Menschen mit Demenz - Arzneimitteltests & klinische Studien
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Re: Menschen mit Demenz - Arzneimitteltests & klinische Stud
Ärzte Zeitung vom 06.07.2016:
Streit um Arzneitests: Fraktionen ziehen Notbremse
Im Streit um Arzneitests an Demenzkranken kommt es im Bundestag doch nicht zum Showdown.
Kurz vor der Abstimmung am Freitag verschafft sich der Bundestag Bedenkzeit.
mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=915 ... tik&n=5089
Streit um Arzneitests: Fraktionen ziehen Notbremse
Im Streit um Arzneitests an Demenzkranken kommt es im Bundestag doch nicht zum Showdown.
Kurz vor der Abstimmung am Freitag verschafft sich der Bundestag Bedenkzeit.
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Klinische Prüfungen an dementen Menschen?
Pressemitteilung Beuth Hochschule für Technik Berlin, Monika Jansen, 14.07.2016
Klinische Prüfungen an dementen Menschen? Ein Thema im Studiengang Clinical Trial Management
Um Demenzerkrankungen künftig besser heilen zu können, diskutiert die Bundesregierung derzeit über eine „Probandenverfügung“. Mit einer solchen Verfügung soll es Probanden ermöglicht werden, der Teilnahme an einer klinischen Studie im Vorfeld einer Demenzerkrankung zuzustimmen.
Um Demenzerkrankungen künftig besser heilen zu können, diskutiert die Bundesregierung derzeit über eine „Probandenverfügung“. Mit einer solchen Verfügung soll es Probanden ermöglicht werden, der Teilnahme an einer klinischen Studie im Vorfeld einer Demenzerkrankung zuzustimmen.
Die Probanden wissen zum Zeitpunkt der Einwilligung nur wenig über die potenziellen Nebenwirkungen. Sicher ist allerdings, dass ihnen selbst der mögliche Nutzen des getesteten Medikaments nicht mehr helfen wird. Es handelt sich um einen Gruppennutzen: Der Einzelne willigt in einen Versuch ein, während positive Erkenntnisse erst zukünftigen Patienten mit dem gleichen Krankheitsbild zugutekommen.
Kann man einer Teilnahme an einer klinischen Studie per Verfügung vorab zustimmen? Ist dies ethisch vertretbar? Um die Risiken für Probanden möglichst gering zu halten und eine sichere Versorgung mit Arzneimitteln und Medizinprodukten zu gewährleisten, gibt es zahlreiche Regularien. Dies sind Themen, mit denen sich der Fernstudiengang Clinical Trial Management der Beuth Hochschule für Technik Berlin beschäftigt.
Der Master Clinical Trial Management wird seit dem Wintersemester
2010/2011 am Fernstudieninstitut der Beuth Hochschule für Technik Berlin angeboten. Das Studium führt zum international anerkannten Grad Master of Science und ist speziell auf Teilnehmer/-innen ausgerichtet, deren fachlicher und/oder beruflicher Hintergrund den Naturwissenschaften zuzuordnen ist.
Das Studium startet am 1. Oktober 2016, Anmeldungen sind noch bis zum 1.
September 2016 möglich.
Kontakt:
Tel. (030) 4504-2100 oder per E-Mail: fsi@beuth-hochschule.de
Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.beuth-hochschule.de/ctm
Klinische Prüfungen an dementen Menschen? Ein Thema im Studiengang Clinical Trial Management
Um Demenzerkrankungen künftig besser heilen zu können, diskutiert die Bundesregierung derzeit über eine „Probandenverfügung“. Mit einer solchen Verfügung soll es Probanden ermöglicht werden, der Teilnahme an einer klinischen Studie im Vorfeld einer Demenzerkrankung zuzustimmen.
Um Demenzerkrankungen künftig besser heilen zu können, diskutiert die Bundesregierung derzeit über eine „Probandenverfügung“. Mit einer solchen Verfügung soll es Probanden ermöglicht werden, der Teilnahme an einer klinischen Studie im Vorfeld einer Demenzerkrankung zuzustimmen.
Die Probanden wissen zum Zeitpunkt der Einwilligung nur wenig über die potenziellen Nebenwirkungen. Sicher ist allerdings, dass ihnen selbst der mögliche Nutzen des getesteten Medikaments nicht mehr helfen wird. Es handelt sich um einen Gruppennutzen: Der Einzelne willigt in einen Versuch ein, während positive Erkenntnisse erst zukünftigen Patienten mit dem gleichen Krankheitsbild zugutekommen.
Kann man einer Teilnahme an einer klinischen Studie per Verfügung vorab zustimmen? Ist dies ethisch vertretbar? Um die Risiken für Probanden möglichst gering zu halten und eine sichere Versorgung mit Arzneimitteln und Medizinprodukten zu gewährleisten, gibt es zahlreiche Regularien. Dies sind Themen, mit denen sich der Fernstudiengang Clinical Trial Management der Beuth Hochschule für Technik Berlin beschäftigt.
Der Master Clinical Trial Management wird seit dem Wintersemester
2010/2011 am Fernstudieninstitut der Beuth Hochschule für Technik Berlin angeboten. Das Studium führt zum international anerkannten Grad Master of Science und ist speziell auf Teilnehmer/-innen ausgerichtet, deren fachlicher und/oder beruflicher Hintergrund den Naturwissenschaften zuzuordnen ist.
Das Studium startet am 1. Oktober 2016, Anmeldungen sind noch bis zum 1.
September 2016 möglich.
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Menschen mit Demenz - Arzneimitteltests & klinische Studien
Das Bundesgesundheitsministerium hat am 10.08.2016 auf die hiesige Zuschrift vom 21.05.2016 wie folgt geantwortet:
Sehr geehrter Herr Schell,
Haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben vom 8. Juni 2016.
Mit dem Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften sollen die erforderlichen nationalen Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 536/2014 vorgenommen werden. Eine der Regelungen hat die gruppennützige Forschung mit nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen zum Gegenstand. In Deutschland sollen damit die in Europa geschaffenen Möglichkeiten der gruppennützigen Forschung mit einwilligungsunfähigen Erwachsenen grundsätzlich verboten und nur unter hohen Auflagen ermöglicht werden.
Hintergrund der Regelung ist, dass immer mehr Menschen an Demenz erkranken. Nach Schätzungen sind in Deutschland bereits heute ca. 1,6 Millionen Menschen betroffen. Eine Heilung dieser Erkrankung, die für die Betroffenen und Angehörigen zutiefst belastend ist, ist zurzeit nicht möglich. Deshalb warten diese Menschen und ihre Angehörigen dringend auf Fortschritte in der medizinischen Behandlung. Klinische Prüfungen zur Entwicklung neuer Arzneimittel können dazu beitragen, die Behandlung von Demenzkranken weiter zu verbessern.
Die EU-Verordnung und der Gesetzentwurf fassen die Bedingungen für gruppennützige klinische Prüfungen mit nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen sehr eng. Zu den Bedingungen, die in Artikel 31 der EU-Verordnung festgeschrieben sind, gehören die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nach Pflichtaufklärung, die wissenschaftlich-ethische Vertretbarkeit der klinischen Prüfung, und dass die Teilnahme der nicht einwilligungsfähigen Personen nur mit einem minimalen Risiko und einer minimalen Belastung einhergeht, wie es z. B. bei Speichelproben oder Blutentnahmen der Fall ist. In Deutschland werden die Ethik-Kommissionen der Länder und die Bundesoberbehörden das Vorliegen dieser Bedingungen in jedem Einzelfall überprüfen. Über den EU-Schutzstandard hinaus ist im Gesetzentwurf der Bundesregierung (dort Artikel 2, § 40b Absatz 4 Satz 2 AMG) eine gruppennützige klinische Prüfung nur dann erlaubt, wenn der Prüfungsteilnehmer zuvor im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte selbst über die Teilnahme entschieden und diese gestattet hat. Dies ist Ausdruck seines grundrechtlich geschützten Rechts auf Selbstbestimmung. Dabei muss stets eine ärztliche Beratung gewährleistet sein.
Gruppennützige klinische Prüfungen mit Menschen, die von Geburt oder Kindheit an nicht einwilligungsfähig sind, wie z. B. Menschen mit geistiger Behinderung von Geburt oder Kindheit an, bleiben in Deutschland weiterhin vollständig verboten.
Mit der oben umschriebenen Regelung soll die Möglichkeit geschaffen werden, den Wunsch, Menschen mit der gleichen Erkrankung zu helfen, zu verwirklichen sowie zugleich an Demenz leidende Menschen am medizinischen Fortschritt teilhaben zu lassen und ihnen eines Tages mit wirksamen und sicheren Arzneimitteln helfen zu können. Der Schutz des Einzelnen steht dabei stets an erster Stelle.
Mit freundlichen Grüßen
im Auftrag
Anne Breitkreutz
Bundesministerium für Gesundheit
Referat 112 (Arzneimittel- und Heilmittelwerberecht, Tierarzneimittel)
Heilsbachstraße 18
53123 Bonn
Anne.Breitkreutz@bmg.bund.de
Sehr geehrter Herr Schell,
Haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben vom 8. Juni 2016.
Mit dem Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften sollen die erforderlichen nationalen Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 536/2014 vorgenommen werden. Eine der Regelungen hat die gruppennützige Forschung mit nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen zum Gegenstand. In Deutschland sollen damit die in Europa geschaffenen Möglichkeiten der gruppennützigen Forschung mit einwilligungsunfähigen Erwachsenen grundsätzlich verboten und nur unter hohen Auflagen ermöglicht werden.
Hintergrund der Regelung ist, dass immer mehr Menschen an Demenz erkranken. Nach Schätzungen sind in Deutschland bereits heute ca. 1,6 Millionen Menschen betroffen. Eine Heilung dieser Erkrankung, die für die Betroffenen und Angehörigen zutiefst belastend ist, ist zurzeit nicht möglich. Deshalb warten diese Menschen und ihre Angehörigen dringend auf Fortschritte in der medizinischen Behandlung. Klinische Prüfungen zur Entwicklung neuer Arzneimittel können dazu beitragen, die Behandlung von Demenzkranken weiter zu verbessern.
Die EU-Verordnung und der Gesetzentwurf fassen die Bedingungen für gruppennützige klinische Prüfungen mit nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen sehr eng. Zu den Bedingungen, die in Artikel 31 der EU-Verordnung festgeschrieben sind, gehören die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nach Pflichtaufklärung, die wissenschaftlich-ethische Vertretbarkeit der klinischen Prüfung, und dass die Teilnahme der nicht einwilligungsfähigen Personen nur mit einem minimalen Risiko und einer minimalen Belastung einhergeht, wie es z. B. bei Speichelproben oder Blutentnahmen der Fall ist. In Deutschland werden die Ethik-Kommissionen der Länder und die Bundesoberbehörden das Vorliegen dieser Bedingungen in jedem Einzelfall überprüfen. Über den EU-Schutzstandard hinaus ist im Gesetzentwurf der Bundesregierung (dort Artikel 2, § 40b Absatz 4 Satz 2 AMG) eine gruppennützige klinische Prüfung nur dann erlaubt, wenn der Prüfungsteilnehmer zuvor im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte selbst über die Teilnahme entschieden und diese gestattet hat. Dies ist Ausdruck seines grundrechtlich geschützten Rechts auf Selbstbestimmung. Dabei muss stets eine ärztliche Beratung gewährleistet sein.
Gruppennützige klinische Prüfungen mit Menschen, die von Geburt oder Kindheit an nicht einwilligungsfähig sind, wie z. B. Menschen mit geistiger Behinderung von Geburt oder Kindheit an, bleiben in Deutschland weiterhin vollständig verboten.
Mit der oben umschriebenen Regelung soll die Möglichkeit geschaffen werden, den Wunsch, Menschen mit der gleichen Erkrankung zu helfen, zu verwirklichen sowie zugleich an Demenz leidende Menschen am medizinischen Fortschritt teilhaben zu lassen und ihnen eines Tages mit wirksamen und sicheren Arzneimitteln helfen zu können. Der Schutz des Einzelnen steht dabei stets an erster Stelle.
Mit freundlichen Grüßen
im Auftrag
Anne Breitkreutz
Bundesministerium für Gesundheit
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Wie geht man würdig mit Alzheimer Patienten um?
Ärzte Zeitung vom 21.09.2016:
Schwierige Frage
Wie geht man würdig mit Alzheimer Patienten um?
Wie wollen wir in Zukunft würdig und fair mit Alzheimer-Patienten umgehen? Wie werden wir ihnen gerecht? Eine Frage von großer gesellschaftlicher Brisanz – und die Meinungsmacher von heute könnten die Patienten von morgen sein.
Von Christian Beneker
Wie darf man umgehen mit denen, die man nicht mehr versteht und von denen man annimmt, dass sie sich selbst und alle anderen auch nicht mehr verstehen? Mit demenziell Erkrankten? Mit Alzheimer-Patienten?
Oder besser gesagt: Wie wollen wir mit ihnen leben? Die gegenwärtigen Diskussionen um Medikamentenstudien mit Demenzpatienten oder über die Einrichtung von Demenzdörfern zeigt: Es gibt keine endgültigen Lösungen. Aber handeln muss man trotzdem.
Der Plan des Bundesgesundheitsministers, in der anstehenden Novelle des Arzneimittelgesetzes Medikamentenstudien auch an nicht-einwilligungsfähigen Menschen, also auch Demenz-Patienten, unter bestimmten Umständen zu erlauben, ruft Kritiker auf den Plan. Vorausgesetzt, die Patienten haben rechtzeitig ihre Einwilligung gegeben, sollen sie bei fortgeschrittener Erkrankung an Medikamentenstudien auch ohne aktuelle Einwilligung teilnehmen, so Gröhes Plan.
... (weiter lesen unter) ... http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=919 ... hik&n=5239
Schwierige Frage
Wie geht man würdig mit Alzheimer Patienten um?
Wie wollen wir in Zukunft würdig und fair mit Alzheimer-Patienten umgehen? Wie werden wir ihnen gerecht? Eine Frage von großer gesellschaftlicher Brisanz – und die Meinungsmacher von heute könnten die Patienten von morgen sein.
Von Christian Beneker
Wie darf man umgehen mit denen, die man nicht mehr versteht und von denen man annimmt, dass sie sich selbst und alle anderen auch nicht mehr verstehen? Mit demenziell Erkrankten? Mit Alzheimer-Patienten?
Oder besser gesagt: Wie wollen wir mit ihnen leben? Die gegenwärtigen Diskussionen um Medikamentenstudien mit Demenzpatienten oder über die Einrichtung von Demenzdörfern zeigt: Es gibt keine endgültigen Lösungen. Aber handeln muss man trotzdem.
Der Plan des Bundesgesundheitsministers, in der anstehenden Novelle des Arzneimittelgesetzes Medikamentenstudien auch an nicht-einwilligungsfähigen Menschen, also auch Demenz-Patienten, unter bestimmten Umständen zu erlauben, ruft Kritiker auf den Plan. Vorausgesetzt, die Patienten haben rechtzeitig ihre Einwilligung gegeben, sollen sie bei fortgeschrittener Erkrankung an Medikamentenstudien auch ohne aktuelle Einwilligung teilnehmen, so Gröhes Plan.
... (weiter lesen unter) ... http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=919 ... hik&n=5239
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Expertenanhörung über Demenzforschung
Expertenanhörung über Demenzforschung
Gesundheit/Ausschuss
Berlin: (hib/PK) Der Gesundheitsausschuss hat die seit Monaten umstrittene Arzneimittelreform am Mittwoch in geänderter Fassung mehrheitlich gebilligt, zugleich aber eine getrennte parlamentarische Befassung zu dem Passus der geplanten Forschung an nicht einwilligungsfähigen Patienten auf den Weg gebracht. Der Bundestag soll nun voraussichtlich im November und nach einer Expertenanhörung zu drei fraktionsübergreifenden Änderungsanträgen über den gesamten Gesetzentwurf abstimmen.
Formal geht es bei dem "vierten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften" (18/8034 http://dip.bundestag.de/btd/18/080/1808034.pdf ) um die Umsetzung einer EU-Verordnung (Nr. 536/2014). Die Novelle sieht in der Ursprungsfassung mehr Möglichkeiten zur Medikamentenforschung vor. Konkret sollen klinische Arzneimittelstudien an nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen (zum Beispiel Demenzkranken) auch dann zulässig sein, wenn sie nur gruppennützig sind, den Betroffenen selbst also keine Vorteile mehr bringen. Das ist bisher nicht erlaubt.
Dieser Passus hatte heftigen Widerspruch ausgelöst bei Ethikern, Kirchen und Behindertenverbänden. Auch im Parlament ist diese Regelung stark umstritten, weshalb die Vorlage vor der Sommerpause mehrfach von der Tagesordnung des Plenums genommen wurde. Inzwischen liegen zu dem Streitthema drei fraktionsübergreifende Gruppenanträge vor, die als Änderungsanträge zunächst bei einer Expertenanhörung des Gesundheitsausschusses am 19. Oktober behandelt werden sollen.
Die Abgeordneten verständigten sich darauf, die Anhörung auf 120 Minuten anzusetzen und maximal neun Sachverständige einzuladen, jeweils drei für jeden Antrag. Dieses Verfahren ist auch umstritten, weil sich zwei Änderungsanträge nur geringfügig unterscheiden. Dem Vernehmen nach sieht ein Antrag vor, es bei der bisherigen, restriktiven Regelung zu belassen. In den beiden anderen Anträgen würde die rein gruppennützige Forschung mit einer Probandenverfügung gestattet, in einem Fall mit verpflichtender ärztlicher Beratung, in dem anderen Fall mit optionaler ärztlicher Beratung.
Der rund 60 Seiten starke Gesetzentwurf beinhaltet Regelungen zu ganz unterschiedlichen Bereichen, der umstrittene Passus zur Demenzforschung ist nur ein Teil dieser Vorlage. Der Ausschuss billigte am Mittwoch 17 Änderungsanträge zur der Vorlage, die dann, mit der einen Einschränkung, mehrheitlich beschlossen wurde. Die Fraktion Die Grünen votierte gegen die Novelle, Die Linke enthielt sich.
Quelle: Mitteilung vom 28.09.2016
Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Tel.: +49 30 227-35642, Fax +49 30 227-36001
E-Mail: vorzimmer.puk2@bundestag.de
Gesundheit/Ausschuss
Berlin: (hib/PK) Der Gesundheitsausschuss hat die seit Monaten umstrittene Arzneimittelreform am Mittwoch in geänderter Fassung mehrheitlich gebilligt, zugleich aber eine getrennte parlamentarische Befassung zu dem Passus der geplanten Forschung an nicht einwilligungsfähigen Patienten auf den Weg gebracht. Der Bundestag soll nun voraussichtlich im November und nach einer Expertenanhörung zu drei fraktionsübergreifenden Änderungsanträgen über den gesamten Gesetzentwurf abstimmen.
Formal geht es bei dem "vierten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften" (18/8034 http://dip.bundestag.de/btd/18/080/1808034.pdf ) um die Umsetzung einer EU-Verordnung (Nr. 536/2014). Die Novelle sieht in der Ursprungsfassung mehr Möglichkeiten zur Medikamentenforschung vor. Konkret sollen klinische Arzneimittelstudien an nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen (zum Beispiel Demenzkranken) auch dann zulässig sein, wenn sie nur gruppennützig sind, den Betroffenen selbst also keine Vorteile mehr bringen. Das ist bisher nicht erlaubt.
Dieser Passus hatte heftigen Widerspruch ausgelöst bei Ethikern, Kirchen und Behindertenverbänden. Auch im Parlament ist diese Regelung stark umstritten, weshalb die Vorlage vor der Sommerpause mehrfach von der Tagesordnung des Plenums genommen wurde. Inzwischen liegen zu dem Streitthema drei fraktionsübergreifende Gruppenanträge vor, die als Änderungsanträge zunächst bei einer Expertenanhörung des Gesundheitsausschusses am 19. Oktober behandelt werden sollen.
Die Abgeordneten verständigten sich darauf, die Anhörung auf 120 Minuten anzusetzen und maximal neun Sachverständige einzuladen, jeweils drei für jeden Antrag. Dieses Verfahren ist auch umstritten, weil sich zwei Änderungsanträge nur geringfügig unterscheiden. Dem Vernehmen nach sieht ein Antrag vor, es bei der bisherigen, restriktiven Regelung zu belassen. In den beiden anderen Anträgen würde die rein gruppennützige Forschung mit einer Probandenverfügung gestattet, in einem Fall mit verpflichtender ärztlicher Beratung, in dem anderen Fall mit optionaler ärztlicher Beratung.
Der rund 60 Seiten starke Gesetzentwurf beinhaltet Regelungen zu ganz unterschiedlichen Bereichen, der umstrittene Passus zur Demenzforschung ist nur ein Teil dieser Vorlage. Der Ausschuss billigte am Mittwoch 17 Änderungsanträge zur der Vorlage, die dann, mit der einen Einschränkung, mehrheitlich beschlossen wurde. Die Fraktion Die Grünen votierte gegen die Novelle, Die Linke enthielt sich.
Quelle: Mitteilung vom 28.09.2016
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Arzneimitteltests an Demenzkranken
Ärzte Zeitung vom 29.09.2016:
Arzneimitteltests an Demenzkranken: Ausschuss feilscht bei Anhörung
Im Streit um klinische Studien mit nicht-einwilligungsfähigen Patienten ist es am Mittwoch im Gesundheitsausschuss zu harten Kontroversen gekommen.
Dabei geht es insbesondere um die Ausgestaltung der Anhörung, die für den 19. Oktober geplant ist.
mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=920 ... hik&n=5257
Arzneimitteltests an Demenzkranken: Ausschuss feilscht bei Anhörung
Im Streit um klinische Studien mit nicht-einwilligungsfähigen Patienten ist es am Mittwoch im Gesundheitsausschuss zu harten Kontroversen gekommen.
Dabei geht es insbesondere um die Ausgestaltung der Anhörung, die für den 19. Oktober geplant ist.
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Grundsatzdebatte über Demenzstudien
Grundsatzdebatte über Demenzstudien
Gesundheit/Anhörung
Berlin: (hib/PK) Im Streit über die Forschung an Demenzkranken haben Ethiker, Mediziner und Juristen als Sachverständige im Bundestag ihre Argumente ausgetauscht. Bei einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses stand die Streitfrage im Mittelpunkt, ob Arzneimittelstudien an nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen (zum Beispiel Demenzkranken) auch dann zulässig sein sollen, wenn sie nur gruppennützig sind, den Betroffenen selbst also keine Vorteile bringen. Das ist bislang in Deutschland verboten und soll nach dem Willen der Bundesregierung mit einer gesetzlichen Änderung künftig erlaubt werden.
Es geht um das "vierte Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften" (18/8034 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/080/1808034.pdf ), mit dem eine EU-Verordnung (Nr. 536/2014) umgesetzt werden soll. In der EU-Novelle wird die rein gruppennützige Forschung an nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Zugleich bleibt es den EU-Staaten vorbehalten, auf nationaler Ebene strengere Regeln zu beschließen.
In der Anhörung ging es um drei konkurrierende Änderungsanträge zu dem Gesetzentwurf. Ein Antrag sieht vor, es bei der restriktiven Regelung in Deutschland zu belassen. In den beiden anderen Anträgen würde die rein gruppennützige Forschung mit einer vorherigen Probandenverfügung gestattet, in einem Fall mit verpflichtender ärztlicher Beratung, in dem anderen Fall mit optionaler ärztlicher Beratung.
Befürworter der weniger strikten EU-Regelung argumentieren, dass ohne diese Art der Forschung an Demenzpatienten auf wichtige Erkenntnisgewinne verzichtet würde. Außerdem sei die gruppennützige Forschung bei Minderjährigen seit der 12. Novellierung des Arzneimittelgesetzes (AMG) im Jahre 2004 in Deutschland auch explizit zugelassen. Gegner der Novelle geben zu bedenken, dass gerade die unter Demenz leidenden Menschen besonders geschützt werden müssten und aus medizinischer Sicht diese Grundlagenforschung an anderen Patientengruppen geleistet werden könne.
Weitgehend einig waren sich die geladenen Experten, auch in ihren schriftlichen Stellungnahmen, dass die für klinische Studien in Deutschland geltenden strengen Regelungen einen systematischen Missbrauch eher unwahrscheinlich machen. Allerdings wird die Notwendigkeit, zu einer liberaleren Regelung zu kommen, unterschiedlich gesehen. Strittig ist auch die Frage, ob eine vorab geleistete allgemeine Einwilligung, an einer solchen Studie teilzunehmen, rechtlich und ethisch vertretbar ist, obwohl der Proband noch gar nicht weiß, um welche Studie es später gehen wird.
Der Mediziner Johannes Pantel von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main hält eine Änderung der bestehenden Gesetzeslage in Deutschland für verzichtbar. Die bei Demenz infrage kommenden Wirksamkeitsstudien und diagnostischen Studien versprächen vor allem in der Frühdiagnostik wesentliche Fortschritte. Auch bei den Pharmakokinetikstudien (alle Arzneimittelprozesse im Körper betreffend) sei der Zusammenhang zwischen der Schwere der Demenz und der Studienart nicht notwendigerweise sehr eng.
Pantel gab auch zu bedenken, dass für die Forschung relativ viele Probanden benötigt würden, die mit den vorgeschlagenen Regelungen womöglich gar nicht zu erreichen seien. Zudem berge eine Vorabverfügung das Risiko einer "schwer kalkulierbaren Wissens- und Informationslücke". Dies eröffne einen Graubereich, der für Probanden riskant sein könne.
Auf dieses Argument stützte sich auch Andreas Lob-Hüdepohl vom Berliner Institut für christliche Ethik und Politik. Eine vorausverfügende Einwilligung in etwas, das in den erforderlichen Details nicht vorliege, sei "aus sachlichen Gründen unmöglich". Deshalb plädiere er für die Beibehaltung des bisherigen Schutzniveaus. Dies sei "ethisch geboten, um nichteinwilligungsfähige Erwachsene ausreichend vor einer Instrumentalisierung zu schützen".
Der Mediziner Eckhard Nagel erklärte in der Anhörung, es sei sinnvoll, eine "klare Grenze" zu ziehen und die Tendenz deutlich zu machen, dass solche Studien auch zum Nutzen der Patienten sein müssten. Es bestehe durchaus die Gefahr einer "Verzweckung" von Menschen.
Jörg Hasford vom Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen empfahl hingegen, die rein gruppennützige Forschung an Dementen unter strengen Auflagen zuzulassen und verwies auf die Zulassung solcher Studien bei Minderjährigen. Es sei kein Fall von Missbrauch dieser Regelung in den vergangenen zwölf Jahren seit der 12. AMG-Novelle bekannt geworden. Derartige Anträge auf Studien seien selten und würden sorgfältig durch Ethikkommissionen und die Bundesoberbehörde geprüft. Es sei nicht einzusehen, weshalb eine Regelung für Minderjährige erlaubt und für Erwachsene verboten sein solle.
Der auf Medizinrecht spezialisierte Professor Jochen Taupitz von der Universität Heidelberg erklärte in seiner Stellungnahme, es sprächen "gute Gründe dafür, von der europäischen Lösung nicht grundsätzlich abzuweichen". Dem Grundgesetz könne kein ausschließlich individualistisch und eigennützig ausgerichtetes Menschenbild entnommen werden, dem jeglicher Gedanke an Solidarität mit gleichermaßen Betroffenen fremd sei. Der Eigennutzen sei keineswegs das Maß aller Dinge, und das "Ansinnen von Solidarität" beinhalte nicht von vornherein ein Herabwürdigen zum Objekt. Im Übrigen könne auch die "eigennützige" Forschung einen unmittelbaren Nutzen für die Betroffenen nicht garantieren.
Auch der Jurist Sebastian Graf von Kielmansegg von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel stellt fest, dass aus der Menschenwürde kein ausnahmsloses Verbot jeglicher gruppennützigen Forschung an Nichteinwilligungsfähigen abzuleiten sei. Bei Patienten mit schweren Erkrankungen sei die Bereitschaft weit verbreitet, auch ohne unmittelbaren Eigennutzen an der medizinischen Forschung zu ihrem Leiden mitzuwirken. Allerdings dürfe die gruppennützige Forschung an nicht einwilligungsfähigen Personen nur minimale Risiken und Belastungen verursachen. Kielmansegg empfahl, im Gesetz die "Bedeutung der Schwelle minimaler Risiken und Belastungen" zu konkretisieren.
Der Ethiker Peter Dabrock von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg wandte sich gegen den möglichen Eindruck, mit der gesetzlichen Neuregelung würde der "Verzwecklichung" der Forschung ein ethischer oder rechtlicher Freibrief ausgeschrieben. Vielmehr würde durch eine von ärztlicher Beratung begleitete Vorausverfügung die Möglichkeit eröffnet, sich aus "altruistischen Motiven" heraus an einer klinischen Prüfung zu beteiligen. Die geplante neue Regelung stehe auch nicht im Widerspruch zu der Ablehnung der rein gruppennützigen Forschung im Bundestag 2013, weil die Vorausverfügung damals noch nicht vorgesehen gewesen sei.
Der Psychiater Frank Schneider von der Uniklinik in Aachen sprach sich in der Anhörung vehement für eine verstärkte Forschungsarbeit etwa im Bereich der neurodegenerativen Erkrankungen aus. Es sei problematisch, wenn wichtige Studien aufgrund gesetzlicher Einschränkungen in Deutschland nur noch im Ausland angefertigt würden. Er fügte aber hinzu, wenn ein Mensch in seinem Leben nie einwilligungsfähig gewesen sei, dürfe er auch nicht zu klinischen Studien herangezogen werden.
Der Gesundheitsausschuss hatte den Gesetzentwurf bereits Ende September in geänderter Fassung mehrheitlich gebilligt, zugleich aber eine getrennte parlamentarische Befassung zu dem Passus der geplanten Forschung an nicht einwilligungsfähigen Patienten auf den Weg gebracht. Dieser Passus hatte heftigen Widerspruch bei Ethikern, Kirchen und Behindertenverbänden ausgelöst und ist auch im Parlament umstritten, weshalb die Vorlage bereits mehrfach von der Tagesordnung des Plenums genommen wurde. Der Bundestag wird nach der Anhörung nun voraussichtlich im November über die Änderungsanträge und dann ohne Fraktionszwang über den gesamten Gesetzentwurf abstimmen.
Quelle: Mitteilung vom 20.10.2016
Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Tel.: +49 30 227-35642, Fax +49 30 227-36001
E-Mail: vorzimmer.puk2@bundestag.de
Gesundheit/Anhörung
Berlin: (hib/PK) Im Streit über die Forschung an Demenzkranken haben Ethiker, Mediziner und Juristen als Sachverständige im Bundestag ihre Argumente ausgetauscht. Bei einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses stand die Streitfrage im Mittelpunkt, ob Arzneimittelstudien an nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen (zum Beispiel Demenzkranken) auch dann zulässig sein sollen, wenn sie nur gruppennützig sind, den Betroffenen selbst also keine Vorteile bringen. Das ist bislang in Deutschland verboten und soll nach dem Willen der Bundesregierung mit einer gesetzlichen Änderung künftig erlaubt werden.
Es geht um das "vierte Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften" (18/8034 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/080/1808034.pdf ), mit dem eine EU-Verordnung (Nr. 536/2014) umgesetzt werden soll. In der EU-Novelle wird die rein gruppennützige Forschung an nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Zugleich bleibt es den EU-Staaten vorbehalten, auf nationaler Ebene strengere Regeln zu beschließen.
In der Anhörung ging es um drei konkurrierende Änderungsanträge zu dem Gesetzentwurf. Ein Antrag sieht vor, es bei der restriktiven Regelung in Deutschland zu belassen. In den beiden anderen Anträgen würde die rein gruppennützige Forschung mit einer vorherigen Probandenverfügung gestattet, in einem Fall mit verpflichtender ärztlicher Beratung, in dem anderen Fall mit optionaler ärztlicher Beratung.
Befürworter der weniger strikten EU-Regelung argumentieren, dass ohne diese Art der Forschung an Demenzpatienten auf wichtige Erkenntnisgewinne verzichtet würde. Außerdem sei die gruppennützige Forschung bei Minderjährigen seit der 12. Novellierung des Arzneimittelgesetzes (AMG) im Jahre 2004 in Deutschland auch explizit zugelassen. Gegner der Novelle geben zu bedenken, dass gerade die unter Demenz leidenden Menschen besonders geschützt werden müssten und aus medizinischer Sicht diese Grundlagenforschung an anderen Patientengruppen geleistet werden könne.
Weitgehend einig waren sich die geladenen Experten, auch in ihren schriftlichen Stellungnahmen, dass die für klinische Studien in Deutschland geltenden strengen Regelungen einen systematischen Missbrauch eher unwahrscheinlich machen. Allerdings wird die Notwendigkeit, zu einer liberaleren Regelung zu kommen, unterschiedlich gesehen. Strittig ist auch die Frage, ob eine vorab geleistete allgemeine Einwilligung, an einer solchen Studie teilzunehmen, rechtlich und ethisch vertretbar ist, obwohl der Proband noch gar nicht weiß, um welche Studie es später gehen wird.
Der Mediziner Johannes Pantel von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main hält eine Änderung der bestehenden Gesetzeslage in Deutschland für verzichtbar. Die bei Demenz infrage kommenden Wirksamkeitsstudien und diagnostischen Studien versprächen vor allem in der Frühdiagnostik wesentliche Fortschritte. Auch bei den Pharmakokinetikstudien (alle Arzneimittelprozesse im Körper betreffend) sei der Zusammenhang zwischen der Schwere der Demenz und der Studienart nicht notwendigerweise sehr eng.
Pantel gab auch zu bedenken, dass für die Forschung relativ viele Probanden benötigt würden, die mit den vorgeschlagenen Regelungen womöglich gar nicht zu erreichen seien. Zudem berge eine Vorabverfügung das Risiko einer "schwer kalkulierbaren Wissens- und Informationslücke". Dies eröffne einen Graubereich, der für Probanden riskant sein könne.
Auf dieses Argument stützte sich auch Andreas Lob-Hüdepohl vom Berliner Institut für christliche Ethik und Politik. Eine vorausverfügende Einwilligung in etwas, das in den erforderlichen Details nicht vorliege, sei "aus sachlichen Gründen unmöglich". Deshalb plädiere er für die Beibehaltung des bisherigen Schutzniveaus. Dies sei "ethisch geboten, um nichteinwilligungsfähige Erwachsene ausreichend vor einer Instrumentalisierung zu schützen".
Der Mediziner Eckhard Nagel erklärte in der Anhörung, es sei sinnvoll, eine "klare Grenze" zu ziehen und die Tendenz deutlich zu machen, dass solche Studien auch zum Nutzen der Patienten sein müssten. Es bestehe durchaus die Gefahr einer "Verzweckung" von Menschen.
Jörg Hasford vom Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen empfahl hingegen, die rein gruppennützige Forschung an Dementen unter strengen Auflagen zuzulassen und verwies auf die Zulassung solcher Studien bei Minderjährigen. Es sei kein Fall von Missbrauch dieser Regelung in den vergangenen zwölf Jahren seit der 12. AMG-Novelle bekannt geworden. Derartige Anträge auf Studien seien selten und würden sorgfältig durch Ethikkommissionen und die Bundesoberbehörde geprüft. Es sei nicht einzusehen, weshalb eine Regelung für Minderjährige erlaubt und für Erwachsene verboten sein solle.
Der auf Medizinrecht spezialisierte Professor Jochen Taupitz von der Universität Heidelberg erklärte in seiner Stellungnahme, es sprächen "gute Gründe dafür, von der europäischen Lösung nicht grundsätzlich abzuweichen". Dem Grundgesetz könne kein ausschließlich individualistisch und eigennützig ausgerichtetes Menschenbild entnommen werden, dem jeglicher Gedanke an Solidarität mit gleichermaßen Betroffenen fremd sei. Der Eigennutzen sei keineswegs das Maß aller Dinge, und das "Ansinnen von Solidarität" beinhalte nicht von vornherein ein Herabwürdigen zum Objekt. Im Übrigen könne auch die "eigennützige" Forschung einen unmittelbaren Nutzen für die Betroffenen nicht garantieren.
Auch der Jurist Sebastian Graf von Kielmansegg von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel stellt fest, dass aus der Menschenwürde kein ausnahmsloses Verbot jeglicher gruppennützigen Forschung an Nichteinwilligungsfähigen abzuleiten sei. Bei Patienten mit schweren Erkrankungen sei die Bereitschaft weit verbreitet, auch ohne unmittelbaren Eigennutzen an der medizinischen Forschung zu ihrem Leiden mitzuwirken. Allerdings dürfe die gruppennützige Forschung an nicht einwilligungsfähigen Personen nur minimale Risiken und Belastungen verursachen. Kielmansegg empfahl, im Gesetz die "Bedeutung der Schwelle minimaler Risiken und Belastungen" zu konkretisieren.
Der Ethiker Peter Dabrock von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg wandte sich gegen den möglichen Eindruck, mit der gesetzlichen Neuregelung würde der "Verzwecklichung" der Forschung ein ethischer oder rechtlicher Freibrief ausgeschrieben. Vielmehr würde durch eine von ärztlicher Beratung begleitete Vorausverfügung die Möglichkeit eröffnet, sich aus "altruistischen Motiven" heraus an einer klinischen Prüfung zu beteiligen. Die geplante neue Regelung stehe auch nicht im Widerspruch zu der Ablehnung der rein gruppennützigen Forschung im Bundestag 2013, weil die Vorausverfügung damals noch nicht vorgesehen gewesen sei.
Der Psychiater Frank Schneider von der Uniklinik in Aachen sprach sich in der Anhörung vehement für eine verstärkte Forschungsarbeit etwa im Bereich der neurodegenerativen Erkrankungen aus. Es sei problematisch, wenn wichtige Studien aufgrund gesetzlicher Einschränkungen in Deutschland nur noch im Ausland angefertigt würden. Er fügte aber hinzu, wenn ein Mensch in seinem Leben nie einwilligungsfähig gewesen sei, dürfe er auch nicht zu klinischen Studien herangezogen werden.
Der Gesundheitsausschuss hatte den Gesetzentwurf bereits Ende September in geänderter Fassung mehrheitlich gebilligt, zugleich aber eine getrennte parlamentarische Befassung zu dem Passus der geplanten Forschung an nicht einwilligungsfähigen Patienten auf den Weg gebracht. Dieser Passus hatte heftigen Widerspruch bei Ethikern, Kirchen und Behindertenverbänden ausgelöst und ist auch im Parlament umstritten, weshalb die Vorlage bereits mehrfach von der Tagesordnung des Plenums genommen wurde. Der Bundestag wird nach der Anhörung nun voraussichtlich im November über die Änderungsanträge und dann ohne Fraktionszwang über den gesamten Gesetzentwurf abstimmen.
Quelle: Mitteilung vom 20.10.2016
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Demenz: Studien an Betroffenen strittig
Ärzte Zeitung vom 21.10.2016:
Demenz: Studien an Betroffenen strittig
Studien an Menschen, die an Demenz leiden? Das erregt die Gemüter. Der Bundestag ringt derzeit darum, ob dies möglich werden soll, und wenn ja, in welchem Umfang.
Jetzt haben sich Fachleute dazu geäußert. mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=921 ... enz&n=5325
Demenz: Studien an Betroffenen strittig
Studien an Menschen, die an Demenz leiden? Das erregt die Gemüter. Der Bundestag ringt derzeit darum, ob dies möglich werden soll, und wenn ja, in welchem Umfang.
Jetzt haben sich Fachleute dazu geäußert. mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=921 ... enz&n=5325
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Arzneitests an Demenzkranken
Ärzte Zeitung vom 09.11.2016:
Arzneitests an Demenzkranken: Jetzt entscheidet der Bundestag!
Gruppennützige Forschung an Demenzkranken: 630 Bundestagsabgeordnete stimmen am Mittwoch über das Ja oder Nein zu solchen klinischen Studien ab.
mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=923 ... tik&n=5364
Arzneitests an Demenzkranken: Jetzt entscheidet der Bundestag!
Gruppennützige Forschung an Demenzkranken: 630 Bundestagsabgeordnete stimmen am Mittwoch über das Ja oder Nein zu solchen klinischen Studien ab.
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Bundestag lässt Arzneitests an Demenzkranken zu
Ärzte Zeitung vom 10.11.2016:
Abstimmung: Bundestag lässt Arzneitests an Demenzkranken zu
Nach langem Streit erlaubt das Parlament gruppennützige Arzneitests, von denen Probanden nicht direkt profitieren.
mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=923 ... tik&n=5367
Abstimmung: Bundestag lässt Arzneitests an Demenzkranken zu
Nach langem Streit erlaubt das Parlament gruppennützige Arzneitests, von denen Probanden nicht direkt profitieren.
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Arzneimittelrecht: Bundestag verabschiedet Neuregelung
Ärzte Zeitung vom 11.11.2016:
Arzneimittelrecht: Bundestag verabschiedet Neuregelung
Der Bundestag hat eine Neuregelung des Arzneimittelrechts verabschiedet, die auch die umstrittenen Medikamententests an Demenzkranken enthält.
mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=923 ... tik&n=5372
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Der Bundestag hat eine Neuregelung des Arzneimittelrechts verabschiedet, die auch die umstrittenen Medikamententests an Demenzkranken enthält.
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Demenz: Bundestag stimmt für «gemeinnützige Forschung»
Demenz: Bundestag stimmt für «gemeinnützige Forschung»
Arzneimitteltests an Demenzkranken sollen in Deutschland künftig grundsätzlich möglich sein, auch wenn der betroffene Patient davon keinen eigenen Nutzen hat.
Der Bundestag stimmte mehrheitlich für eine Neuregelung, die die sogenannte gemeinnützige Forschung erlauben will - vorausgesetzt, der jeweilige Patient hat dies
nach einer verpflichtenden ärztlichen Beratung schriftlich so festgelegt.
... (weiter lesen unter) ... http://www.pharmazeutische-zeitung.de/i ... p?id=66098
Arzneimitteltests an Demenzkranken sollen in Deutschland künftig grundsätzlich möglich sein, auch wenn der betroffene Patient davon keinen eigenen Nutzen hat.
Der Bundestag stimmte mehrheitlich für eine Neuregelung, die die sogenannte gemeinnützige Forschung erlauben will - vorausgesetzt, der jeweilige Patient hat dies
nach einer verpflichtenden ärztlichen Beratung schriftlich so festgelegt.
... (weiter lesen unter) ... http://www.pharmazeutische-zeitung.de/i ... p?id=66098
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Re: Menschen mit Demenz - Arzneimitteltests & klinische Stud
Am 12.11.2016 bei Facebook gepostet:
Die Teilnahme von demenzkranken Menschen an Arzneimitteltests ist aus patientenrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, wenn sie mit einer klar formulierten Billigung des einwilligungsfähigen Patienten erfolgt und einer diesbezüglichen Erklärung eine angemessene ärztliche Aufklärung vorauf gegangen ist. Diesbezügliche Anforderungen hat Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk seinerzeit dem Bundesgesundheitsministerium bzw. dem Deutschen Bundestag mitgeteilt und auch in einer Pressemitteilung vom 08.6.2016 verdeutlicht. Die jetzt vom Parlament beschlossene Regelung entspricht den von hier formulierten Anforderung! Die einmal erteilte Einwilligung kann nach den patientenrechtlichen Grundsätzen jederzeit widerrufen werden!
>>>> viewtopic.php?f=6&t=21640
Ergänzend:
Die Gesellschaft erwartet, dass den Menschen mit Demenz irgendwann mit einem wirksamen therapeutischen Konzept geholfen werden kann. Dazu sind aber u.a. Forschungen nötig. Wer dies völlig freiwillig und informiert unterstützen will, kann aufgrund der neuen Regelungen dabei sein. Es gibt keinerlei Zwänge!
Bislang gibt es KEIN wirksames therapeutisches Behandlungskonzept bei Menschen mit Demenz. Es erscheint alternativlos, auch eine gruppennützige Forschung zu ermöglichen, wenn es strenge Regeln zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechtes gibt.
Die Teilnahme von demenzkranken Menschen an Arzneimitteltests ist aus patientenrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, wenn sie mit einer klar formulierten Billigung des einwilligungsfähigen Patienten erfolgt und einer diesbezüglichen Erklärung eine angemessene ärztliche Aufklärung vorauf gegangen ist. Diesbezügliche Anforderungen hat Pro Pflege - Selbsthilfenetzwerk seinerzeit dem Bundesgesundheitsministerium bzw. dem Deutschen Bundestag mitgeteilt und auch in einer Pressemitteilung vom 08.6.2016 verdeutlicht. Die jetzt vom Parlament beschlossene Regelung entspricht den von hier formulierten Anforderung! Die einmal erteilte Einwilligung kann nach den patientenrechtlichen Grundsätzen jederzeit widerrufen werden!
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Ergänzend:
Die Gesellschaft erwartet, dass den Menschen mit Demenz irgendwann mit einem wirksamen therapeutischen Konzept geholfen werden kann. Dazu sind aber u.a. Forschungen nötig. Wer dies völlig freiwillig und informiert unterstützen will, kann aufgrund der neuen Regelungen dabei sein. Es gibt keinerlei Zwänge!
Bislang gibt es KEIN wirksames therapeutisches Behandlungskonzept bei Menschen mit Demenz. Es erscheint alternativlos, auch eine gruppennützige Forschung zu ermöglichen, wenn es strenge Regeln zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechtes gibt.
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Gruppennützige Arzneitests gebilligt
Ärzte Zeitung vom 20.12.2016:
Arzneimittelstudien: Bundesrat billigt gruppennützige Arzneitests
Nach langer Kontroverse um Arzneimittelstudien an Demenzkranken hat der Bundesrat einen Haken unter das
"Vierte Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und ander ...
mehr » http://www.aerztezeitung.de/nl/?sid=926 ... tik&n=5451
Arzneimittelstudien: Bundesrat billigt gruppennützige Arzneitests
Nach langer Kontroverse um Arzneimittelstudien an Demenzkranken hat der Bundesrat einen Haken unter das
"Vierte Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und ander ...
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Wie neue Medikamente getestet werden
Klinische Studien: Wie neue Medikamente getestet werden
Häufig werden Testpersonen für klinische Studien gesucht - dafür gibt es oft gutes Geld. Wer sich auf einen Medikamententest einlässt,
sollte sich gut informieren.
Quelle: Rheinische Post
http://www.rp-online.de/leben/gesundhei ... -1.6717977
Häufig werden Testpersonen für klinische Studien gesucht - dafür gibt es oft gutes Geld. Wer sich auf einen Medikamententest einlässt,
sollte sich gut informieren.
Quelle: Rheinische Post
http://www.rp-online.de/leben/gesundhei ... -1.6717977