werden. Dabei sind dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zur Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit zu treffen, die insbesondere die Vertraulichkeit, Unversehrtheit und Zurechenbarkeit der Daten gewährleisten; im Falle der Nutzung allgemein zugänglicher Netze sind dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Verschlüsselungsverfahren anzuwenden.
(3) Das Bundesministerium der Justiz hat durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die näheren Bestimmungen über die Einrichtung und Führung des Registers, die Auskunft aus dem Register und über Anmeldung, Änderung, Eintragung, Widerruf und Löschung von Eintragungen zu treffen.

§ 78b
(1) Die Bundesnotarkammer kann für die Aufnahme von Erklärungen in das Register nach § 78a Gebühren erheben. Die Höhe der Gebühren richtet sich nach den mit der Einrichtung und dauerhaften Führung des Registers sowie den mit der Nutzung des Registers durchschnittlich verbundenen Personal- und Sachkosten. Hierbei kann insbesondere der für die Anmeldung einer Eintragung gewählte Kommunikationsweg angemessen berücksichtigt werden.
(2) Die Bundesnotarkammer bestimmt die Gebühren durch Satzung. Die Satzung bedarf der Genehmigung durch das Bundesministerium der Justiz.

§ 78c
(1) Gegen Entscheidungen der Bundesnotarkammer nach den §§ 78a und 78b findet die Beschwerde nach den Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit statt, soweit sich nicht aus den nachfolgenden Absätzen etwas anderes ergibt.
(2) Die Beschwerde ist bei der Bundesnotarkammer einzulegen. Diese kann der Beschwerde abhelfen. Beschwerden, denen sie nicht abhilft, legt sie dem Landgericht am Sitz der Bundesnotarkammer vor.
(3) Die weitere Beschwerde ist nicht zulässig.

Quelle: http://www.betreuungsrecht.org/pafiledb ... 4s0598.pdf
Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk (Neuss)
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Gast

Vorsorge Vollmacht

Beitrag von Gast » 22.06.2004, 17:57

Vorsorge Vollmacht

"Wer vertritt mich, wenn ich nichts mehr regeln kann?" Infos des Bundesfinanzministeriums zur Vorsorge Vollmacht unter:
http://www.bmj.bund.de/enid/fa7a5754fae ... 09/bx.html

- oder als Broschüre, kostenlos zu bestellen bei:

Bundesministerium der Justiz
Öffentlichkeitsarbeit
11015 Berlin

Kostenlose Beratung bei den örtlichen Betreuungsvereinen, angesiedelt bei den Wohlfahrtsverbänden

Internetadressen Betreuungsvereine:

http://www.hoevel.de/btr/btrlex/betreu.htm

Rechtspfleger der Amtsgerichte (keine oder geringe Gebühren)

Beratung und Beurkundung durch Notare (erheben Gebühren)

WICHTIG:
Unterschieden werden muss zwischen drei Sachen: neben der Vorsorge-Vollmacht gibt es noch die Patienten-Verfügung und die Betreuungs-Verfügung. Auch bezüglich der Patienten-Verfügung und Betreuungs-Verfügung beraten die oben genannten Stellen. Ebenso sind sie Inhalt der Broschüren der Verbraucher-Zentralen!

Broschüren der Verbraucher-Zentralen:

"Patientenverfügung, Vorsorge-Vollmacht und Betreuungs-Verfügung" mit zahlreichen Tipps und Formulierungsvorschlägen, Abholpreis: 4,80 Euro, bei Versand zusätzlich 2,- Euro )
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Bestelladresse:

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Zentralversand
Adersstr.78
40215 Düsseldorf
Oder telefonisch unter: 0180-500 14 33, Fax: 0211-38 09 - 235
E-Mail: publikationen@vz-nrw.de

Quelle: WDR2
http://www.wdr.de/radio/wdr2/quintessen ... l#Marke236

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